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Übernahme von Geflüchteten aus ItalienSolidaritätsmechanismus gestoppt

Pro Asyl kritisiert den Stopp der freiwilligen Übernahme Deutschlands von Geflüchteten aus Italien. Das hatte Innenministerin Faeser entschieden.

Frauen sitzen am 14.09.2023 vor dem Aufnahmezentrum von Lampedusa auf Sizilien Foto: Valeria Ferraro/ap
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Berlin rtr/epd | Die Bundesregierung hat den freiwilligen europäischen Solidaritätsmechanismus zur Aufnahme von Flüchtlingen mit Italien ausgesetzt. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte einen entsprechenden Bericht der Welt. Grund sei, dass sich die italienische Regierung weigere, Geflüchtete in Deutschland nach den Dublin-Regeln der Europäischen Union wieder zurückzunehmen.

Nach dem freiwilligen europäischen Solidaritätsmechanismus hat sich Deutschland bereiterklärt, EU-Staaten zu helfen, die besonders stark von ankommenden Mi­gran­t:in­nen belastet sind. Dazu zählen vor allem die Südländer wie Italien. Nach Angaben des Ministeriumssprechers leistet Deutschland dabei den größten Beitrag in der EU und hat die Aufnahme von insgesamt 3.500 Menschen zugesagt. Bislang habe Deutschland über diesen Mechanismus aus anderen EU-Staaten 1.731 Menschen aufgenommen, davon 1.043 aus Italien. Insofern werde die Bundesregierung ihrer „humanitären Verantwortung gerecht“.

Italien nehme allerdings „seit einiger Zeit“ Menschen aus Deutschland, die nach den Dublin-Regeln zurückgeführt werden müssten, nicht mehr auf. Nach dieser Regelung wurden diese Personen erstmals in der EU in Italien registriert, zogen danach aber illegal weiter nach Deutschland. Dem Sprecher zufolge betrifft dies mehr als 12.400 Menschen, von denen zehn bislang nach Italien überstellt worden seien.

Alle EU-Staaten müssten ihren Verpflichtungen nachkommen, sagte der Sprecher. Sobald die italienische Regierung die Dublin-Regelungen wieder einhalte, könne auch der freiwillige europäische Solidaritätsmechanismus wieder aufgenommen werden.

Kritik von Pro Asyl

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl kritisiert den Stopp der freiwilligen Übernahme von Flüchtlingen aus Italien. „Das ist eine sehr unkluge und auch unverantwortliche Entscheidung“, sagte der Leiter der Europaabteilung von Pro Asyl, Karl Kopp, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Es herrsche eine humanitäre Krise auf Lampedusa und eine dramatische Situation auf dem Mittelmeer. „Wir brauchen deshalb eine europäische Kraftanstrengung“, forderte er.

Wer nicht gemeinsam europäisch handele, der verliere Europa. „Und wer glaubt, dass man mit Hartleibigkeit die Rechten bekämpft, der irrt sich“, sagte Kopp.

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3 Kommentare

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  • Ich gehe davon aus, dass die freiwillige Selbstverpflichtung nach dem 08.10.23 wieder in Kraft treten wird, da ich die Entscheidung von Frau Faeser dem Wahlkampf in Hessen zuordne.

  • Was ist an der Entscheidung falsch?



    Die Kommunen sind am Ende der Aufnahmefähigkeit.



    Warum ist das nicht ausschlaggebend?

  • "Wer nicht gemeinsam europäisch handele, der verliere Europa."

    Europa wird verloren gehen, wenn die Regierungen nicht Mechanismen etablieren, die für deutlicher geringere Flüchtlingszahlen sorgen und es ermöglichen, dass eine Kontrolle und Steuerung erfolgen kann (begrenzte Flüchtlingskontingente etwa).

    Alle Umfragen zeigen, dass sich Europäer eine Begrenzung der irregulären Migration wünschen und immer weniger bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen (Ukrainer ausgenommen).

    Wenn die Regierungen diesen Willen immer weiter ignorieren, befürchte ich, dass wir in absehbarer Zeit nur noch rechte/rechtsextreme Regierungen in Europa haben.