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Umstrittene Kooperation der Böll-StiftungAirbus-Flieger sollen grüner werden

Die Grünen-nahe Stiftung und der Rüstungskonzern werben für nachhaltiges Fliegen. Heftige Kritik kommt auch aus den Reihen der Grünen.

Soll nachhaltiger werden: ein Airbus 350 auf der ILA in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | In Zukunft klimafreundlich fliegen – ohne schlechtes Gewissen. Das verspricht die Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam mit der Airbus Group am Mittwoch auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin. Die Grünen-nahe Stiftung und der europäische Luftfahrtkonzern wollen hier gemeinsam eine Broschüre zum klimafreundlichen Fliegen vorstellen, die die Ergebnisse von Fachdiskussionen, den aktuellen Stand technischer Entwicklungen und die politische Debatte zusammenfassen soll. Diese Kooperation sorgt allerdings für jede Menge Krach.

„Das Klima schützt, wer weniger fliegt. Alles andere ist Quark“, widerspricht die Umweltschutzorganisation Robin Wood in einem Blog-Eintrag. Auch seitens der Nichtregierungsorganisation Urgewald hagelt es Kritik. Diese bezieht sich auf die Zusammenarbeit mit Airbus, die „auch innerhalb der Böll-Stiftung kritisch gesehen“ werde. Mit der Broschüre namens „Oben – Ihr Flugbegleiter“ profiliere die Stiftung einen Partner, „der für eine ungehemmte Exportpolitik von Rüstungsgütern in Konfliktzonen des Mittleren Ostens und für die Produktion von Atomwaffen steht“.

Laut einer Untersuchung von Urgewald und Facing Finance bezieht Airbus 18 Prozent seiner Umsätze aus dem Rüstungsgeschäft – unter anderem mit Helikoptern, Kampf- und Transportflugzeugen. .Böll-Vorstand Ralf Fücks kann die Kritik an der Zusammenarbeit mit Airbus dennoch nicht nachvollziehen. Für ihn liegt die Lösung des Problems nicht im Verzicht auf Fliegen.

„Die weltweite Zunahme des Flugverkehrs ist schon vorprogrammiert,“ sagt Fücks laut einer Mitteilung. Heute würden 3,3 Milliarden Flugreisen pro Jahr unternommen. In 20 Jahren werde sich diese Zahl voraussichtlich verdoppeln, ebenso die Zahl der Flugzeuge. Und: Gerade die grüne Szene gehöre zu den Vielfliegern.

Die Lösung sieht die Böll-Stiftung daher in technischer Innovation. Durch neues Design der Flugzeuge, neue Antriebstechnik wie alternative Treibstoffe und neue Werkstoffe sei klimaneutrales Fliegen durchaus machbar.

Die Böll-Stiftung verweist darauf, dass die Militärsparte von Airbus nicht Gegenstand des Dialogs war. „Der Fokus lag darauf, die Kluft zwischen wachsendem Flugverkehr und Klimaschutz zu überbrücken“, erklärt Fücks. Dass Airbus sich darauf einlasse, sei ein Schritt nach vorn. Der Konzern müsse sich künftig daran messen lassen, in welchem Tempo die CO2-Emissionen gesenkt werden.

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10 Kommentare

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  • 6G
    6175 (Profil gelöscht)

    Fücks hat schon 2009 in einem Interview in der FAZ für Vielfliegerei geworben. Umgeben von immer mehr Leuten unter uns 500 Millionen, die x-mal übers Wochenende wegfliegen, als gäbe es keine Klimaerwärmung, sprach Fücks, just wie die "denier" a la Maxeiner/Miersch, Dieter Nuhr oder Ivo Bozic usw. usf. von "Öko-Calvinisten", gegen die er sei. Die gingen "in Sack und Asche". Herr Fücks scheint wenige Menschen zu kennen, oder er wüßte, daß er die Unwahrheit sagt.

  • Man sollte sich ein Beispiel an Ströbele nehmen. Der hat für ein Gespräch mit Snowden in Moskau seinen eigenen Perserteppich benutzt.

  • Dank „Robin Wood“ kommt es jetzt endlich heraus: Die Böll-Stiftung profiliert einen Partner (=Airbus), der „…für die Produktion von Atomwaffen steht“ - Wow! Warum hat das bisher noch keiner bemerkt?

     

    Vielleicht könnte Robin Wood dann auch verraten, welche Atomwaffen Airbus unter Umgehung des Atomwaffen-Sperrvertrages produziert und an wen liefert? Und ob die A320-Flieger beim Transport der Fernost-Urlauber nach Thailand nebenbei auch mal ein A-Bömbchen über dem mittleren Osten 'runterschmeißen?

     

    Spaß beiseite. Für mich gibt es ernstzunehmendere Umweltorganisationen als Robin Wood!

    • @Pfanni:

      "Airbus (ehemals EADS) [...] war bzw. ist im Rahmen eines Joint-Ventures an der Produktion von Nuklearraketen für die französische Luftwaffe beteiligt. Die Tochtergesellschaft Astrium ist Hauptvertragsnehmer zur Herstellung der U-Boot-gestützten ballistische Raketen des Typs M-51 für die französische Marine."

       

      (http://atombombengeschaeft.de/atomwaffenhersteller/airbus-group/)

      • @jhwh:

        Das wären dann aber Trägersysteme. Keine Atomwaffen.

        • @TurboPorter:

          ... geschenkt. Scheint allerdings nicht eindeutig definiert zu sein, ob erst die Gesamtheit von Trägersystem und Sprengkopf oder schon der Sprengkopf allein eine Atom-, Nuklear- oder Kernwaffe sind.

  • Nur weniger fliegen kann das Klima schützen. „Technische Innovation“ hilft nicht - siehe Rebound-Effekt!

    • @Heinrich Baum:

      Fangen wir an bei den Grünen.

      Mein Vorschlag: Grünen Abgeordneten sollte es VERBOTEN werden mit was anderem als Bahn oder Fahrrad zum Europaparlament zu kommen.

      :D

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Entweder die HBS wird von Grund auf neu ausgerichtet (vor allem das Spitzenpersonal gefeuert) oder die GRÜNEN entziehen der Stiftung den politischen Status, sodass sie keine Zuschüsse mehr erhält. Heinrich Böll würde seinen guten Namen für die Zusammenarbeit mit Rüstungskonzernen nie und nimmer hergegeben haben. DAS ist der Skandal, nicht der Einsatz für die Entwicklung umweltschonender Treibstoffe.

  • Würde mich nicht wundern, wenn die HBS demnächst auch für Heckler & Koch wirbt.

    Der unten verlinkte Artikel von Robert Zion verdeutlicht, in welche Richtung die Stiftung vom Ehepaar Fücks/Beck gesteuert wird. http://www.heise.de/tp/artikel/44/44278/1.html