USA liefert kanadischen Staatsbürger aus: „Muss sich der indischen Justiz stellen“
Der kanadische Staatsbürger Tahawwur Hussain Rana ist in Indien wegen Terrorismus angeklagt. Am Donnerstag wird er von den USA ausgeliefert.
Der kanadische Staatsbürger Tahawwur Hussain Rana wird von den USA an Indien ausgeliefert. Am Donnerstag wird der 64-Jährige in Indien erwartet, um 18 Uhr Ortszeit soll das Flugzeug aus den USA landen. US-Präsident Donald Trump hatte Ranas Auslieferung im Februar angekündigt und ihn als einen der „bösartigsten Menschen der Welt“ bezeichnet. Trump sagte: „Er muss nach Indien, um sich dort der Justiz zu stellen.“
Rana wird mit einer Serie koordinierter Anschläge in Zusammenhang gebracht: Am 26. November 2008 töteten Terroristen in der westindischen Küstenmetropole Mumbai mehr als 170 Personen. Für die Menschen in Indien war es ein Tag des Schreckens, der einen tiefen Graben zwischen Hindus und Muslime riss. Denn die Täter waren Muslime, mutmaßlich unterstützt von der pakistanischen Terrorgruppe Lashkar-e-Taiba. Sie gelangten über das Meer in den alten Süden der Stadt.
Rana war indischen Ermittlern zufolge ein Vertrauter der Terroristen. Er ist in Indien einer der Hauptangeklagten der Anschläge in Mumbai.
Rana kommt ursprünglich aus Pakistan, wo er als Arzt in der Armee diente. Ende der 1990er Jahre wanderte er nach Kanada aus. Nach seiner Einbürgerung zog Rana in die USA, ließ sich in Chicago nieder. Der als gläubig und zurückgezogen beschriebene Familienvater eröffnete dort ein Reisebüro, bot Einwanderungshilfe an und betrieb eine islamische Metzgerei.
Ein Migrationsbüro als Tarnung
Er half außerdem seinem alten Schulfreund David Coleman Headley (geboren als Daood Sayed Gilani), in Indien ein Migrationsbüro zu eröffnen. Das, so sagen die Ermittler, war eine Tarnung, die Headley für Erkundungsreisen nutzte, um Anschlagsziele auszuspähen. Es wird vermutet, dass auch Rana vor den Anschlägen nach Indien reiste.
2009 verhaftete das FBI Rana und Headley in Chicago. Der Vorwurf: Er habe einen Anschlag auf die dänische Zeitung Jyllands-Posten unterstützt, die durch Mohammed-Karikaturen ins Visier von Islamisten geraten war. 2011 begann der Prozess, 2013 wurde Rana wegen Unterstützung von Terrorismus und der verbotenen Organisation Lashkar-e-Taiba zu 14 Jahren Haft verurteilt.
Indien forderte jahrelang vergeblich Ranas Auslieferung, um ihn für seine Rolle bei den Mumbai-Anschlägen zur Rechenschaft zu ziehen. Behörden vor Ort werfen ihm „logistische und finanzielle Terrorhilfe“ vor. Rana bestreitet die Vorwürfe. Seine Verteidiger behaupten, ein Freund aus Militärschulzeiten habe ihn getäuscht.
Heikle Auslieferung
Die Auslieferung galt als heikel, auch wegen der langjährigen Verbindungen der USA zu Pakistan und Ranas Status als kanadischer Staatsbürger. Ein US-Gericht erklärte vor zwei Jahren jedoch, die Anklagen in Indien – Verschwörung, Terrorismus und Mord – erfüllten die Bedingungen des Auslieferungsvertrags zwischen den USA und Indien.
In Pakistan sorgte Trumps Entscheidung für eine Überraschung. Rana versuchte die Auslieferung per Eilantrag vor dem Obersten Gericht der USA zu verhindern. Er berief sich auf die Gefahr von Folter aufgrund seiner Identität als Muslim pakistanischer Herkunft und seines früheren Dienstes in der pakistanischen Armee. Sein Antrag scheiterte jedoch.
In Indien wächst derweil der Druck auf Rana. Manche fordern die Todesstrafe, wie der Vater eines ermordeten Polizisten oder die Überlebende Devika Rotawan. „Sechzehn Jahre sind vergangen (…) Es ist ein bisschen spät, aber wenigstens wird er endlich hierher kommen“, sagt sie erleichtert. Sie könne diese Nacht nicht vergessen, das wäre, als würde sie den Terroristen vergeben. „Jetzt müssen (die anderen Drahtzieher) David Headley und Hafiz Saeed noch hierher gebracht werden und ihre Strafe erhalten“, fordert die Mumbaier Politikerin Priyanka Chaturvedi. Sie hofft auf Aufarbeitung und Gerechtigkeit für die Betroffenen des Terroranschlags.
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