Uber in Berlin: Nur gucken, nicht buchen
Das Unternehmen Uber präsentiert auf der deutschen Homepage den Sammeltaxi-Dienst UberPool, bietet ihn in Berlin aber nicht an – weil es nicht darf.
![Ein Fahrer hat in seinem Fahrzeug die Uber-App auf seinem Smartphone geöffnet Ein Fahrer hat in seinem Fahrzeug die Uber-App auf seinem Smartphone geöffnet](https://taz.de/picture/3641641/14/113674754.jpeg)
Wer in Berlin eine Fahrt mit dem Dienst UberPool buchen will, kann sich dafür jederzeit registrieren – diesen Anschein erweckt zumindest die Uber-Webseite. Doch wer dann tatsächlich eine Fahrt im Sammeltaxi buchen möchte, wird enttäuscht: UberPool sei in Berlin genauso wie in ganz Deutschland nicht verfügbar, erklärt ein Unternehmenssprecher der taz.
Uber bietet private Fahrdienstleistungen an. Das Pooling-Konzept sieht vor, mehrere Fahrgäste, die in dieselbe Richtung möchten, in einem Fahrzeug zusammenzubringen. Der Preis der Fahrleistung wird dann unter den Buchenden geteilt. In Deutschland ist Pooling allerdings nur mit einer Sondergenehmigung erlaubt.
Deshalb sorgt die Gestaltung der Uber-Webseite für Irritationen – zum Beispiel beim für die Zulassung von Mobilitätsdiensten zuständigen Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo). Ein Sprecher des Berliner Verkehrssenats erklärt der taz, das Unternehmen habe sein Sammeltaxi-Konzept bereits vor Jahren angekündigt, dem Labo bisher aber nicht mitgeteilt, ob und wann es aktiv werden soll. Da Uber den Dienst online vorstellt, laufe nun eine Überprüfung der Sachlage. Das bestätigt auch das Labo auf taz-Nachfrage.
In der Uber-App stehen aktuell nur die Dienste UberX und UberXL zur Verfügung, außerdem kann eine normale Taxifahrt gebucht werden. Bei UberX vermittelt das Unternehmen seine Kunden an Mietwagenfirmen, die Fahrdienste günstiger als normale Taxis anbieten. Böte Uber selbst Fahrten an, wäre das ein Verstoß gegen das deutsche Personenbeförderungsgesetz.
Rückkehrpflicht wird ignoriert
Das Personenbeförderungsgesetz schreibt auch verschiedene Bedingungen für die Uber-Partner fest. Das Labo muss ihnen eine Genehmigung und den angestellten FahrerInnen einen Personenbeförderungsschein ausstellen. Offiziell gilt auch eine Rückkehrpflicht zum Betriebsstandort nach jeder Fahrt – mit einer Ausnahme: Erreicht die FahrerInnen unterwegs ein Folgeauftrag, dürfen sie den direkt annehmen.
Diese Einschränkung führt dazu, dass die Rückkehrpflicht im Grunde genommen keine ist. „Dann parken sie eben auf dem Parkplatz von Burger King und warten dort“, sagt Rolf Feja von der Berliner Taxi-Innung der taz. „Wenn man sie darauf anspricht, sagen sie, sie machen Pause.“ Auch aus dem Labo ist zu hören, die Kontrolle der Rückkehrpflicht sei grundsätzlich schwierig. Der Verkehrssenat fordert deshalb zum Beispiel die Einführung von Kennzeichnungspflichten, um die Kontrollierbarkeit der Anbieter zu erhöhen.
Die Berliner Taxi-FahrerInnen sind verärgert. Feja erklärt, seine KollegInnen warteten am Flughafen Tegel immer länger auf Kundschaft, während die Uber-FahrerInnen Auftrag um Auftrag bekämen. Und der Unmut dürfte in nächster Zeit noch größer werden: Am Mittwoch verkündete das Unternehmen FreeNow nämlich, mit einem identischen Konzept wie Uber den Berliner Markt zu betreten – noch mehr günstige Konkurrenz für die Berliner Taxis.
„FreeNow ist der Nachfolger von MyTaxi, der Taxi-Vermittlungsapp. Die haben jahrelang Daten von uns gesammelt und können das jetzt nutzen“, schimpft Feja. Hinter FreeNow stehen die Konzerne Daimler und BMW. Feja sagt, die Unternehmen verkauften sich gegenüber Verkehrsminister Andreas Scheuer als heimischer Gegenentwurf zu Uber – ein Preiskampf zwischen den Anbietern sei programmiert, Leidtragende dürften erneut die Berliner Taxi-FahrerInnen werden.
Erlaubte Sammeltaxis in Berlin
Immerhin das noch günstigere Angebot von UberPool muss das Taxigewerbe aktuell nicht fürchten, Uber besitzt in Berlin keine Sondergenehmigung. Dafür sind die Unternehmen Clevershuttle und Berlkönig in der Stadt aktiv. Der Sprecher des Verkehrssenats erklärt, beide seien Teil einer vierjährigen Testphase, der Senat sammle von den Unternehmen Daten, um zu prüfen, ob Pooling ein funktionierendes Mobilitätskonzept für Berlins Zukunft sein könnte.
Clevershuttle, ein privatwirtschaftlicher Anbieter, deckt den Westen der Stadt ab. Berlkönig, ein Gemeinschaftsprojekt von Daimler, dem App-Anbieter VIA und der BVG, ist im Osten unterwegs. Eine Sprecherin der BVG ist zuversichtlich, dass Pooling den öffentlichen Personennahverkehr sinnvoll ergänzt: „Zukünftige Mobilität muss einfach ein bisschen vielseitiger sein als nur U-Bahn, Bus und Tram.“
BVG-Sprecherin Petra Nelken
Die wünschenswerte Anbindung der Bezirke außerhalb des S-Bahn-Rings an die Innenstadt leisten die Sammeltaxis aber nicht. Gegenüber der taz erklärt die BVG, die Berlkönig-Fahrzeuge dürften nicht außerhalb des festgeschriebenen Gebiets eingesetzt werden – das sei Bedingung der Sondergenehmigung.
Berlkönige wird es außerhalb des Berliner S-Bahn-Rings also nicht geben. Der Verkehrssenat möchte stattdessen Rufbusse einsetzen, um die Außenbezirke besser anzubinden, gegen einen Aufpreis zu den üblichen BVG-Tarifen. Ob der Rufbus dann noch günstiger ist als eine von Uber oder FreeNow angebotene Mietwagenfahrt, wird sich zeigen.
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