Umstrittene Erdgasförderung: "Fracking" bedroht Trinkwasser
Fast 100.000 Quadratkilometer Land sind in Deutschland für die Öl- und Gassuche freigegeben. Wasserwerke fürchten die Verseuchung des Grundwassers.
FREIBURG taz | Der Energiehunger der Welt, der ökologisch so abenteuerliche Methoden wie das sogenannte Fracking salonfähig macht, könnte auch in Deutschland zum Risiko für die Trinkwasserversorgung werden. Davor hat jetzt die Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein (AWBR) gewarnt, eine Vereinigung von mehr als 70 Wasserwerken aus fünf Ländern: "Auf das Trinkwasser in Deutschland kommt eine neuartige Gefährdung zu."
Fracking - der Begriff kommt von "Hydraulic Fracturing" - funktioniert mit Wasser, dem eine Reihe von Chemikalien beigesetzt sind: etwa Säuren, Schaumbildner, Oxidationsmittel, Enzyme und Biozide. "Viele dieser Stoffe sind wassergefährdend, zudem ist unkalkulierbar, welchen Eingriff der Einsatz von hohem Druck in die Grundwasserwelt darstellt", warnt die AWBR.
In Deutschland haben Behörden auf einer Fläche von 97.000 Quadratkilometern Berechtigungen zur Suche nach Öl und Gas an verschiedene Firmen vergeben, schreibt das Niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie.
Heftige Proteste im Münsterland
In den USA boomt diese auch "unkonventionelle Erdgasförderung" genannte Methode bereits, weil sich mit ihr auch kleinteilige regionale Erdgasvorkommen wirtschaftlich erschließen lassen. Inzwischen seien jedoch vielfach Umweltschäden dokumentiert, erklären nun die Wasserversorger. Im Münsterland, wo der US-Multi ExxonMobil auf das neue Verfahren setzt, gibt es deshalb bereits heftige Proteste.
Auch im Bodenseeraum und am Oberrhein gebe es Pläne und auch Investoren, die entsprechende Projekte vorbereiteten, warnen die Wasserwerke. "Wir fürchten, dass der Grundwasserschutz gegenüber diesen mächtigen Interessen Schaden nehmen könnte", sagt AWBR-Präsident Johann-Martin Rogg und fordert "schnell einschlägige gesetzliche Bestimmungen zum Schutz des Grundwassers". Schon die Geothermie habe in der Vergangenheit "erhebliche Schäden verursacht", und bei den Bohrungen für Erdsonden von Wärmepumpen seien auch bereits "zahlreiche negative Auswirkungen aufs Grundwasser eingetreten".
Die AWBR verlangt außerdem mehr Transparenz: "Bislang gibt es zu viel Geheimniskrämerei der möglichen Investoren." Am Bodensee, wo sich eine Investorengruppe mit Namen "3legs resources" - Sitz ist die britische Isle of Man - die Gebietsrechte zur Aufsuchung von Erdgas gesichert hat, sei die Bodensee-Wasserversorgung, die vier Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt, "eher zufällig" auf die Pläne gestoßen.
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