Abwahl von OB Feldmann: Neuanfang am Main

Die Frankfurter Stadtgesellschaft hat Oberbürgermeister Feldmann zu Recht abgewählt. Sein Fokus auf bezahlbaren Wohnraum bleibt trotzdem richtig.

Skyline von Frankfurt am Main mit Motorboot im Vordergrund

Braucht auch unter neuer politischer Leitung mehr bezahlbaren Wohnraum: Skyline von Frankfurt Foto: dpa

Frankfurt hat sich für den Neuanfang entschieden. Die zuvor als Belastung kritisierte hohe Hürde – mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten mussten für die Abwahl des gewählten Oberbürgermeisters stimmen – erweist sich nun als Chance. Am Sonntag haben mehr Menschen gegen Peter Feldmann gestimmt als ihn ins Amt gebracht hatten.

Es gab in der Kampagne gegen ihn unsägliche Grenzüberschreitungen. Auch über die einseitige Parteinahme der Zeitungsverlage mit exorbitanten Anzeigenrabatten für das Abwahlbündnis wird zu reden sein, ebenso über eine verdeckte Kampagne aus der Immobilienwirtschaft. Doch der abgewählte Oberbürgermeister hat sich das Misstrauensvotum vor allem selbst zuzuschreiben. Auch wenn er vom Vorwurf der Korruption freigesprochen werden sollte.

Die Nähe zu der raffgierigen und inzwischen geschassten Geschäftsführung der AWO, in die er sich und seine damalige Lebensgefährtin manövriert hatte, war bestenfalls naiv. Für Feldmann gilt die Unschuldsvermutung. Es ist aber nachvollziehbar, wenn eine Stadtgesellschaft keinen Oberbürgermeister toleriert, der sich zweimal in der Woche als Angeklagter in einem Korruptionsprozess verantworten muss. Die unsäglichen Auftritte und peinlichen Bekenntnisse aus seinem Privatleben brachten schließlich das Fass zum Überlaufen. Schon im März wird in Frankfurt neu ausgezählt. Die Parteien suchen überzeugende KandidatInnen.

Im OB-Wahlkampf sollte es indes nicht nur um Personen und Befindlichkeiten geben, sondern vor allem um die Herausforderungen, die vor der Stadt liegen. Angesichts von Inflation und Energiekrise darf es nicht zu einer Rückabwicklung der Planungs- und Wohnungspolitik kommen, für die Peter Feldmann eine neue Agenda etablieren konnte.

Es muss das Ziel bleiben, bezahlbaren Wohnraum für Frankfurt zu schaffen und nicht vor allem lukrative Luxusbauten, Betongold für Investoren und Magnaten aus aller Welt. Die Bewirtschaftung der knappen Flächen in der Stadt muss sich an Klimaschutz und Verteilungsgerechtigkeit orientieren. Im März hat Frankfurt die Wahl. Sechs Monate später wählt Hessen einen neuen Landtag. Es bleibt spannend am Main, auch nach der OB-Abwahl.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

seit 2016 taz-Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Davor u.a. Moderator, Reporter und CvD bei SWF3 sowie Programmdirektor von radioffn, 15 Jahre lang Landtagskorrespondent für den Hörfunk von hr und ARD, gleichzeitig Autor für den Tagesspiegel 1980 Dipl.Soz. und Wiss. Mitarbeiter Goethe Uni Frankfurt

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.