US-Wahlkampf nach Attentat: Trump wieder angriffslustig

Trump geht mit seinem Vize Vance auf Tour. Von den versöhnlichen Worte auf dem Parteitag keine Spur. Biden kämpft derweil ums politische Überleben.

er republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsident Donald Trump spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Van Andel Arena.

Präsentiert sich in gewohnter Manier – Donald Trump Foto: Kaytie Boomer/Saginaw News/AP/dpa

GRAND RAPIDS/WASHINGTON/dpa | Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat seine erste Wahlkampfkundgebung nach dem Attentat auf ihn genutzt, um gegen seinen strauchelnden Kontrahenten Joe Biden auszuteilen. Bei seinem ersten Auftritt mit seinem neuen Vizepräsidentschaftskandidaten J.D. Vance in Grand Rapids im Bundesstaat Michigan gab er sich angriffslustig wie eh und je. Er spottete über die Probleme des demokratischen Amtsinhabers Joe Biden, der mit einer Kritikwelle aus seiner eigenen Partei konfrontiert ist.

Trumps Team veröffentlichte erstmals Details zu dessen Schusswunde. Bei dem Attentat habe die Kugel den Kopf des Ex-Präsidenten um weniger als einen Zentimeter verfehlt, teilte Trumps Arzt Ronny Jackson in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Der Schuss habe den oberen Teil von Trumps rechtem Ohr getroffen und eine etwa zwei Zentimeter breite Wunde verursacht. Diese sei dabei, richtig zu heilen. Insgesamt gehe es Trump gut, und er erhole sich wie erwartet von der Attacke. Jackson betonte zugleich: „Es ist ein absolutes Wunder, dass er nicht getötet wurde.“

In Grand Rapids sagte Trump vor jubelnden Anhängern mit Blick auf das Attentat erneut: „Ich stehe nur durch die Gnade des allmächtigen Gottes vor euch.“ Erstmals präsentierte sich Trump bei einer Wahlkampfkundgebung gemeinsam mit seinem neuen Vize Vance. Bei einem Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee hatten die Delegierten die beiden vor wenigen Tagen offiziell zum Kandidaten-Duo für die Präsidentenwahl im November gekürt. „Ich habe die richtige Wahl getroffen“, sagte Trump über seinen neuen Kompagnon. „Er ist so gut.“

Trump schwärmte über das Treffen seiner Partei in Milwaukee. „Es war wie ein großes, schönes, viertägiges Fest der Liebe.“ Es habe keinen Streit gegeben, kein Geschrei, kein Gebrüll.

Schadenfreude über Bidens Krise

Der Republikaner spottete dagegen über den im August anstehenden Nominierungsparteitag der Demokraten. „Sie haben ein paar Probleme. Erstens: Sie haben keine Ahnung, wer ihr Kandidat ist.“ Trump verwies damit auf die Revolte der Demokraten gegen ihren Spitzenmann Biden, der bei der Wahl im November für eine zweite Amtszeit antreten will. Der 81-Jährige steht wegen seines Alters und Zweifeln an seiner geistigen Fitness jedoch massiv unter Druck. Eine wachsende Zahl von Parteikollegen ruft Biden öffentlich auf, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen.

Trump machte sich bei seinem Auftritt mehrfach über den demokratischen Amtsinhaber lustig. Biden finde nicht alleine den Weg von einer Bühne. „Er hat keine Ahnung, was er tut.“ Der Republikaner verunglimpfte seinen Konkurrenten als „schwachen alten Mann“ und „dummen Menschen“, der sich mit Faschisten, Kommunisten und schlechten Menschen umgebe.

Offensiv ging Trump auch Vizepräsidentin Kamala Harris an, die im Fall eines möglichen Rückzugs von Biden aus dem Wahlkampf als wahrscheinlichste Ersatzkandidatin gilt. „Sie ist verrückt“, wetterte Trump. Das könne er an ihrem Lachen erkennen. „Sie ist irre.“

Druck auf Biden wächst

Der kollektive Druck von Demokraten auf Biden wird derweil immer stärker. Unaufhörlich und in zunehmender Zahl wagen sich weitere Demokraten aus dem US-Kongress vor, um ihren Parteikollegen öffentlich zum Ausstieg aus dem Präsidentschaftsrennen aufzufordern. Zuletzt machten ein Dutzend weitere Demokraten innerhalb von 24 Stunden eine Rückzugsforderung an Biden publik. Auch der Ton wird dabei rauer. So gab ein Abgeordneter öffentlich zum Besten, Biden haben ihn jüngst bei einer Begegnung nicht mehr erkannt.

Hinter den Kulissen versucht Medienberichten zufolge auch die allererste Reihe der Partei, Biden zum Rückzug zu bewegen, darunter die beiden Top-Demokraten aus dem Kongress, Chuck Schumer und Hakeem Jeffries, wie auch die frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses und weiterhin einflussreiche Demokratin, Nancy Pelosi. Bidens früherer Chef, Ex-Präsident Barack Obama, soll ebenfalls Bedenken geäußert haben.

Biden, der sich derzeit wegen einer Corona-Infektion in seinem Privathaus in Rehoboth Beach im Bundesstaat Delaware isoliert und öffentlich nicht auftritt, gibt sich nach außen hin bislang unbeeindruckt von der parteiinternen Rebellion und kündigte für die kommende Woche seine Rückkehr auf die Wahlkampf-Bühne an. US-Medien zufolge schließt der 81-Jährige angesichts des enormen Widerstandes in den eigenen Reihen insgeheim einen Ausstieg aus dem Rennen aber nicht mehr kategorisch aus.

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