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USA sucht Edward SnowdenLange Nase aus Moskau

Moskau genießt die Verärgerung der USA über die mangelnde Kooperation. Die Beziehungen der beiden Länder sind ohnehin eher schlecht.

Schon 2010 installierte Barack Obama im Rücken Dmitri Medwedews eine Abhörwanze. Bild: dpa

MOSKAU taz | Die russisch-amerikanischen Beziehungen bewegen sich seit Langem um den Gefrierpunkt. Der Neustart im bilateralen Verhältnis, den Präsident Barack Obama und der damalige Kremlchef Dmitri Medwedjew 2009 in Gang zu setzen versuchten, wurde nie wirklich umgesetzt. Störversuche, Sticheleien und Schadenfreude bestimmen den Umgang miteinander.

Die Affäre um Edward Snowden, der auf der Flucht vor den US-Behörden im Transitbereich des Moskauer Flughafens auf seine Weiterreise wartete, hat die Spannungen noch erhöht, weil Moskau es ablehnte, den Wünschen der Vereinigten Staaten nach einer Auslieferung des ehemaligen Geheimdienstmitarbeiters nachzukommen. Für eine Festnahme gebe es keine rechtlichen Anhaltspunkte, so die russische Begründung. Auch die Interpol-Datenbank enthalte keine Informationen über den flüchtigen 30-Jährigen, der Ecuador um politisches Asyl gebeten haben soll.

Obwohl sich die russischen Medien zu diversen Spekulationen verstiegen, scheint Snowden nicht um Asyl in Russland ersucht zu haben. Ob es Kontakte zwischen dem Transitreisenden und russischen Sicherheitsstrukturen gab, ist so wenig bekannt wie die Frage, ob der russische Geheimdienst versucht hat, den US-amerikanischen Whistleblower zu bewegen, in Russland zu bleiben.

Klar ist dagegen, dass die Tatsache, dass Snowden sein US-Pass aberkannt wurde, für die russischen Behörden keinen Grund zur Festnahme darstellt: Der Reisende hielt sich im Transitbereich des Flughafens auf – und musste folglich zu keinem Zeitpunkt eine russische Passkontrolle durchqueren.

Kaum zu übersehen ist, dass Russland die Aufregung in den USA auskostet und jede Anfrage aus Washington genüsslich abtropfen lässt. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Alexei Puschkow, erinnerte daran, dass die USA auf dem G20-Treffen 2009 in London den damaligen Präsidenten Medwedjew abgehört hatten. Damals habe sich die Regierung in Washington auch keine Gedanken über die Konsequenzen gemacht.

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10 Kommentare

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  • B
    Benz

    Tieferer Grund des agressiven Auftretens, Tobens und Polterns der USA in dieser Affäre ist, dass sich die USA nicht mit ihrem Niedergang abfinden. Vor einigen Jahren noch hätte RU es nicht gewagt, eine 'Bitte' der USA nicht zu erfüllen. Heute aber haben die USA ihren uneingeschränkte Supermachtstatus verloren und müssen sich daran gewöhnen, dass die Welt nicht mehr nach ihrer Pfeife tanzt.

     

    @Fred

    Der Dissident Snwoden ist ein Held. Er hat mehr für unsere Freiheit getan als jeder andere. Dass er jetzt vom Regime verfolgt wird, ist traurig. Aber die Freiheit lässt sich nicht unterkriegen.

  • MN
    Mein Name

    Nachdem der Journalist Grigorij Pasko die Verklappung von Atommüll durch die russsische Armee im japanischen Meer publik gemacht hatte, mußte er dafür mehrere Jahre ins Gefängnis.

  • W
    Wolfgang

    Der "kalte Krieg" ist so schon wieder so etwas von "heiß" und Ihr legt auch noch paar Scheite mit an. Was soll dieses "lange Nase Moskaus". Das Grundübel >> Überwachung !!!!. Das müsstn Ihr thematisieren, aber nicht immer wieder die Stasikeule schwingen. Unter dem eigenen Bett ist si viel Dreck.

  • P
    propjoe

    Ich denke man kann auch mal Sympathien für Diktaturen (China) und Pseudodemokratien (Rußland) haben, wenn diese eine richtige Position vertreten. Falls die USA eine vorbildliche Demokratie sein wollen, müssen sie auch so handeln. Allerdings setzen sich die USA immer häufiger über die Grundrechte, die eine Demokratie nach meinem Verständnis ausmachen, hinweg. Im Falle Snowden, der ja nur eine Tatsache ausgeplaudert hat, (dass ausspioniert wird), die eigentlich jeder Bürger wissen müsste, legen die USA völlig verquere Maßstäbe an. Wie schon vor Jahren von allen Kritikern befürchtet, wird unter dem Deckmantel der Abwehr von islamistischem Terror jedwede Maßnahme der Geheimdienste gerechtfertigt. In einer Demokratie müssen m.E. auch die Instrumente der Geheimdienste über die Parlamente legitimiert werden. Zur Not müssten die Verfassungen in dieser Hinsicht geändert werden. Bei uns fallen mir in diesem Zusammenhang die "Taten" unserer Dienste im Zusammenhang mit den NSU-Morden ein und bspw. auch die geheimen Beschlüsse, von wenigen Leuten, über deutsche Rüstunsexporte.

  • AO
    Aleksandr Orlov

    Dieser Kommentar zeigt nur eines: dass weder der Kommentator noch die Amis verstanden haben, was da läuft.

    Die Amis glauben, es geht zu wie im Western. Man droht irgend jemand (womit eigentlich?) und dann rückt der die Beute schon raus.

    Was Putin macht, ist eigentlich nur folgerichtig. Er zeigt den Amis, dass internationale Regeln und Gepflogenheiten auch dann gelten, wenn US-Behörden etwas wollen. Ob es Obama nun passt oder nicht.

     

    Wenn sich Snowden im Transitbereich eines Flughafens aufhält, ist er nicht in Russland. Da können russische Sicherheitsorgane nicht legal zugreifen.

    Wenn es darüberhinaus stimmt, dass noch nicht einmal ein internationaler Haftbefehl gegen Snowden vorliegt, weil die Amis mal wieder glauben, dass Aufstampfen und Muckis zeigen reicht und internationale Regeln nicht gelten, dann sagt das viel Negatives aber dennoch Urtypisches über deren Verständnis von einem geregelten Zusammenleben.

    Dass Amis es dann noch nicht einmal für notwendig halten, ein ordnungsgemäßes Auslieferungsersuchen in Hong Kong abzuliefern, spricht Bände über dieselbe selbstverständliche Haltung, über internationalen Regeln zu stehen.

    Wenigstens drehen die Chinesen und Russen den arroganten Amis die berechtigte lange Nase als Quittung für deren unerträgliche Arroganz.

     

    Hierzulande kriecht man denen in den Hintern. Zum beispiel, wenn im Frankfurter Flughafen zwei bis an die Zähne bewaffnete FBI-Mitarbeiter einen Mann verhaften, der etwas getan hat, was nach unserem Recht nicht strafbar ist (vor ein paar Jahren passiert). Die beiden hätten eingelocht gehört - Amtsanmaßung, Freiheitsberaubung und Entführung, Waffengebrauch ohne Erlaubnis (mitten im Flughafen!). Passiert ist aber nix, man will ja den Platz an der Sonne oder im Hintern der US of A nicht gefährden. Es ist ekelhaft.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Als Russland Korrespondent sollten sie wissen, dass der aktuelle Präsident des Landes Putin heißt. Ich gehe davon aus, dass er im aktuellen Fall die Entscheidungen trifft. Die juristische Begründung aus Russland ist einleuchtend. Lieber Klaus Helge Donath, kann es sein, dass Ihnen ihr Putin Hass unmöglich macht objektiv über Russland zu urteilen.

    @Fred

    Weltaufklärer Edward Snowden war und ist Verräter. Nach ihrer Betrachtungsweise dürfte niemand, der ein Verbrechen bemerkt, die Polizei rufen! Weil er dann die Täter verrät. Die USA sind weit von ihrer eigenen Verfassung abgerückt. Um das sichtbar zu machen riskieren Kämpfer für Freiheit das Äußerste. In den USA bleiben Mörder, die von Hubschraubern aus irakische Zivilisten zusammenschießen, frei. Aufklärer hingegen sind in den USA von Todesstrafe oder lebenslanger Haft bedroht. Auch nicht grade lecker, oder?`

  • R
    Rose

    Was soll diese Anti-Russland-Hetze?

    Dass die Beziehung zu Russland so schlecht sind,liegt ja wohl an den USA selbst.Mit jährlich hunderten Mio.Dollar wird eine "Opposition" gekauft mit dem Ziel,die Regierung in Russland zu destabilisieren.Separatistische Kräfte werden unterstützt mit dem Ziel,Russland in mehrere Teile zu spalten...Ein "Raketenabwehrsystem" wird an den Grenzen Russland etabliert-eindeutig gegen Russlands Abschreckungspotential(Zweitschlagskapazität) gerichtet.

    Und wieso soll die Regierung Russlands Befehle aus den USA entgegennehmen?Ist den dortigen Politikern eigentlich bekannt,dass Russland weder Kolonie noch "Bananenrepublik" der USA sind?Für Russland gelten genauso internationales Recht wie für jeden anderen Staat dieser Welt auch.Das scheint die US-Politiker aber nicht zu interessieren.

    Mir scheint,dass wortgewaltige Drohgebaren soll nur Ohnmacht und Schwäche verbergen!Das Imperium ist auf dem absteigenden Ast und irgendwie scheinen das selbst die US-Politiker zu spüren!

  • UZ
    und zu

    @Fred:

     

    Ernsthaft? Du haust auf Russland drauf, weil die nur mit fremden "Verrätern" so umgehen wie mit Snowden?

     

    Was ist mit den USA, den "Führern der freien Welt", das "land of the free", das weltweit die Werte mit Füßen tritt, deren Verteidiger sie zu sein behaupten, und die diejenigen, die diese Widersprüche aufdecken, als Hochverräter auf den Stuhl bringen wollen?

    Die bekanntesten politisch Verfolgten der Welt sind derzeit allesamt von den USA verfolgt, sind auf dem Weg ins Asyl, warten in Botschaften oder im Todestrakt.

    Willst du dich nicht lieber darüber aufregen?

  • S
    super

    @ Fred:

     

    „Ich liebe den Verrat, aber ich hasse Verräter.“

    Julius Cäsar

     

    Und so ist dies noch Heute.

  • F
    Fred

    Mit den Whistleblowern im eigenen Land pflegt Russland freilich einen andern Umgang. Nachdem der Journalist Grigorij Pasko die Verklappung von Atommüll durch die russsische Armee im japanischen Meer publik gemacht hatte, mußte er dafür mehrere Jahre ins Gefängnis. Russland mag die Geheimnisverräter anderer, die eigenen und vor allem die eigene Zivilgesellschaft werden gnadenlos gejagt.