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Ukrainisches Philharmonieorchester tourtLeicht und düster zugleich

„Memento Odesa“, ein Tourprojekt des Philharmonieorchesters der ukrainischen Hafenstadt mit dem Berliner Trompeter Sebastian Studnitzky, rüttelt auf.

Das Philharmonieorchester in Aktion Foto: Alina Dichkova

Vor wenigen Tagen wurde sie erneut angegriffen. Diesmal wurde die Millionenstadt Odessa am Schwarzen Meer durch einen russischen Großangriff mit ballistischen Raketen getroffen – es gab mindestens zehn Tote und Dutzende Verletzte, zahlreiche Gebäude wurden beschädigt.

An die ukrainische Hafenstadt zu denken, die Menschen dort zu unterstützen, das ist es, was der Berliner Jazzmusiker Sebastian Studnitzky mit seinem musikalischen Projekt „Memento Odesa“ bezwecken möchte.

Der taz sagt er: „Die meisten Leute kennen den Krieg in der Ukraine nur aus den Nachrichten. Im letzten Jahr setzte bereits eine gewisse Müdigkeit in der Öffentlichkeit ein. Deswegen möchten wir den Krieg auf emotionale Weise zum Thema machen.“

Arbeit und kreativer Sonnenschein

Seine Idee sei es zugleich gewesen, den ukrainischen Mu­si­ke­r:In­nen „Arbeit und kreativen Sonnenschein zu verschaffen“. Studnitzky ist Multiinstrumentalist, lehrt Jazztrompete an der Musikhochschule Dresden, gründete und leitet das Festival XJazz! in Berlin. Der 52-Jährige hat viele ukrainische Bekannte.

Memento Odesa

Studnitzky & Odesa Philharmonic Orchestra: „Memento“ (XJazzMusic/Membran/The Orchard)

live: 25. 11. 2024, St. Bonifatiuskirche, Frankfurt a. M.; 26. 11. 2024; Matt­häuskirche, Pforzheim; 27. 11. 2024, Staatsschauspiel Dresden; 28. 11. 2024, Philharmonie Berlin; 29. 11. 2024 Christuskirche, Bochum; 30. 11. 2024 Laeiszhalle, Hamburg

Schon vor Kriegsbeginn wollte er eine Ausgabe des Jazzfestivals in Odessa veranstalten. Die Coronapandemie machte diese Pläne zunichte. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 lädt Studnitzky gezielt Künst­le­r:in­nen aus der Ukraine zum XJazz! Festival ein. So auch die Sängerin und Veranstalterin Anastasiia Pokaz, die vor den ständigen Angriffen aus Odessa floh und inzwischen im Festivalteam mitarbeitet.

Pokaz war es auch, die Studnitzky eine Zusammenarbeit mit dem Philharmonischen Orchester in Odessa vorschlug. Nun wirkt sie als Projektkoordinatorin an „Memento Odesa“ mit. „Ich möchte den Menschen durch die Musik zeigen, wie schön die Stadt ist“, sagt sie der taz.

Konzertmitschnitt und Studioaufnahmen

Die ersten drei Songs auf dem Album „Memento Odesa“ sind Eigenkompositionen von Studnitzky und wurden im Juli 2023 mit dem Odesa Philharmonic Orchestra unter der Leitung des Dirigenten Volodymyr Dikiy aufgenommen. Neben den im Studio entstandenen Songs sind auch Live-Aufnahmen von einem Konzert in der Berliner Gedächtniskirche im Frühjahr 2024 ins Album eingeflossen.

Den Auftakt macht der Titelsong „Memento“. Darin prominent ein Klavier, das eine eingängige Melodie vorgibt, deren erbauliche Hookline von den Streichern des Orchesters übernommen wird. Klassik, gesprenkelt mit verspielten Jazzelementen.

Das Stück „Melody“ stammt von dem bekannten ukrainischen Komponisten Myroslav Skoryk, das Finale „Voices“ vom Pianisten Andrii Pokaz – die übrigen Stücke sind aus der Feder von Studnitzky. Alle neun Tracks eint, dass sie eine dem Krieg diametral entgegenstehende Leichtigkeit und Schönheit versprühen – Lebensfreude in düsteren Zeiten, auch wenn kein Ende dessen in Sicht scheint.

Nicht vollzählig wegen Wehrpflicht

Seit März 2024 gab es nach dem Beginn der Tour in Odessa insgesamt elf Konzerte von „Memento Odesa“ in Deutschland, gespielt vom Kammerorchester der Philharmonie. Das Orchester aus der Hafenstadt habe man nicht vollzählig nach Deutschland bringen können, da Musiker in der Ukraine wegen des Kriegszustands ebenso wenig ausreisen können wie andere Wehrpflichtige.

Studnitzky bleibt beharrlich, nun steht die zweite Tour des Projekts an: „In einer Zeit, in der die Politik schlafwandelt und träge bei der Unterstützung ist, zeigen wenigstens wir, dass man relativ schnell etwas umsetzen kann. Das ist unsere Message.“

Der Künstler glaubt an die humanistische Wirkung der Musik: „Da ist ein Orchester auf der Bühne, das danach wieder zurück nach Odessa reist. Wenn man dann in den Nachrichten hört, dass es wieder Drohnenangriffe gab, hat man die Gesichter dazu und reagiert dadurch vielleicht empathischer.“

Einnahmen der Tour werden an Hilfsorganisationen in der Ukraine gespendet – etwa an die Organisation Children of Heroes, die Kriegswaisen hilft. Studnitzky berichtet, man plane, weiterhin aufzutreten und Geld zu sammeln. Er äußert sogar Zukunftsvisionen für friedliche Zeiten: „Ziel ist es, irgendwann, wenn der Krieg vorbei ist, tatsächlich unser Festival in Odessa zu veranstalten, womit ja eigentlich alles angefangen hat.“

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