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Umstrittener Kleriker in der TürkeiHomophobie von Erdoğans Gnaden

Der türkische Präsident stärkt einem homophoben Kleriker den Rücken. Der macht indirekt Homosexuelle für die Corona-Pandemie verantwortlich.

Erdoğan und der Prediger Ali Erbaş bei der Eröffnung einer Moschee in Istanbul 2019 Foto: Murad Sezer/reuters

Istanbul taz | Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat sich am Montag hinter den Chef der obersten Religionsbehörde gestellt, der zur Eröffnung des Fastenmonats Ramadan mit einer Hass-Predigt gegen Schwule und Lesben für Aufsehen gesorgt hatte.

Homosexualität, Unzucht, das Zusammenleben von Mann und Frau ohne verheiratet zu sein – all das führe zur Verrottung der Gesellschaft und letztlich auch zu Krankheiten und Seuchen, hatte Ali Erbaş in einer geradezu mittelalterlich anmutenden Hass-Predigt am Freitag behauptet. Indirekt machte er damit Schwule und Lesben für die Coronaepidemie in der Türkei verantwortlich. Als Vorsitzender der staatlichen Religionsbehörde Dianet ist Erbaş der oberste Islam-Vertreter in der Türkei.

In der Hauptmoschee von Ankara sprach Erbaş – vor leeren Rängen, aber in diverse Fernsehkamaras – über die schlimmen Folgen von Homosexualität und Unzucht und forderte alle Muslime im Land auf, sich zusammenzutun und ihre Mitmenschen vor solchen Versuchungen des Teufels zu schützen.

In einer Erklärung wandte sich daraufhin die altehrwürdige Anwaltskammer von Ankara scharf gegen die Predigt von Ali Erbaş. Sie verurteilte den Hass auf Schwule, Lesben und die gesamte LGBT-Gemeinde, die der oberste lslam-Prediger mit seinen Worten schüren würde. Erbaş solle seine Worte zurücknehmen.

Ermittlungen gegen Anwaltskammer

Eine Reaktion auf die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Die Religionsbehörde zeigte die Anwaltskammer bei der Generalstaatsanwaltschaft an. Der Vorwurf: Die Anwaltskammer verbreite Hassreden gegen die Religion. Tatsächlich nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Anwaltskammer, der nun vorgeworfen wird, sie betreibe eine „Öffentliche Herabwürdigung religiöser Werte eines Teils der Gesellschaft“.

Am Montagabend dann schaltete sich Erdoğan im Anschluss an eine Corona-Kabinettssitzung in die Auseinandersetzung ein. „Ali Erbaş ist völlig korrekt“, sagte er. „Für den Islam ist Homosexualität eine schwere Sünde. Es ist daher seine Pflicht, auf die Aufgaben der Gläubigen hinzuweisen. Da Ali Erbaş der Vorsitzende der Religionsbehörde ist, ist ein Angriff auf ihn deshalb auch ein Angriff auf den Staat“.

Zwar relativierte Erdoğan seine Aussagen, indem er anfügte, die Gebote des Islam würden natürlich nur für Muslime gelten, doch sind in der Türkei – zumindest auf dem Papier – 98 Prozent der Bevölkerung muslimisch.

Gespaltene Gesellschaft

Die Auseinandersetzung macht deutlich, wie tief in der Türkei der Graben zwischen den islamistischen Vertretern der sunnitischen Mehrheit und den Republikanern im Land ist. Nicht nur die regierungsnahen Zeitungen, auch konservative Parteipolitiker, die sich sonst in Opposition zu Erdoğan befinden, verteidigten den Prediger.

So verurteilte Ahmet Davutoğlu als Vorsitzender der Zukunftspartei, die sich im letzten Herbst von der AKP Erdoğans abgespalten hatte und seitdem versucht, sich einen gesellschaftspolitisch progressiveren Anstrich zu geben, nicht etwa die Predigt von Ali Erbaş, sondern die Anwaltskammer. In einer Pressemitteilung erklärte er: „Wir verurteilen die Attacke einer Minderheit auf die Werte der Gläubigen“.

Der Vorsitzende der religiösen Saadet-Partei, Temal Karamollaoğlu, der bei der letzten Wahl noch mit der säkularen Republikanischen Volkspartei CHP eine Koalition gegen Erdoğan gebildet hatte, sagte: „Die Prinzipien des Islam und die daraus resultierenden Familienwerte dürfen nicht als Hass-Kriminalität bewertet werden“.

Lediglich die CHP verteidigte die Anwaltskammer. Ihr Sprecher Faik Öztrak erklärte: „Die Gläubigen haben das Recht zu glauben, was sie wollen, aber sie sollen keine Hass-Reden halten und andere zu Feinden der Gesellschaft abstempeln“.

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5 Kommentare

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  • Ist das nicht der Vereinsvorsitzende der Vereinigung die sich hier in Deutschland Ditib nennt?

    Mit der es doch bald hier in Deutschland Verträge gibt.

    Sollte man die Vereine fragen, ob es in Ordnung ist?

    Einer sollte Mal Erdogan sagen, dass es viele Gedichte in der Islamischen Welt gibt über Homosexualität und das der eine oder andere Kalif auch nicht vom männlichen Geschlecht abgeneigt war.

    Des Weiteren gibt es den besagten Zungenkuss in den Haditien...

    • RS
      Ria Sauter
      @Azad:

      Stimme Ihnen zu.



      Doch es gibt leider die völlig naiven Menschen hier in D, die keinerlei Kritik an Ditib zulassen und schon gar nicht an der Religion.



      Ist alles gleich rassistisch:



      Gut, dann bin ich rassistisch, was dies betrifft. In meinem Fall dann auch gegenüber Katholiken und evangelischen Anhängern.

  • RS
    Ria Sauter

    Hat noch irgendjemand Zweifel hat an den menschenverachtenden, vernichtenden Auswirkungen von Religion?



    Gepaart mit religiösen Stastsvertretern ist das eine höchst gefährliche Mischung.

    • @Ria Sauter:

      Das ist höchst undifferenziert. Religion ist nicht gleich Religion, pauschaler Hass dagegen ist nicht angebracht. Auch nicht gegen eine einzelne Religion. Passen Sie mal auf, dass man Ihnen nicht auch den Vorwurf macht, sich "menschenverachtend" und "vernichtend" auszuwirken.

      • @Ein alter Kauz:

        Wenn ich sage, daß ich auf Götter aller Art scheiße ist das nicht Menschenverachtend.