Umfrage zu Migrationshintergrund: Land sucht Mitarbeiter
Im öffentlichen Dienst von Berlin arbeiten zu wenig Menschen mit Migrationshintergrund, ergab eine Befragung. Das soll sich ändern.
Berlins größter Arbeitgeber, die Verwaltung, ist zu weiß, zu „kartoffelig“ – und muss diverser werden. Das ist das zentrale Ergebnis einer freiwilligen Befragung unter allen 143.000 Mitarbeitenden in Landesdiensten, die am Mittwoch vorgestellt wurde. Demnach haben 21,7 Prozent der Mitarbeitenden einen Migrationshintergrund, in der Berliner Bevölkerung beträgt der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund hingegen 39,4 Prozent. „Die Ergebnisse sind Auftrag an uns, jetzt zu handeln“, sagte Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD). Die Vielfalt sei ein „unverzichtbarer Teil Berlins“: Menschen aus über 180 Ländern brächten ihre Perspektiven, Ideen und Fähigkeiten in die Gesellschaft ein, sie sollten auch in der Verwaltung angemessen repräsentiert sein. „Das ist gut für die Verwaltung, gut für die Stadt“.
Grund für die Befragung ist das 2021 verabschiedete Berliner Partizipations- und Migrationsgesetz, das die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in allen Lebensbereichen fördern soll. Ein wichtiger Teil ist ihre Förderung im öffentlichen Landesdienst – Menschen mit Migrationshintergrund sollen dort laut Gesetz entsprechend ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung Berlins beschäftigt sein. Die Befragung sollte den Ist-Zustand ermitteln, um auf dieser Basis Förderpläne zu entwickeln.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund sinkt, je höher die Eingruppierung ist: im einfachen Dienst sind es 30,9 Prozent, im mittleren 23,5, im gehobenen 21,2 Prozent und im höheren 19 Prozent. In der Leitungsebene haben nur 15,9 Prozent angegeben, einen Migrationshintergrund zu haben. Umgekehrt steigt der Anteil, je jünger die Beschäftigten sind: in der Altersgruppe bis 29 Jahre haben sich 34,3 Prozent als Menschen mit Migrationshintergrund bekannt, in der Altersgruppe 60 plus nur noch 7,1 Prozent. Entsprechend sieht es bei Nachwuchskräften aus: bei den Beamten sind es 35,6 Prozent, bei tariflich Beschäftigten 34,1 Prozent.
Große Unterschiede zeigen sich auch in den Bezirksämtern: Neukölln liegt mit 28 Prozent Beschäftigten mit migrantischen Wurzeln an der Spitze, während Lichtenberg mit 14,9 Prozent das Schlusslicht bildet. Bei den Behörden gibt es eine ähnlich große Differenz: Im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten haben 39 Prozent der Beschäftigten einen Migrationshintergrund, bei den Berliner Forsten sind es dagegen nur 15,6 Prozent, bei der Feuerwehr sind es 20,3 Prozent, bei der Polizei 23,4 Prozent, der Generalstaatsanwaltschaft 28,1 Prozent. Der Migrationsanteil von Beschäftigten an Schulen wiederum reicht von 17,9 Prozent in Pankow bis 30,5 Prozent in Charlottenburg-Wilmersdorf.
„Bestenauslese“ bleibt
Die Ergebnisse würden nun allen Senatsverwaltungen, Bezirken und Behörden mitgeteilt, erklärte die Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial. Sie könnten auf dieser Basis eigene Förderpläne entwickeln oder sich Hilfe in der Integrationsverwaltung holen. Das Gesetz sehe vor, dass sie alle fünf Jahre über den Fortschritt berichten müssten und, falls sich die Situation in bestimmten Abteilungen oder Fachbereichen nicht ändert, ihre Förderpläne nachbessern müssten.
Niewiedzial betonte, das Prinzip der „Bestenauslese“ im öffentlichen Dienst werde durch die gezielte Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund nicht angetastet. Ähnlich wie bei der Förderung von Frauen oder Menschen mit Behinderung gehe es darum, bei zwei Bewerbern mit gleicher Qualifikation ein weiteres Entscheidungskriterium zu haben. „Das ist keine Quote“, sagte sie auch – unterlegene Bewerber könnten sich nicht einklagen.
Die Befragung fand von Januar bis März statt, während die Correctiv-Recherchen zu den „Remigrationsplänen“ der AfD bekannt wurden. Viele Beschäftigte hätten daher Bedenken gehabt, an der Befragung teilzunehmen, berichtete Kiziltepe, „sie hatten Angst auf Listen zu landen“, wenn sie ihren Hintergrund offenbaren. Insgesamt haben sich 21,9 Prozent aller Beschäftigten an der Befragung beteiligt. Das sei eine „gute Stichprobe“, bestätigte Jörg Höhne vom Landesamt für Statistik.
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