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Ukraines Präsident in den USAZu Besuch in Washington

Fast eine Woche ist der ukrainische Präsident Selenski in den USA. Beide Staaten bekräftigen den Widerstand gegen die Gas-Pipeline Nord Stream 2.

Ungleiches Paar, gemeinsame Interessen: Ukraines Präsident Wolodomir Selenski bei Joe Biden Foto: Jonathan Ernst/reuters

Kiew taz | Die USA und die Ukraine wollen ihre Partnerschaft in den Bereichen Sicherheit, Verteidigung, Datenaustausch und Wirtschaft weiter ausbauen. Dies kündigten die Präsidenten beider Länder, Joe Biden und Wolodimi Selenski, nach ihrem Treffen im Weißen Haus am Mittwoch in einer gemeinsamen schriftlichen Erklärung an.

Im Rahmen dieser Zusammenarbeit sagen die USA der Ukraine Rüstungsgüter in Höhe von 60 Millionen US-Dollar zu, darunter auch Panzerabwehrraketen „Javelin“. Bisher habe die USA allein 2021 das Land mit Rüstungsgütern in Höhe von 400 Millionen US-Dollar unterstützt. Die USA, so das Dokument weiter, werden die Ukraine auch weiterhin bei der Reform der Rüstungswirtschaft unterstützen, die Schulungen und Übungen für ukrainische Militärs fortführen.

Auch bei ihrem Widerstand gegen die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 unterstützen die USA das Land. Man werde nicht zulassen, dass der Kreml Energie als geopolitische Waffe einsetze. Gleichzeitig wollen sich die USA dafür einsetzen, dass die Ukraine weiterhin Transitland für Gas bleibe.

Die USA versicherten der Ukraine ihre Unterstützung bei der Wahrung der nationalen Souveränität. Niemals werden die USA die Annexion der Krim anerkennen.

„Atmosphäre nicht immer sonnig“

In einem eigenen Abschnitt zu Menschenrechten, Demokratie und Justiz versichern sich beide Seiten der Unterstützung in der Umsetzung von Reformen im Rechtswesen, der Dezentralisierung, der Demokratie und der Korruptionsbekämpfung. Die Ukraine verpflichtet sich, gegen jede Form von Diskriminierung noch schärfer vorzugehen.

Die USA versprechen der Ukraine weitere humanitäre Hilfe, vor allem bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie und der Unterstützung von 3,4 Millionen Menschen, die als Folge des Konfliktes in der Ostukraine dringend Hilfe brauchen.

Doch nicht in allen Punkten herrschte Einigkeit. „Das Treffen war produktiv, aber die Atmosphäre war nicht immer sonnig“ zitiert das ukrainische Portal Obosrewatel Wolodimir Selenski. Er warte immer noch auf eine Antwort auf seinen Vorschlag, das Normandie-Format zur Regelung des Donbass-Konfliktes zu verändern, zitiert ihn das Portal. Er habe mit dem US-Präsident viel über die NATO gesprochen, so Selenski. Aber konkrete Daten einer möglichen Mitgliedschaft habe man ihm nicht mitgeteilt.

In den USA war im Vorfeld des Selenski-Besuches Unzufriedenheit über die anhaltende Korruption in der Ukraine artikuliert geworden. 40 Milliarden US-Dollar, so zitiert das ukrainische Portal vesti.ua US-Außenminister Blinken, würden der Ukraine jedes Jahr durch Korruption verloren gehen.

Fünf Atomreaktoren für die Ukraine

Bereits im Vorfeld hatte die mehrfache Verschiebung des von der Ukraine lange schon gewünschten Besuches in dieser zu Missstimmung geführt. Dass das Gespräch nun ausgerechnet zu einem Zeitpunkt stattfand, an dem die Kongressabgeordneten in Urlaub sind, behagte der ukrainischen Seite nicht, hatte man doch gehofft, im Kongress Bündnispartner für einen härteren Kurs in der Frage von Nord Stream 2 zu finden.

Der fast eine Woche dauernde USA-Besuch von Präsident Selenski ist der längste USA-Besuch eines ukrainischen Präsidenten. So hatte der Präsident ein Gespräch im Verteidigungsministerium, war bei der NASA zu Gast und war mit dem Chef der Weltbank, David Malpass zusammengetroffen.

In Anwesenheit von Selenski unterzeichneten der Chef des ukrainischen Atomkonzerns Energoatom, Petro Kotin und der Chef von Westinghouse, Patrick Fragman, ein Memorandum, in dem sie den gemeinsamen Bau von fünf Atomreaktoren in der Ukraine vereinbaren. Aus dem Memorandum geht indes nicht hervor, wie sich dieses 30 Milliarden US-Dollar teure Vorhaben finanzieren lässt.

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1 Kommentar

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  • „Er habe mit dem US-Präsident viel über die NATO gesprochen, so Selenski. Aber konkrete Daten einer möglichen Mitgliedschaft habe man ihm nicht mitgeteilt“



    Soweit ich weiß, nimmt die NATO nur Staaten auf, die keine offenen militärischen Konflikte mit anderen Staaten haben.



    Die Ukraine kommt daher zu spät. Sie war und ist kein NATO-Mitglied. Als Putin 2014 die Krim annektierte, musste er demzufolge nicht fürchten, sich mit der NATO anzulegen. Und die ukrainische Armee allein war zu schwach, sich gegen die übermächtige russische Armee zu wehren.



    Wie sagte schon Gorbi: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“!