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Umstrittene Erdgasförderung in NRWFracksausen vorm Fracking

Wegen massivem Einsatz giftiger Chemikalien wächst in NRW der Widerstand gegen die Suche nach "unkonventionellem Erdgas". Doch die Mineralölkonzerne wollen bohren.

Protest gegen die Probebohrungen von ExxonMobil im Münsterland. Bild: imago/Rüdiger Wölk

DÜSSELDORF taz | Im Streit um die als umweltschädlich und trinkwassergefährdend kritisierte Erdgas-Fördermethode Fracking erhöhen Mineralölkonzerne wie ExxonMobil offenbar den Druck auf die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. "Das geht hoch bis zur Ministerpräsidentin", ist in Düsseldorf zu hören. Naturschutzverbände und Bürgerinitiativen klagen außerdem über eine millionenschwere Imagekampagne: Der "Dialogprozess" des Betreibers der "Esso"-Tankstellen diene lediglich dazu, die berechtigten Sorgen von AnwohnerInnen zu zerstreuen.

Beim Fracking wird ein Gemisch aus giftigen Chemikalien, Sand und Wasser mit einem Druck von über 1.000 Bar in den Untergrund gepresst. Gefördert werden soll damit so genanntes "unkonventionelles Gas": Das ist tief in der Erde in Schiefer- und Sandsteinschichten, aber auch in Kohlevorkommen gebunden. Durch das Fracking wird das Gestein aufgesprengt, das Gas kann nach oben entweichen.

Bisher wurde die Fördermethode nur in Norddeutschland angewandt. Allerdings haben Mineralölkonzerne wie Exxon oder Wintershall längs Erdgasvorkommen etwa in NRW im Blick: Auf 18.000 Quadratkilometern haben sie ihre Claims bereits abgesteckt -- das ist rund die Hälfte der Fläche des bevölkerungsreichsten Bundeslands. Dabei warnen Umweltschützer wie Dirk Jansen vom Landesverband des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), der eingesetzte Chemikaliencocktail gefährde die Trinkwasserversorgung: "Pro Bohrung kommt tonnenweise Gift zum Einsatz", sagt Jansen. "Darunter sind Biozide und Säuren, aber auch Gefahrstoffe wie Benzol und Tuluol."

"Keine Wassergefährdungsklasse Null"

Trotzdem scheint der Druck der Mineralölkonzerne erste Wirkung zu zeigen: Bei einer Anhörung von Experten im Landtag, die Chancen und Risiken des Frackings beleuchten solle, stellte der umweltpolitische Sprecher der traditionell bergbaufreundlichen SPD-Fraktion, André Stinka, nur eine Frage - zu möglichen Arbeitsplatzeffekten. "Ich bin dafür, unter hohen Umweltauflagen Probebohrungen zu ermöglichen", so Stinka zur taz. Erst dann könne bewertet werden, wie groß die Ressourcen in NRW überhaupt seien und ob sich Fracking überhaupt lohne. Klar sei aber, dass zur Sicherung der Energieversorgung nach dem Atomausstieg "mehr Erdgas" gebraucht werde.

Doch ob das unter hohem Chemikalieneinsatz in Deutschland gewonnen werden muss, bezweifeln Energieexperten. Der Weltmarkt für Gas funktioniere, die Versorgung sei gesichert, argumentierte bei der Landtagsanhörung etwa Marc Bettzüge vom Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln.

Der Geologe Thomas Siepelmeyer warnte vor undichten Bohrungen wie bei der Explosion der Ölplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko: "Beton und Stahl altern". Und Christa Stiller-Ludwig mahnte für die Wasserbehörden, trotz hoher Verdünnung der Frack-Chemikalien sei eine Verseuchung des Trinkwassers möglich: "Eine Wassergefährdungsklasse Null gibt es nicht." Vertreter des Geologischen Dienstes hielten wie die Mineralölindustrie dagegen: Die Frackflüssigkeit sei durch dicke Tonschichten vom Grundwasser abgeschirmt.

Mehr als zehn Bürgerinitiativen

Aufgeschreckt durch die Gründung von mehr als zehn Bürgerinitiativen reagieren viele Politiker dennoch skeptisch. Die Konzerne sollten doch eine Frack-Methode ohne Chemikalieneinsatz erfinden, fordert nicht nur der CDU-Abgeordnete Hendrik Wüst, in dessen Wahlkreis im Münsterland der Widerstand besonders groß ist.

Auch die Linke lehnt die unkonventionelle Erdgassuche kategorisch ab. Der grüne NRW-Umweltminister Johannes Remmel will im Juli ein Gutachten vergeben, das die Gefahren des Frackings untersuchen soll. Und selbst ein Sprecher von SPD-Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger bekräftigt: "Probebohrungen werden erst genehmigt, wenn uns die Ergebnisse dieses Gutachtens vorliegen."

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9 Kommentare

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  • Y
    yoboo

    Ein Fracking-"Test" wird in Hamm/Westf. (NRW!) schon längst durchgeführt...!

  • B
    bandit

    es gab einmal Zeiten,da galt für Brunnenvergifter die Todesstrafe.Heute werden sie von den Regierungen eingeladen.

    Wozu es noch Gutachten braucht,ist mir schleierhaft.Nur mal in die USA schauen,welche Schäden schon entstanden sind.Ein Feuerzeug an den Wasserhahn gehalten reicht manchmal völlig.

    Aber mit gentech ist es auch nicht anders.Statt die Erfahrungen anderer Länder einzubeziehen,brauchts noch Gutachten.

    Verrückte Welt.

  • G
    ghostwriter

    Bei aller Aufregung: Fracking kommt in Deutschland schon seit Jahren bei der Förderung konventioneller Erdgasvorkommen zum Einsatz, wie in dem verlinkten Artikel steht:

     

    http://www.fr-online.de/wissenschaft/riskante-suche-nach-erdgas/-/1472788/7942806/-/index.html

  • V
    vantast

    Beeindruckend, wie sich die SPD für neue Arbeitsplätze einsetzt, nur will sie die Gefährlichkeit der Ausbeutung freundlichst übersehen. Das Elend wird sozialisiert, es wird auch mehr Arbeitsplätze in Krankenhäusern, Reha-Kliniken und beim Bestatter geben. Ist das gut?

  • V
    vic

    Was die Mineralölkonzerne wollen wird gemacht.

    Basta!

    Dabei die sie die ersten, die verschwunden sind wenn`s schief geht.

  • H
    h.yurén

    es stimmt, dass nicht nur die konzerne, allen voran exxon, sondern auch regierende an den profitraten interesse haben. niedersachsen soll z.b. 1 milliarde pro anno von den firmen abschöpfen.

    aber weder exxon noch alle regierenden denken auch manchmal an die bevölkerung und die natur. exxon ist vor laufender kamera des ndr beim lügen erwischt worden. angeblich habe es nie probleme beim gasbohren in niedersachsen gegeben. die realität sieht anders aus. sowohl boden und grundwasser sind bei söhlingen kontaminiert worden. auch wurde dort ein beben ausgelöst.

    und übrigens stimmt es nicht, dass alle geologen das fracking ok finden. ein experte der bergakademie clausthal hat bei der anhörung in düsseldorf seine starken bedenken zu protokoll gegeben.

    es ist etwas anderes, in den halbwüsten der usa die landschaft zu zerstören, als das gleiche im dichtbesiedelten nrw zu versuchen.

    und das für 1 prozent der gasimporte. denn mehr ist nicht drin beim fracking. bestenfalls = schlimmstenfalls.

    wir werden den kriminellen wahnsinn stoppen.

  • S
    Slobo

    Danke Daniel für den Link zum YT-Video. Echt krass. Und die Grünen, die Umfaller, wollen erst ein Gutachten. Ich fass es nicht!

  • SG
    Susanna Godehart

    Ich bin geschickt, dass fracking in Norddeutschland schon stattfindet. Sogar hier in Suedafrika, wo ich wohne, gibt es Buergerinitiativen dagegen. Kennt man in Deutschland den Film 'Gasland' nicht? Der laesst keine Fragen offen, wie gefaehrlich fracking ist.

  • D
    Daniel

    Gute Dokumentation zu Fracking....:

     

    http://www.youtube.com/watch?v=dZe1AeH0Qz8

     

    - na dann, los gehts....