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Umgang mit Ex-Präsident der UkraineOppositioneller Nummer 1

Bernhard Clasen
Kommentar von Bernhard Clasen

Ex-Präsident Poroschenko ist in die Ukraine zurückgekehrt. Dort droht ihm Haft – obwohl er mit Präsident Selenski eigentlich einiges gemeinsam hat.

Anhänger von Pedro Poroschenko protestieren gegen den Präsidenten Selenskyi in Kiew am 17.01.2022

D er ukrainische Ex-Präsident Petro Poroschenko wird wohl die nächsten Wochen in Hausarrest oder gar Untersuchungshaft verbringen. Der Vorwurf von Staatsverrat und Zusammenarbeit mit Terroristen könnte ihm 10 Jahre Haft einbringen. Doch es ist nicht anzunehmen, dass das Gericht ihn wegen des Einkaufs von Kohle aus der von prorussischen Separatisten kontrollierten Ostukraine verurteilen wird. Der Vorwurf ist schon deshalb nicht haltbar, weil auch die aktuelle Regierung direkt oder indirekt mit Russland Handel treibt: Jeden Tag kauft die Ukraine Strom in Belarus – und der kommt aus dem russischen AKW Ostrowez.

Auf den ersten Blick sieht der Versuch, den wichtigsten Oppositionspolitiker zu einem Zeitpunkt, an dem Putin ante portas steht, vor Gericht zu stellen, wie ein Akt politischer Dummheit aus. Warum ausgerechnet gegen den Mann vorgehen, der in den entscheidenden politischen Fragen ähnliche Positionen hat wie sein Gegenspieler Wolodimir Selenski? Doch genau dies dürfte der Grund für Poroschenkos Verfolgung sein, die am Ende ausgehen wird wie das Hornberger Schießen.

Es soll ein Oppositionsführer und möglicher Präsidentschaftskandidat aufgebaut werden, der für Kontinuität steht. Dank des Medienrummels um seine Rückkehr in die Ukraine trotz drohender Verhaftung ist Poroschenko wieder die zentrale Gestalt der ukrainischen Medienwelt und Nummer 1 der Opposition. Niemand spricht mehr von Julia Timoschenko oder der russlandfreundlichen Oppositionsplattform.

Sowohl Präsident Selenski als auch Ex-Präsident Poroschenko müssen sich etwas einfallen lassen für die nächsten Wahlen. Im Osten sind beide nicht gerade beliebt. Die zweitgrößte Stadt der Ukraine, Charkiw, hat mit Ihor Terechow einen Bürgermeister, der ein Zögling des langjährigen Bürgermeisters Kernes ist. Dieser trug zu Zeiten des Maidan das Georgs-Band, Erkennungszeichen der prorussischen Separatisten, am Revers. Und soeben wurden in Teilen der Ostukraine die für den 27. März geplanten Kommunalwahlen abgesagt.

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Bernhard Clasen
Journalist
Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.
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