Umfrage bei deutschen Firmen in China: Die Volksrepublik als Stützpfeiler
Deutsche Unternehmen profitieren stark von Chinas Wirtschaftserholung. Das ergab eine Umfrage der Handelskammer in Peking.
Nach der globalen Finanzkrise Ende der Nullerjahre galt das historische, 589 Milliarden Dollar schwere Investitionspaket Chinas als Zündschlüssel für die Weltwirtschaft. Im Zuge der Pandemie wird sich das zwar nicht wiederholen, doch zumindest für viele deutsche Unternehmen mit dortigen Vertretungen ist die rasche Erholung der Volksrepublik erneut ein wichtiger Stützpfeiler: Knapp über 40 Prozent aller Firmen konnten 2020 trotz Corona die Gewinne ihres China-Geschäfts steigern.
Das geht aus der Geschäftsklima-Umfrage der deutschen Handelskammer in Peking hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Das Reich der Mitte konnte im vorigen Jahr als einzige Wirtschaft weltweit um 2,3 Prozent expandieren, was vor allem durch die schnelle Normalisierung der Industrieproduktion angetrieben wurde – ebenjenen Branchen, in denen deutsche Unternehmen überproportional vertreten sind.
Sollten sich Chinas derzeit aufkeimende Infektionscluster nicht zu einer zweiten Welle ausbreiten, wird die Entwicklung auch 2021 Bestand haben. Über drei Viertel aller deutschen Firmen gehen davon aus, dass sich ihre Branche in China besser entwickelt als in anderen Teilen der Welt; mehr als die Hälfte erwartet eine Gewinnsteigerung.
Politisch hingegen tun sich immer stärkere Gräben auf. So laufen kontroverse Debatten über ein geplantes Investitionsabkommen zwischen der EU und China. Noch bevor inhaltliche Details dazu öffentlich wurden, prangerten Kritiker das vermeintlich falsche Signal zum falschen Zeitpunkt an: Man solle China keinen Propagandasieg können, schließlich sind die Menschenrechtsverbrechen Pekings horrender denn je.
China öffnet sich
Zudem lautet ein häufiges Argument, die Chinesen würden sich nur mäßig an bestehende Verträge halten. Das zumindest lässt sich den Daten der Handelskammer-Umfrage nicht entnehmen. Der von Trump viel zitierte Diebstahl geistigen Eigentums ist etwa nur für 20 Prozent aller befragten Firmen ein Problem. Auch sehen 70 Prozent keine strengeren Marktrestriktionen im Vergleich zur heimischen Konkurrenz, noch 2019 waren es nur 39 Prozent – ein deutlicher Indikator für eine Öffnung der Wirtschaft.
Die vielleicht größte Bedrohung für die Goldgräberstimmung deutscher Unternehmen in China bildet allerdings die Evolution der Wirtschaft selbst: Künftig wird das Wachstum immer weniger durch ausländische Investitionen oder Exporte getrieben, stattdessen stärker durch den heimischen Konsum. Gleichzeitig haben chinesischen Unternehmen in vielen Bereichen längst zur Konkurrenz aus Deutschland aufgeholt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs