Überfall und Händeschütteln: Chinesischer Elefant im Raum
Der Plan aus Peking, in dem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen im Krieg gegen die Ukraine gefordert werden, könnte mehr gewürdigt werden.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Friedenskundgebung kommt mit den geforderten Distanzierungen nicht nach.
Und was wird besser in dieser?
Corona-Abstandsregeln übertragen.
China präsentiert einen 12-Punkte-Plan, in dem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen im Krieg gegen die Ukraine gefordert werden. Gleichzeitig soll China Waffen an Russland liefern. Wie glaubwürdig ist die Initiative aus Peking?
Dies Junktim zwischen den zwei Meldungen fällt auf. Deutlich etwa im Interview des ukrainischen Botschafters beim RBB-„Info-Radio“: „Ich habe das Papier noch nicht gelesen, aber …“ Spiegel online schlagzeilt „China veröffentlicht 12– Punkte-Plan“, um nachfolgend prominent über Indizien zu spekulieren, China wolle Drohnen an Russland liefern. Das überspringt, dass der windige Vermittler Türkei durchaus auch Waffen in den Konflikt liefert, Drohnen an die Ukraine. Dann folgen viele Artikel längs der Melodie „Chinas prekäre Doppelstrategie“, auch in der taz. Die klare Absage an Nuklearwaffen wird gelobt, Chinas Kritik an Sanktionen verurteilt. Meist sind die stark kommentierenden Meldungen dann zu Ende, und der Elefant im Raum trötet ungehört: „Die Sicherheit einer Region sollte nicht durch die Stärkung oder Ausweitung von Militärblöcken erreicht werden.“ Da legt China ein Kernthema auf den Tisch, doch auf dem lagen gerade so viele andere interessante Meldungen herum.
Am 1. März präsentiert Außenministerin Annalena Baerbock die Leitlinien für feministische Außenpolitik. Was sollte da Ihrer Meinung nach drinstehen?
„Jungs, macht euch keine Flausen.“ Es war so verführerisch, zu glauben, Frauen führten keine Kriege, setzten der toxischen Gewaltbereitschaft Verständigung und Ausgleich entgegen. Dann die Ernüchterung: Deutschland war noch nie an so vielen Kriegen beteiligt wie unter Merkel, Kramp-Karrenbauer, von der Leyen, Lamprecht, Baerbock. Die feministischste Partei ist derzeit auch die bellizistischste. Zum Trost sind die toxischen Männer alle noch da und allesamt nochmal deutlich schlimmer. Solange also Krieg und Frieden nicht am Chromosomensatz festzumachen sind, sehe ich feministische Außenpolitik als Zwischenschritt zu dem, um das es wirklich geht: humanistische.
Das Gesundheitsministerium setzt in einem neuen Gesetz statt eines Kommas einen Bindestrich und soll so LSD-ähnliche Substanzen legalisiert haben. Das war doch Absicht, oder?
Gesetzgeber und Drogenchemiker sind im Wettrennen: Kaum ist eine neue LSD-Variante verboten, kommt die nächste. Deshalb wird die Liste im Anhang des Verbotsgesetzes stetig ergänzt. Dabei muss der wunderwirkende Tippfehler unterlaufen sein. Wie genau, ist noch drogenumnebelt. Komma Komma-Koma gucken: Der enthüllende Aufsatz erscheint im März im Fachblatt Strafverteidiger, das so auch mal zu Ehren kommt. Erwachte ich aus tiefem Rausch mit dem Erinnerungsfetzen, ein Komma und ein Bindestrich hätten mit dämonischer Wucht gerungen, ob ich drei Jahre in den Knast muss, würde ich auch eher mal das Stöffchen wechseln. Mal so laienhaft: Kann man nicht einfach „LSD und alle Derivate“ verbieten?
Das Bundesverfassungsgericht kommt zu dem Schluss, dass die Einstellungen der Ermittlung zum Tod von Oury Jalloh nicht verfassungswidrig sind. Der Verdacht auf vorsätzliche Tötung steht aber weiterhin im Raum. Bringt jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte doch noch Klarheit?
Okay, ein an Händen und Füssen gefesselter Mann entzündet mit einem Feuerzeug die Matratze, an die er gefesselt ist und verbrennt, bevor es in der umgebenden Polizeiwache bemerkt wird. Was soll der EuGH da schon finden? Nichts, wenn er die Rechtspflege so vorurteilslos fortsetzt wie vier deutsche Instanzen vorher. Nicht der Bruder des Opfers, sondern die deutsche Justiz selbst sollte dem übernationalen Gericht den Fall vorlegen – allein schon aus Scham und Anstand.
Und was machen die Borussen?
Julian Brandt lenkte einen Freistoß von Marco Reus ins Tor. Der O-Ton, in dem er durchschlawinert, dass er nicht geschossen, geköpft, sondern irgendwie schon sehr gut gerückt hat – ohne dabei Absicht zu behaupten –, hat meinen Respekt.
Fragen: Anton Kämpf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance