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Umstrittene Netanjahu-KarikaturEntschuldigung gefordert

Eine Karikatur aus Norwegen zeigt Netanjahu als Hakenkreuz. Israels Botschafter will sie löschen lassen. Der Redakteur weigert sich.

Um eine Karikatur von ihm geht es: Benjamin Netanjahu Foto: dpa

Stockholm taz | Benjamin Netanjahu sitzt auf einer Bank mit der Aufschrift „Whites only“, versetzt einem Drusen einen Faustschlag, wobei der Körper des israelischen Ministerpräsidenten zu einem Hakenkreuz geformt ist. Mit dieser Karikatur illustrierte die liberale norwegische Tageszeitung Dagbladet auf Seite 3 ihrer Dienstags-Ausgabe einen Debattenbeitrag zu den Protesten der Drusen in Israel gegen das umstrittene Nationalstaatsgesetz.

Für Raphael Schutz, den israelischen Botschafter in Norwegen, ist diese Karikatur „ein Beispiel für eine der abstoßendsten antisemitischen Darstellungen, die man sich vorstellen kann“. Man fordere die Zeitung deshalb auf, dieses „widerliche Bild“ aus dem Netz zu entfernen und sich öffentlich zu entschuldigen. Oder wie es Botschaftsrat Dan Poraz gegenüber dem Medienportal kampanje konkretisiert: „Wir wollen eine Entschuldigung gegenüber Israel und gegenüber der jüdischen Bevölkerung in Norwegen und auf der ganzen Welt.“

Die Botschaft in Oslo habe die israelische Regierung informiert und verurteile diese Zeichnung aufs schärfste: „Antisemitismus als Meinungsfreiheit verkleidet ist immer noch Antisemitismus.“ Norwegen sei ein Mitgliedsland der International Holocaust Remembrance Alliance und die habe konstatiert, dass Vergleiche Israels mit dem Nationalsozialismus zu den beliebten Stilmitteln im modernen Antisemitismus gehörten.

Der politische Redakteur der Dagbladet, Geir Ramnefjell, lehnt sowohl eine Entfernung als auch eine Entschuldigung ab. Die Zeichnung von Finn Graff sei Satire. Die habe traditionell mehr Freiheiten in der norwegischen Presse als redaktionelle Texte und Kommentare und es liege in ihrer Natur, zu übertreiben. In einem redaktionellen Text hätte man einen solchen Vergleich zwischen einem israelischen Politiker und dem Nationalsozialismus nicht gezogen. Ramnefjell erinnert auch daran, dass vergleichbare Karikaturen in der Vergangenheit bereits vom norwegischen Presseethikrat PFU behandelt und nicht bemängelt worden seien.

Ähnlich sieht es auch Arne Jensen, Generalsekretär des norwegischen Redakteursverbands NR: „Diese Karikatur zielt in erster Linie auf Benjamin Netanjahu. Sie ist, so wie ich sie verstehe, keine Karikatur von Israelis oder Juden, sondern vom israelischen Regierungschef.“ Damit fände er es in Ordnung, dieses Thema in einer so karikierten Form zu kommentieren.

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12 Kommentare

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  • Sie haben die Demos in Israel "Tod den Arabern!" und "Araber raus!" wohl nicht mitgekriegt; auf youtube zu finden.

    Rassismus unter Juden, auch kipaRacism genannt, zeigen die pew-Umfragen in Israel, die bei uns (wie tausende Suizide) nicht publiziert werden.

  • www.adalahNY.org, Ben White (siehe Amazon oder twitter), u.a. sammeln und zeigen auf, was Nichtjuden in Israel/Palästina nicht dürfen - Juden hingegen schon.

    jew-only Jobs, jew-only Wohnungen, jew-only Dörfer, .. in Hülle und Fülle.

    Bei uns oder in USA wäre das undenkbar, weil verfassungswidrig.

    Gleiche Rechte bzw. Rechtsgleichheit für Juden u Nichtjuden findet man in Israel/Pal. nicht.

    Dort gilt kein Artikel 3 Grundgesetz, wie in D oder Europa, USA, was auch jüdische Organisationen wie JVP.org, IJAN.org, .. massiv verurteilen.

    ZdJ, IKG, AJC, .. hingegen, unterstützen diese Diskriminierungen anhand des Merkmals Jude/Nichtjude.

    Stark satirisch ist die Karikatur daher nicht.

  • Herrenmenschendenken war im Vorkriegseuropa sehr weit verbreitet und akzeptiert. Man glaubte daran, den anderen "Rassen" überlegen zu sein. Der Staat Israel hatte von Anfang an ein Problem mit dieser Denkweise, denn die frühe israelische Elite bestand aus Europäern, die v.a. aus Weissrussland und der Ukraine stammten, wo sie schon lange vor den Nazis Progromen ausgesetzt waren. Opfer zu sein, bedeutet nicht automatisch, tolerant, liberal und offen zu sein, aber Opfer zu sein, bedeutet offenbar, sich nicht mit den eigenen Rassismen und Vorurteilen auseinander setzten zu müssen. So nahm man etwa in den frühen Jahren des israelischen Staates jemenitischen Juden die Kinder weg, da Jemeniten als rückständig galten und nicht in der Lage schienen ihre Kinder richtig aufzuziehen. Marokkanische Juden wurden bei der Einreise entlaust, da sie als schmutzig betrachtet wurden. Ich erinnere mich an einen Film über Auswanderer nach Palästina in dem eine Cafébesitzerin in Tel Aviv erzählte, ihr deutscher Vater sei aus Gram gestorben, weil er mit diesen ungebildeten Ostjuden in einem Land leben musste oder sie amerikanische Juden aus dem Café geschmissen hat, weil sie sich beschwerten, dass sie Araber in ihr Café liess. Die bis heute andauernde Ghettoisierung äthiopischer Juden und Vorwürfe, den Frauen seien unter Zwang Verhütungsmittel verabreicht worden, sind aktuellere Beispiel dieser Denkweise. Offenbar ist und war es schon nicht leicht nichteuropäische Juden in Israel als vollwertige Mitglieder des Staates zu betrachten. Wer nicht Jude ist, ist seit dem Nationalitätengesetz jetzt auch offiziell Bürger zweiter Klasse, vorher war er es nur inoffiziell. Der Hakenkreuz-Netanyahu auf der Karikatur ist krud aber nachvollziehbar. Wenn ein Land per Gesetz Menschen zweiter Klasse schafft, dann ist eine Assoziation mit dem 3. Reich für uns Europäer kaum zu vermeiden. Damals waren die Rassengesetze der Anfang der Barbarei. Die Karikatur kann auch als Mahnmal verstanden werden.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Was darf Satire?

    Na, liebe Charlie Hebdo-Fans, wie lautet die Antwort?

  • Sehr schöne Karikatur.



    Wird man das hier noch sagen dürfen?

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Geschmacklos ist das und gar nicht lustig, aber dass es antisemitisch ist, ist mal wieder eine Unterstellung. Wenn der "Satiriker" es so gezeichnet hat, um zu provozieren, dann ist nichts Antisemitisches daran. Ist er selbst Antisemit, hingegen schon.

    Diese immer wieder herausgeholte Antisemiismus-Keule und die gespielte Entrüstung bei Bibi und Konsorten ist die reine Ablenkung von eigenen Untaten. Vorgestern hat die IDF ja bei der Bombardierung von Gaza eine schwangere Frau und ihr 18 monate altes Kind getötet (abcnews.go.com/Int...story?id=57121638). Waren bestimmt bitterböse Hamasaktivisten!

    Wann hört dieses Töten bloß endlich auf - und die Heuchelei derer, die es befehlen!?

    • @849 (Profil gelöscht):

      Netanjahu (ashkenazi) oder D-Juden gehören nicht zu den Semiten.

      nichtjüdische Drusen, nichtjüdische Araber dagegen schon.

      Jüdische Araber haben in Israel mehr Rechte, als nichtjüdische Araber. Bei uns, in USA undenkbar.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Also, Netanjahu ist der personifizierte Nationalsozialismus in Form eines Hakenkreuzes, der einen Drusen von einer Bank boxt, auf der Whites only steht.

    Die Szene spielt also in den 50er-Jahren im Süden der USA oder in Südafrika unter der Apartheid. Anderseits muss man sie in Nazi-Deutschland ansiedeln wegen des Hakenkreuz-Netanjahu.

    Und dann gibt es ja nicht nur weiße Juden.

    Da ist es wohl mit dem Karikaturisten durchgegangen.

    Aber Antisemitismus ist das nicht, das ist doch erst dann der Fall wenn jemand ein KZ betreibt oder das gern möchte. Das ist zumindest die Diether-Dehm-Theorie.

    Die Zeitung nennt das einen Debattenbeitrag. Manchmal muss man eben ganz tief ins Klo greifen. Bei Israel geschieht das meist mit leichter Hand.

  • hihi

  • Dass man bei Netanjahu solche Assoziationen haben kann, sollte dessen Wählern vielleicht zu Denken geben...

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @ Christoph:

      Das ist ja schon zu einem Topos geworden, Israel mit den Nazis zu vergleichen. Wissen in Deutschland vielleicht viele nicht, aber im Ausland hört man das oft. Der Vergleich ist natürlich eine Ungeheuerlichkeit, aber wundern muss man sich darüber nicht, insofern die Zionisten, die angeblich in friedfertiger Mission nach Palästina gekommen sind, ein Unrechtsregiment im besetzten Westjordanland und durch die Belagerung Gazas geschaffen haben, das notwendig zu der Frage führen muss, ob sie denn etwas aus ihrer Geschichte gelernt haben, auf die sie sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit berufen.

      Bis dahin, ihnen diese dann in Form der Nazis aufs Brot zu schmieren, ist es nur ein kleiner Schritt. Der Vergleich ist aber derart absurd, dass er eigentlich wieder Wasser auf die Mühlen Netanyahus ist, der sich und seine Zionisten mal wieder als Opfer des internationalen Antisemitismus hinstellen kann, was ja eine seiner Lieblingsbeschäftigungen zu sein scheint.

  • Aber die Karikatur ist ja nicht nur antisemitisch (Die große Nase und die fleischigen Lippen sind ja nun keine Übertreibung von Netanjahus Gesichtsmerkmalen wie sie eigentlich in Karikaturen Standard sind sondern antisemitische Stereotype) sondern auch sachlich falsch. Juden sind ja nun nicht nur weiß, sondern auch arabischer oder afrikanischer Herkunft.