Ukrainischer Präsident in Italien: Selenskyj macht gut Wetter
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sichert ukrainischem Präsidenten bei Treffen weitere Waffenlieferungen zu.
Jedes Jahr im September lädt der Ökonomie-Thinktank Studio Ambrosetti zu seinem Forum am Comer See und versammelt dort die gesamte Businesselite des Landes. Und jedes Jahr kommen prominente Gäste aus der Politik. Diesmal waren Selenskyj und Meloni die Stars. Der Präsident der Ukraine kündigte in seiner Rede an, er wolle auf seiner nächsten USA-Reise Joe Biden erklären, „wie wir einen möglichen Friedensplan sehen, der dafür sorgt, Putin an den Verhandlungstisch zu bringen – ihn, der den Frieden nicht will“. Doch auch in Cernobbio behielt Selenskyj erst einmal für sich, wie ein solcher Plan überhaupt aussehen könnte.
Schon vor seiner Rede hatte Selenskyj ein Vieraugengespräch mit Giorgia Meloni. „Very good“, bilanzierte er am Ende des Treffens, obwohl Italien anders als die meisten anderen europäischen Staaten, die Waffen an die Ukraine liefern, bisher sein Veto gegen deren Einsatz gegen Ziele in Russland aufrechterhält.
Denn Meloni hatte Italien zwar seit ihrem Regierungsantritt im Oktober 2022 klar an der Seite der Ukraine positioniert und bisher alle EU- und Nato-Beschlüsse zur Unterstützung des angegriffenen Landes mitgetragen. Doch nicht nur in der seit je Putin-freundlichen Lega unter Vizeministerpräsident Matteo Salvini, sondern auch beim Koalitionspartner Forza Italia ebenso wie in Melonis eigener Partei Fratelli d’Italia (FdI) wurden in den vergangenen Wochen Absetzbewegungen von diesem Kurs deutlich.
Kritik an Kyjiw
Die Lega plädiert für ein Ende der Waffenlieferungen. Der aus Melonis FdI stammende Verteidigungsminister Guido Crosetto kritisierte Kyjiw für den Vorstoß in die russische Region Kursk, da „der Angriff auf einen souveränen Staat auf seinem Territorium generell falsch und verdammenswert“ sei.
Unzufrieden ist Selenskyj, dass Italien bisher noch nicht das im Juni zugesagte Boden-Luft-Abwehrsystem Samp/T an die Ukraine geliefert hat, nachdem 2023 ein erstes System geliefert worden war. Das liege an Produktionsschwierigkeiten, nicht an politischen Vorbehalten, heißt es von italienischer Seite.
Bei ihrem Auftritt auf dem Forum von Cernobbio erklärte Meloni, Italien werde an den Waffenlieferungen festhalten. Der ebenfalls anwesende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kommentierte zweideutig „schöne Worte“ und fragte, warum Italien den Gebrauch der von ihm gelieferten Waffen auf russischem Territorium nicht erlaube.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos