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Umgang mit dem CoronavirusErst mal die Hände waschen

Manuela Heim
Kommentar von Manuela Heim

Das Virus ist jetzt angekommen in Berlin. Das wenigstens ist eine Gewissheit. An was man sich aber sonst halten soll, ist ungewiss.

An Seife und Zeit nicht sparen Foto: dpa

E inen Wochenkommentar zu Corona schreiben – seid ihr wahnsinnig?! In einer Zeit, in der sich alles – Nachrichten, Einstellungen, Ängste inklusive – alle paar Stunden ändert! Das Virus reist gern, sagt ein Experte. Vor einer Woche ist es in Berlin angekommen. Zumindest gibt es seitdem bestätigte Fälle. Wie viele es jetzt gerade in diesem Moment genau sind, versucht die Chefin vom Dienst zu erfahren, sie will es in die Zeitung von morgen schrei­ben. Ha, ha.

Trauen wir uns ernsthaft Witze zu machen? Oder lachen dann an unserem Krankenbett diejenigen über uns, die sich beim Preppen die letzten Atemmasken und Desinfektionsmittel der Stadt gegrapscht haben? Gibt gar keine Lieferengpässe, das wird auch gesagt über Klopapier. Dennoch leere Regale und Meldungen aus Australien, wo die Feuerwehr heroisch das rare Gut verteidigt.

Lassen wir doch diese alberne Panikmache vor dem großen Ausverkauf. Oder können wir uns auch darauf nicht einigen? Nicht einmal mit uns selbst? Schnell noch ein paar Konserven – nur ein bisschen mehr als sonst – gekauft. Macht die beste Freundin auch, und die Nachbarin, und die Kollegin, die raucht und ohne Helm Fahrrad fährt. Steht außerdem auch auf der Seite des Bundesamts für Katastrophenhilfe. So ganz allgemein, für alle Lebenslagen.

Corona teile uns ganz neu ein, sagt die Kollegin. „Nicht rassistisch nach Herkunft, Religion und so weiter – das Virus ist nicht rassistisch! Sondern nach Zynikern, Hysterikern, Gelassenen …“ Wenn es nur so leicht wäre, sich einer dieser Gruppen zugehörig zu fühlen. Wenn das eigene Gefühl dazu nicht genauso schwanken würde wie die Nachrichtenlage.

Schnell noch ein paar Konserven – nur ein bisschen mehr als sonst – gekauft

Versuchen wir es noch einmal mit den Ex­pert:innen: Das individuelle Risiko ist vernachlässigbar, sagen die meisten. Zumindest für die von uns, die unter 50 und frei von Vorerkrankungen sind. Ist das also der objektive Kreidestrich zwischen denen, die Panik schieben, und denen, die Gelassenheit walten lassen sollen? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, schließt der 49-Jährige messerscharf in seinem Grabe.

Geh dir erst mal die Hände waschen, sagen wir den Kindern. Die Kolleg:innen sagen es auch. Das kann auf keinen Fall schaden. Richtig ordentlich, ja auch zwischen den Fingern und die Handgelenke. Nicht an der Seife sparen. Solange es noch welche gibt. Oder ist das wieder … Warten wir doch lieber auf die nächsten Nachrichten.

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Manuela Heim
Gesundheit und Soziales
Redakteurin in der Inlandsredaktion, schreibt über Gesundheitsthemen und soziale (Un-) Gerechtigkeit.
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2 Kommentare

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  • Vom Alter her kann ich hoffen nicht zu den 2 Prozent Totgeweihten zu gehören. Sollte ich aber zu den 85 Prozent mit leichtem Verlauf gehören, dann werde ich doch 14 Tage Zuhause bleiben, um nicht meinen uralten Vater zu töten und auch nicht die Frauen im Supermarkt anzustecken, von denen einige in die Kategorie der 15 Prozent schweren Verläufe fallen könnten. Und psst es gibt nicht genug Beatmungsgeräte oder Personal dafür... Wir sind sagen wir auf dem achten oder neunten Schachbrettfeld in der Geschichte mit den verdoppelten Reiskörnern, die der weise Ratgeber vom Sultan als Belohnung erbat. Die Notkrankenhäuser aus dem kalten Krieg wurden verschrottet. Und während 20 Mio. in Peking mit Atemschutzmasken ausgestattet sind, gibt es hier nicht genug für Ärzte, deren Personal oder Altenpflegerinnen. Und wer jetzt noch Nahrung und Klopapier bevorratet handelt sozial und intelligent. Noch sind fast alle gesund und da lagert man die Haferflocken besser jetzt vom Fabriksilo in die Haushalte. Ab wann trauen sich die Busfahrer nicht mehr in den Morgenbud und die Verkäuferinnen nicht mehr in den Supermarkt, mal von der persönlichen Quarantäne abgesehen. Und Herr Li, dem die Krankheit zuerst aufgefallen ist, ist auch daran gestorben. Ja die alten und kranken Menschen sterben bevorzugt, aber auch Ärzte und 23-jährige iranische Nationalspieler. Aber ob ich sterbe oder lebe in der Quarantäne, ich möchten mit nicht mit der taz den Hintern abwischen.

    • @Balder :

      Lieber mit der taz als mit dem Spiegel.