Umgang mit Kriegsverbrechen in den USA: Marineminister muss gehen

US-Präsident Donald Trump verteidigt und begnadigt mutmaßliche Kriegsverbrecher. Der Marineminister Richard Spencer tritt deswegen zurück.

Ein Mann spricht in ein Funkgerät.

Tritt als ziviler Chef der US-Marine zurück: Richard Spencer Foto: ap

NEW YORK taz | Eine Woche, nachdem Donald Trump drei Männer in US-Uniform begnadigt hat, darunter den „Elite“-Navy-Seal Edward Gallagher, denen schwere Kriegsverbrechen vorgeworfen werden, musste am Sonntagabend der zivile Marine-Minister gehen.

In seinem Abschiedsbrief verteidigte der scheidende Navy-Secretary Richard Spencer den Rechtsstaat gegen den Oberbefehlshaber im Weißen Haus, mit dem er nicht länger übereinstimme, und erklärte: „Ich kann nicht guten Gewissens einem Befehl folgen, von dem ich glaube, dass er unseren heiligen Eid verletzt.“

Gallagher wurde beschuldigt, im Herbst 2017 in Mossul im Irak einen gefangenen und bereits verletzten IS-Kämpfer mit Messerstichen in den Nacken und die Brust ermordet zu haben, während Sanitäter versuchten, dem Gefangenen Erste Hilfe zu leisten. Mehrere Mitglieder von Gallaghers Einheit hatten von der Tat berichtet und Gallagher schwer belastet.

Trotz zahlreicher Widerstände von Vorgesetzten gegen die Aufklärung sorgten Gallaghers Kollegen dafür, ihn im Sommer dieses Jahres wegen verschiedener Kriegsverbrechen vor ein Militärgericht zu bringen.

Vorwurf: Schüsse auf ZivilistInnen

Das Verfahren gab tiefe und seltene Einblicke in das Geschehen in der „Elite“-Einheit. Gallagher wurde dabei von verschiedenen Zeugen schwer belastet – nicht nur wegen der Tötung des gefangenen IS-Kämpfers, sondern auch wegen Schüssen, die er als Scharfschütze im Irak auf unbewaffnete ZivilistInnen abgegeben haben soll, darunter ein kleines Mädchen mit einem Blümchenkopftuch und einen alten Mann, der Wasser holte.

Doch die fünfköpfige militärische Jury sprach Gallagher am Ende des Prozesses von den beiden schwersten Vorwürfen Mord und Justizbehinderung frei. Er wurde lediglich wegen des untergeordneten Vorwurfs von „unangemessenem Posieren“ für ein Foto neben der Leiche seines Opfers zu vier Monaten Gefängnis verurteilt, die er bereits abgesessen hatte.

Vor, während und nach dem Prozess gegen den 40-jährigen Gallagher, der mehrere Einsätze in Kampfgebieten im Irak und in Afghanistan hinter sich hat, machten Unterstützer Kampagne für ihn. Zu ihnen gehörten langjährige Militärs, der rechte TV-Sender Fox-News sowie republikanische Politiker.

Den Ausschlag gab der Oberste Befehlshaber. Der US-Präsident nannte den Angeklagten „Eddie“ und schloss per Tweet jede Strafe gegen ihn aus. Nach der Verurteilung begnadigte Trump Gallagher.

„Mit den Ehren, die ich verdient habe“

Als der Navy-Seal-Chef, Collin Green, nach dem Prozess versuchte, Gallagher zu degradieren – nicht etwa wegen seiner Gewalttaten, sondern weil bei den Ermittlungen herausgekommen war, dass er Textnachrichten über Marihuana und andere Drogen verschickt hatte und dass er eine Granate in seiner Garage hatte –, mischte Trump sich erneut ein, und sorgte dafür, dass „Eddie“ seinen „Trident Pin“ der Seals behalten kann.

Am Sonntag erklärte Gallagher in einem Interview auf Fox News, dass er noch in diesem Jahr aus dem Dienst ausscheiden wird. Und dass er das „mit den Ehren, die ich verdient habe“ tun werde. Er beschuldigte den Marine-Secretary, dass er sich eingemischt habe. Wenige Stunden später trat Spencer zurück.

Aktive und ehemalige Mitglieder von Navy und anderen Einheiten bewerten die Begnadigung von Gallagher und seinen Verbleib in der Elite-Einheit als gefährliches und falsches Signal.

Der 88-jährige Daniel Ellsberg, selbst einst ein Marine, sprach in einem Interview mit Democracy Now von einer „desaströsen Entscheidung für das militärische Ethos“, und er bezeichnete den Obersten Befehlshaber als einen „einheimischen Feind der Verfassung“.

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