Ukraine und die EU: Deutschland mischt mit
Bundesaußenminister Guido Westerwelle will zu bilateralen Gesprächen nach Kiew fliegen. Ministerpräsident Mykola Asarow warnt derweil vor einer Eskalation der Lage.
BRÜSSEL afp/dpa | Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) fliegt zu „bilateralen Gesprächen“ in die Ukraine. „Das ist eine zutiefst europäische Angelegenheit, was wir in der Ukraine beobachten“, sagte Westerwelle am Mittwoch in Brüssel angesichts der anhaltenden Proteste pro-europäischer Demonstranten gegen die Regierung in Kiew.
„Es ist erkennbar so, dass die Ukraine in großen internen Diskussionen ist. Hier muss sich Europa auch kümmern, denn es geht hier auch um Europa.“ Westerwelle äußerte sich am Rande eines Treffens der Nato-Außenminister. Er kündigte an, nach dem Ende der Beratungen in Brüssel nach Kiew zu fliegen, um an einer Tagung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilzunehmen und „auch bilaterale Gespräche in Kiew“ zu führen.
Mit wem er sich in der ukrainischen Hauptstadt treffen wird, sagte der scheidende Bundesaußenminister nicht. Der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko äußerte die Hoffnung, dass Westerwelles Besuch in Kiew neue Bewegung in den Streit bringt. Er hoffe, „dass hier wieder neu über das EU-Assoziierungsabkommen gesprochen wird“, sagte Klitschko der Bild-Zeitung.
Der ukrainische Ministerpräsident Mykola Asarow hat die Opposition vor einer „Eskalation“ der Lage in der Hauptstadt Kiew gewarnt. „Ich rufe dazu auf, die politischen Spannungen nicht weiter eskalieren zu lassen“, sagte Asarow am Mittwoch bei dem ersten Kabinettstreffen nach dem Beginn der Massenproteste gegen die Regierung.
„Das Parlament hat uns gestern das Vertrauen ausgesprochen. Das ist eine Tatsache, die die Opposition und unsere ausländischen Partner anerkennen müssen“, fügte er hinzu.
Derweil versuchten etwa 1500 Demonstranten, die Zugänge zu dem schwer bewachten Regierungssitz zu blockieren. Zudem belagerten pro-europäische Anhänger der Opposition weiterhin den Unabhängigkeitsplatz im Zentrum Kiews.
Asarow beschuldigte die Organisatoren des Protests, sich hinter ihrer parlamentarischen Immunität zu verstecken, während die Demonstranten nicht über einen solchen Schutz verfügten. „Eure Anführer stiften euch zum Verbrechen an“, sagte der Ministerpräsident an die Protestierenden gerichtet.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat bei der Nato in Brüssel den Westen eindringlich vor einer Einmischung in der krisengeschüttelten Ukraine gewarnt. Lawrow kritisierte am Mittwoch, dass die Nato am Vortag in einer Stellungnahme die Gewalt im Land verurteilt habe. Das gebe ein völlig „verzerrtes Bild der Lage“, sagte Lawrow der Agentur Interfax zufolge.
„Wir rufen dazu auf, dass sich niemand in diese Situation einmischt“, sagte er. Das von Protesten erschütterte Land müsse seine „verfassungsmäßige Ordnung“ wiederherstellen. Der Staat habe das Recht, gegen aggressive Demonstranten vorzugehen, sagte Lawrow.
Unter Moskaus Einfluss hatte die Ukraine vor knapp zwei Wochen ein geplantes Assoziierungsabkommen mit der EU gestoppt. Seitdem gibt es anhaltende Proteste gegen den Kurs der Regierung, bei denen es wiederholt zu Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften kam.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge