Ukrainischer Ex-Präsident: Die Milliarden des Wiktor Janukowitsch
Der Expräsident der Ukraine hat die Besitztümer, die er sich angeeignet hat, gut versteckt. Bisher wurde gerade mal ein Bruchteil sichergestellt.
KIEW taz | Wo ist Wiktor Janukowitschs Geld? Immerhin 1,37 Milliarden Dollar konnten die Finanzbehörden in Kiew bis heute im Lande selbst sicherstellen. Von den Auslandsguthaben des Expräsidenten dagegen wurden bisher gerade mal 50 Millionen US-Dollar gefunden. Insgesamt aber soll Janukowitsch laut Exgeneralstaatsanwalt Oleg Machnizki in seinen vier Amtsjahren 100 Milliarden Dollar außer Landes geschafft haben.
Wirtschaftlich hat der Expräsident, der sich in Russland aufhalten soll, also keinen Grund zur Sorge. Noch in Amt und Würden hatte sich Janukowitsch eine finanzielle Machtvertikale aufgebaut, deren Rückgrat seine Familie bildet – allen voran Sohn Alexander.
Janukowitsch junior, ein Zahnarzt, ist Inhaber der Firma Mako. Das Kiewer Wochenmagazin Fokus schätzt sein Vermögen auf 196,5 Millionen US-Dollar. Seit dem Sturz seines Vaters am 21. Februar vergangenen Jahres lebt er in Moskau, wo er nach eigenen Angaben „offiziell nicht arbeitet“. Seine Firma aber soll Anteile am Wein- und Champagnerhersteller Artjomowsk Winery besitzen.
Schon am 7. Mai 2014 gründete Alexander Janukowitsch laut der Datenbank Spark-Interfax im russischen St. Petersburg die Firma Arsenal-Invest GmbH. Haupttätigkeit ist die „Steuerung von Finanz- und Industrieunternehmensgruppen und Holdings“ – aber zu Arsenal Invest gehört auch die Tochterfirma Arsenal Estate, die im Immobiliengeschäft aktiv ist.
Zudem gehören der Familie Janukowitsch nach Angaben des Oligarchen Igor Kolomojski, der gleichzeitig Gouverneur im Gebiet Dnepropetrowsk ist, mindestens jeweils 25 Prozent der großen ukrainischen Chemiefabriken wie Azot in den Städten Tscherkassy und Sewerodonezk sowie Stirol in Gorlowka.
Der Donezker Clan
Neben der eigenen Familie gibt es auch noch Janukowitschs Freunde, die man in der Ukraine ebenfalls als „Familie“ oder auch „Donezker Clan“ bezeichnet. Zu ihnen zählen eine ganze Reihe von Beamten sowie die meisten Abgeordneten der Fraktion des heutigen „Oppositionsblocks“: Politiker, die heute nichts und niemand wären, hätte der Expräsident sie nicht irgendwann einmal ins politische Machtzentrum der Ukraine geholt.
Zerreißprobe für die Ukraine
Dieser „Familie“ gehören interessante Aktiva wie Firmen, Banken und Immobilien. Die tatsächlichen Besitzverhältnisse sind nicht einfach zu durchleuchten. Klar ist jedoch, wie wichtig für diese Struktur die Rolle ist, die Firmen spielen, die Janukowitsch und seine engsten Freunde de facto kontrollieren.
Derzeit wechseln zum Beispiel diverse Aktiva des Expräsidenten ihren Besitzer. Einige Penthouse-Wohnungen im Zentrum von Kiew und Bürozentren, die früher zu den Besitztümern der Janukowitschs gehörten, wurden auf andere Besitzer umgeschrieben – die allesamt zum Umfeld Janukowitschs zählen.
Oligarchen reich dank Janukowitsch?
Viele Beobachter sind zudem davon überzeugt, dass die meisten ukrainischen Oligarchen Wiktor Janukowitsch ihren Reichtum zu verdanken haben. Deswegen sollen sie bis heute Prozente an diesen abzahlen.
Kurz nach der Ernennung von Wiktor Schochin zum neuen Generalstaatsanwalt der Ukraine, berichtete Innenminister Arsen Awakow, hatten Generalstaatsanwaltschaft und Justizministerium dem Parlament Gesetzesvorschläge zur Abstimmung vorgelegt, die ein Gerichtsverfahren gegen Janukowitsch und seine Leute auch in deren Abwesenheit ermöglichen würden. Damit hätte man sofort die Möglichkeit, zu handeln, und müsste nicht das weitere gerichtliche Vorgehen gegen den Expräsidenten und seine „Familie“ abwarten – und das ukrainische Volk könnte schneller wieder in den Besitz des ihm gestohlenen Eigentums gelangen.
Dabei geht es laut Awakow um eine Summe, die höher ist als die aktuellen Haushalte von Verteidigungs- und Innenministerium sowie der Nationalgarde zusammen.
Übersetzung aus dem Russischen: Bernhard Clasen
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau