Überschwemmungen in Pakistan: Flut der Populisten

In Pakistans Machtkampf versuchen Politiker, die Katastrophe für sich auszuschlachten. Ein Gewinner steht schon jetzt fest: das Militär.

Die pakistanische Armee hiflt Flutopfern.

Soldaten der pakistanischen Armee retten Menschen aus den Hochwassergebieten Foto: Asim Tanveer/ap

Die Bilder aus Pakistan, wo laut der dortigen Klimaschutzministerin ein Drittel des Landes unter Wasser steht und 33 Millionen Menschen unter den sintflutartigen Überschwemmungen der letzten Wochen massiv leiden, machen betroffen. Mehr als 1.100 Menschen, darunter Hunderte Kinder, sind schon gestorben. Es dürften etliche mehr werden, erst recht, wenn es nicht gelingt, die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern, mit denen man rechnet, weil es nicht genug frisches Wasser gibt.

Die internationale Gemeinschaft muss helfen, wie sie es schon macht. Und auch in Pakistan selbst wird schon viel Hilfe mobilisiert. Doch es bleibt ein übler Beigeschmack, denn solche in Pakistan wiederkehrenden und jetzt durch den Klimawandel verstärkten Katastrophen sind auch die Stunde der Populisten. So wird der größte Nutznießer der Flut erneut das mächtige Militär sein.

Es agiert dort wie ein Staat im Staate und verfügt als einzige Institution des Landes überhaupt auch nur in Ansätzen über die technischen Möglichkeiten, Menschen in dieser Katastrophe zu retten. Das verschafft dem Militär Sympathien und erschwert die bisher stets vergeblich geforderte Begrenzung seiner Macht und Privilegien.

Die Flut trifft das Land mitten in einer Wirtschaftskrise und vor dem Hintergrund eines politischen Machtkampfs. Erst im April war der bis dahin amtierende populistische Premierminister Imran Khan durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Seitdem drängt er auf Neuwahlen. In Umfragen steht er gut da und kann zugleich froh sein, gerade keine politische Verantwortung zu tragen, sondern der Regierung Versagen vorzuwerfen.

Die amtierende Regierung von Shahbaz Sharif versucht ihrerseits, die Schuld auf die Vorgängerregierung unter Khan abzuwälzen und alle möglichen Hilfen zu versprechen. Während nun alle versuchen, sich als bessere Krisenmanager darzustellen, haben sie im Vorfeld versagt. Die potenziellen Überschwemmungsgebiete entlang des Indus und Swat hätten niemals besiedelt werden dürfen. Doch eine Bebauung zu verhindern wäre extrem unpopulär gewesen.

Und eine wirksame Landreform, die Pakistans feudale Strukturen aufbricht, hätte den Zorn der bisherigen Eliten aller politischen Lager provoziert. Auch Maßnahmen gegen den Klimawandel sind unpopulär, wenn sie mit Verzicht einhergehen. So bleibt aktuell nicht mehr, als weiter zu helfen, bis zur nächsten Flut. Schließlich ist es auch in den Industrieländern populärer, Hilfe zu mobilisieren und sich dabei selbstlos und gut zu fühlen, als zum Schutz des Klimas auf etwas zu verzichten und umzusteuern.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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