USA ködern Mediziner aus Kuba: Anstiftung zur Republikflucht
Die US-Regierung holt aktiv kubanische Ärzte ins Land. Das sei ein Stolperstein auf dem Weg der Annäherung an Kuba, sagen Kritiker.
BERLIN taz | 1.278 kubanische Ärzte sind zwischen Oktober 2013 und Oktober 2014 laut dem Cuban Medical Professional Parole Program, kurz CMPP, in die USA gegangen. Das sind rund 300 Mediziner mehr als im Vorjahr, die das Angebot der USA annahmen und sich bei einer der US-Botschaften, egal ob in Brasilia oder Bamako, meldeten, um ihren Dienst in einer der aus Kuba entsandten medizinischen Brigaden zu quittieren.
Das berichtete kürzlich die New York Times in einem Leitartikel und stellte den Lesern jenes Programm vor, das seit 2006 kubanischen Medizinern den roten Teppich ausrollt, wenn sie einer Hilfsmission im Ausland den Rücken kehren. Ob es sich dabei um eine medizinische Brigade handelt, die derzeit in Westafrika gegen die Ausbreitung des Ebola-Virus aktiv ist, oder eine Mission im brasilianischen Hinterland, ist unerheblich, so Dr. Michael Erisman von der Indiana State University.
Der Politikwissenschaftler ist ein renommierter Kritiker des CMPP und hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Obama-Regierung besser beraten wäre, das Programm ersatzlos zu streichen. Es sei ein Stolperstein auf dem Weg der Annäherung an Kuba und widerspreche den Worten von Außenminister John Kerry. Der hatte am 17. Oktober das kubanische Engagement in Westafrika gegen Ebola vollmundig gelobt.
Medinzinische Brigaden gelten als „Menschenhandel“
Doch das Programm, das vom Außenministerium und jenem für Heimatschutz verantwortet wird, läuft weiter. Als Vater des CMPP gilt der in Kuba geborene Diplomat Emilio González. Zwischen 2006 und 2008 war der ehemalige US-Militär Direktor der US-Einwanderungsbehörde. Er hat Kubas medizinische Brigaden als „staatlich geförderten Menschenhandel“ gegeißelt – dieser Logik folgt auch das CMPP. Das Programm sichert allen Ärzten, Gesundheitsspezialisten sowie Krankenschwestern und Krankenpflegern ein Visum und den permanenten Aufenthaltsstatus in den USA zu.
Hinter dieser Präferenzbehandlung einer spezifischen Berufsgruppe steht laut Aussagen der US-Administration kein politisches Motiv. Man wolle nicht die Unterstützung für linke Regierungen wie in Venezuela oder Bolivien schwächen, wo kubanische Ärzte aktiv sind, sondern gehe strikt nach humanitären Kriterien vor, hieß es bei der Vorstellung des Programms 2006 in Washington.
Ziel des US-Programms: Hilfe unterminieren
Diese Darstellung hat Michael Erisman in seiner 2012 erschienenen Studie zum CMPP allerdings widerlegt. Ziel des Programms sei, schreibt er, die medizinischen Hilfsprogramme Kubas, karitative wie kommerzielle, zu unterminieren. Letztere sind mit geschätzten Einnahmen von 8,2 Milliarden US-Dollar derzeit Kubas wichtigste Devisenquelle.
Die systematische Anstiftung zur Republikflucht ist laut Erisman eine handfeste Bedrohung für die Inselökonomie. Zu diesem Ergebnis kommt auch die New York Times in Ihrem Leitartikel. Die Zeitung wirft der US-Politik vor, zu weit zu gehen. Reagiert hat das State Department bisher nicht.
Leser*innenkommentare
Dudel Karl
Die USA: Skrupellos und verschlagen in der Durchsetzung ihrer Interessen.
Die USA: Weltgrößtes jährliches Militärbudget, aber offenbar nicht imstande, eigene Ärzte auszubilden.
Die USA: Verlogenste Demokratie der Welt.
Die USA: Eine Bankrotterklärung des Kapitalismus.
Yo!
Immer schön empören über die USA....und dabei völlig vergessen, dass wir genau dasselbe machen und Ländern wie Rumänien, Bulgarien aber auch Griechenland Ärzte und Krankenschwestern regelrecht aussaugen. Aber ich vergas: Das ist ja was GAAAAAANZ ANDERES.....
NurMalSo
@Yo! Nicht nur die ausgebildeten Fachkräfte. Auch die jungen Menschen. Auf dass in den von Dir genannten Ländern nur noch Hilfskräfte und Greise verbleiben. Und bei uns die Landschaften blühen.
Reinhold Schramm
zu @ YO!
Nein, auch hier handelt es sich um ein organisiertes, bundesdeutsches und staatlich-juristisch abgesegnetes Verbrechen! Ärzte und Fachkräfte werden auch in Rumänien und Bulgarien benötigt. Auch diese Gesellschaften mussten deren Ausbildung finanzieren! Insofern handelt auch die EU-BRD vergleichbar den Vereinigten Staaten!
Andreas J
Frechheit! Das medizinische Personal wird dringend im Kampf gegen Ebola gebraucht. Aber den Amis ist das scheißegal. Hauptsache Kuba eins auswischen und billig an ausgebildetes Personal kommen. Passt ja irgendwie zu Ferguson. Sterben ja nur Schwarze. Ekelhaft!
inok
Ich bin mal gespannt, wann die Kubaner massiv auf die Strasse gehen, feststellend "Wir sind das Volk!".
NETS_ROT
@inok Jedenfalls kommen sie nicht auf die dämliche Idee -"Wir sind ein Volk"
1714 (Profil gelöscht)
Gast
Interessiert würde ich die entrüsteten Kommentare lesen, wenn Russland ukrainisches Personal abwirbt.
Reinhold Schramm
Kuba finanziert zum Teil die Gesundheitsversorgung (nicht nur, aber auch) in den Vereinigten Staaten!
Kuba, ein von der ökonomischen und politischen Administration der Vereinigten Staaten seit mehr als 50 Jahren in (ökonomischer) Unterentwicklung gehaltenes Land, finanziert auf diesem Wege auch noch, unfreiwillig, die Ausbildung von Ärzten und beteiligt sich an der gesundheitlichen Grundversorgung in den USA.
Gleichzeitig liegen die Militärausgaben in den Vereinigten Staaten bei rund 650 Milliarden Dollar (ca. 500 Milliarden Euro) und die Ausgaben für den sog. Heimatschutz bei mehr als 400 Milliarden US-Dollar (ca. 310 Milliarden Euro). --
Trotz dieser gewaltigen Rüstungsausgaben verweigert die ökonomische und gesellschaftspolitische Administration der Vereinigten Staaten von Amerika weiterhin vielen Millionen amerikanischen Staatsbürgern einen auskömmlichen Gesundheitschutz.
Der Dienst kubanischer Ärzte in anderen Staaten ist kein Menschenhandel. Er sichert den kubanischen Familien, Kindern, Frauen und Männern, die soziale Existenz auf Kuba.
Die Handlungsweise der verantwortlichen Administration in den Vereinigten Staaten ist ein schweres Verbrechen, -- nicht nur gegenüber der Bevölkerung Kubas --, auch gegenüber großen Teilen der eigenen Bevölkerung!
TO_PAs
Immer das gleiche Muster - Wie damals in der DDR und Ostblock - im Falle der USA Kongo und anderen afrikanischen/ Lateinamerikanischen Staaten der Westen „spart“ sich die Ausbildungskosten und schädigt andere Volkswirtschaften. Gut ausgebildete Fachkräfte werden gezielt abgeworben – korrumpiert und damit den Ausbildungs-. Entsenderländern (die entsprechenden Kosten getragen haben) rücksichtslos ohne Entschädigung beraubt und damit auch ein jeder Bürger der Entsprechenden Länder.
Aber das ist das Prinzip der „Neuen Weltordnung“ die eher die Alte ist, des Raubtierkapitalismus – Eine Gesellschaft von Parasiten in Wohlstand auf Kosten „Anderer“ – oder nennen wir es beim Namen, AUSBEUTUNG der Schwächeren.