Übergriff gegen Flüchtlinge in Clausnitz: Busblockierer kaufen sich frei
Der Prozess gegen drei Angeklagte, die im Februar 2016 Flüchtlinge bedroht hatten, wurde gegen Zahlung einer vierstelligen Geldstrafe abgesagt.
Eine Frau hatte bereits in der Vorwoche die Geldstrafe in Höhe von 1.600 Euro akzeptiert. Weitere zwei Verfahren wegen Beleidigung eines Polizeibeamten und wegen Bedrohung einer Flüchtlingshelferin waren mit ähnlichen Strafbefehlen schon im Vorjahr beendet worden.
Am 18. Februar 2016 hatten etwa 100 Demonstranten in der Erzgebirgsgemeinde die Zufahrt zu den drei Flüchtlingsheimen blockiert. Sie belagerten den ankommenden Bus und riefen ausländerfeindliche Parolen. Die verängstigten Flüchtlinge weigerten sich, den Bus zu verlassen, und konnten erst nach Stunden von der Polizei mit körperlichem Nachdruck dazu bewegt werden. Eine Videoaufzeichnung sorgte für internationales Aufsehen. Gegenüber einer Flüchtlingshelferin fiel unter anderem die Drohung „Morgen brennt dein Haus“.
Die Verteidigerin der beiden Angeklagten betonte, dass die Akzeptanz der Geldauflage kein Schuldeingeständnis darstelle. Sie erfolge vielmehr „aus prozessökonomischen Gründen und in Anbetracht der medialen Prangerwirkung“. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Chemnitz bestätigte, dass keine weiteren Verfahren anliegen.
Inzwischen hat sich die Dorfbevölkerung mit den elf Flüchtlingsfamilien arrangiert. Ihre Asylanträge sind bis auf drei afghanische Familien positiv beschieden worden.
Flüchtlingshelfer Marc Lalonde von der TU Dresden berichtet jedoch von anhaltenden Schwierigkeiten mit der Betreiberfirma GSQ. Die Stelle der Heimleiterin sei eingespart worden, die Betreuung habe sich damit deutlich verschlechtert. Es gebe nun Probleme mit der Mülltrennung. Ein Mitarbeiter der GSQ drohte daraufhin, die Flüchtlinge in eine Gemeinschaftsunterkunft zurückzuschicken. Im vorigen Sommer hatte es bereits Konflikte mit der Betreiberfirma gegeben, weil die das durch Spenden bezahlte WLAN für zwei Monate abgeschaltet hatte. Erst als die Helfer drohten, sich an die Medien zu wenden, hatte sie eingelenkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht