Ukraine, Iran, Israel: Verhandlungsergebnisse an den Kopf
Die USA für Hilfen gegen Russland, der Kanzler für Chinas Engagement in Nahost, der falsche Moment für kleine Städte. Und Söders Kiff-Bann.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die Republicans zerreißt das „Ja“ zum Ukraine-Hilfspaket.
Und was wird besser in dieser?
Alle Biden-Witze müssen zum TÜV.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte einst: „Die Grünen sind eine Verbotspartei. Ihnen fehlt das Bayern-Gen.“ Jetzt möchte er in seinem Bundesland das gerade legalisierte Cannabis mit „extrem restriktiven“ Maßnahmen quasi verbieten. Wie liberal ist das Bayern-Gen denn nun wirklich?
„Ich hab keine Lust, meine Polizisten mit so einem Scheiß zu beschäftigen“ – zeigt der NRW-Innenkarnevalist Herbert Reul seinen Parteifreunden in Bayern, wie Populismus vom Profi geht. Das Gesetz ist vor allem in seinen absurden Details angreifbar, und man hätte sich einen großen Gefallen getan, Kiffen nur im Privaten zu erlauben. Fertig. Abstands- und Uhrzeitregelungen sind surreal, das hat Reul erkannt und nutzt es fröhlich. Söder dagegen ruft nochmal alle „Alkohol ist doch viel schlimmer als Haschisch“-Witze aus dem Deutschen Kabarett-Museum ab und hält an einer Konfro der Vergangenheit fest. Söder trinkt „Wasser oder Cola“ in seinem Maßkrug, Reul Bier.
In den letzten fünf Jahren sind die Ausgaben des Bundes um 39 Prozent gestiegen. Der „Bund der Steuerzahler“ nennt mögliche Einsparmaßnahmen. Sie schlagen zum Beispiel vor, dass der Bundestag auf 500 Abgeordnete verkleinert wird oder eben weniger Neubauten für Ministerien entstehen sollen. Was hätten Sie so für Vorschläge?
Man könnte dem Bund der Steuerzahler die Gemeinnützigkeit entziehen, was zur Folge hätte, dass der Bund der Steuerzahler mal Steuern zahlt. Nach eigenen Angaben besteht er zu 75 Prozent aus Selbstständigen und Gewerbetreibenden, seine Kader rekrutieren sich wie die Chefs Holznagel und Brüderle aus CDU- und FDP-Funktionären. Mal ab von der Berliner AfD-Vorsitzenden Brinker im Verwaltungsrat des BdSt. Der journalistische Brauch, Pressemitteilungen dieses Lobbyclubs eins zu eins abzuschreiben, gibt ihm weit höhere Reichweiten als etwa dem zuständigen Bundesrechnungshof. So dröhnt allerhand wohlfeiler Populismus durch die Medien, und für den Rest gilt: Mario Barth deckt zu. Die populäre RTL-Show um Holznagel und seine PR-Ideen. Immerhin berührend, dass das altlinke Sponti-Motto „der Staat ist doof und stinkt“ inzwischen auch rechts viel Unterstützung findet.
Nach der mutmaßlich israelischen Attacke auf den Iran scheint sich die Lage wieder beruhigt zu haben. Oder ist das Wunschdenken?
Was Israel und Iran einander auf die Köpfe geworfen haben, waren militärische Eskalationen – und mühsam feinst austarierte Verhandlungsergebnisse. Netanjahu will seine Verbündeten in die Solidarität zwingen, egal, was er in Gaza anstellt. Die Verbündeten wissen, dass Iran Israels Existenzrecht bestreitet, und dass sie zu dem Zweck an Atomwaffen basteln. Eine Situation zur Melodie „this town ain’t big enough for both of us“ kann da also gerade gar keiner gebrauchen. Außer Netanjahu, der skrupellos reizt. Die Ursachenkette geht also zurück bis zu dem Moment, da Präsident Trump das Atomabkommen mit Iran kündigte. Spannend, wer nächster US-Präsident wird.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist mit Waffenherstellern wie Diehl und Rheinmetall nach Kyjiw gereist, um der Ukraine nun auch eigene Produktionsstätten anzubieten. Ist Habeck jetzt plötzlich Handlungsreisender?
Ihm schaudere vor sich selbst, deutete er im ZDF-„heute journal“ an, „werbend für Kriegsgerät“ unterwegs zu sein. Zugleich grüßte sein Kanzler Scholz aus Peking mit nanometerfeinen Formulierungen zu Chinas möglicher Rolle im Friedensprozess. Der Gleichklang darin entsteht, indem Präsident Selenskyj sich bei Scholz bedankt und Habeck feiert. Militärische Unterstützung und politische Diplomatie. Oder einfach mal ein Moment, in dem sich Baerbock um was anderes kümmert.
Julian Nagelsmann hat seinen Vertrag als Bundestrainer bis 2026 verlängert. Er bleibt also bis zur WM. Eine gute Idee?
Mit einer guten EM kann er Bundestrainer bleiben, mit einer schlechten bekäme er vorerst keinen hochrangigen Vereinsjob. Na ja, wie man heutzutage so sagt – für Bayern reicht’s vielleicht.
Und was machen die Borussen?
Auch die Dortmunder Fans haben mit ordentlich Tennisball-Ungehorsam den Investoren-Einstieg wegprotestiert. Nun stehen mit dem BVB und Bayern zwei deutsche Teams unter den vier besten Europäern in der Champions League. Das nächste Choreo-Banner der Südtribüne: „Merkt Ihr selbst, ne?“
Fragen: Philipp Rhensius
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht