US-Wahl in einer gespaltenen Gesellschaft: Das Schlimmste liegt noch vor uns
Donald Trump ist nicht der Kandidat, den wir fürchten sollten. Die wirkliche Gefahr ist der gerissene Neofaschist, der unweigerlich folgen wird.
Die Wähler hatten geschworen, ihre Rache an den Wahlurnen zu nehmen. Der vielgepriesene Wohlstand des Landes war an ihnen vorübergegangen. Die liberale Haltung früherer Regierungen widerte sie an. Sie waren gegen Abtreibungen und für die Religion. Immigranten, hochnäsige Intellektuelle und zudringliche internationale Institutionen waren ihnen verdächtig – und nichts wollten sie so sehr, wie ihre Nation wieder groß zu machen.
Sie hatten eine Menge Wahlen verloren – aber dieses Mal gewannen sie. In Polen.
Zwei Wahlen gewann die konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) im vergangenen Jahr; einmal die Präsidentschaft und, mit einer überzeugenderen Mehrheit, die zum Parlament. Das war nicht einfach nur ein Sieg für die PiS. Es war ein Sieg für Polen B.
Seit seiner post-kommunistischen Transformation wird das Land oft als in zwei Teile gespalten beschrieben, die gemeinhin als „Polen A“ und „Polen B“ bekannt sind. Polen A verbindet ein Archipel von Städten und ihrer jungen, reicheren Einwohner. Polen B umfasst die ärmeren, älteren Teile der Bevölkerung, von denen viele sich in ländlichen Regionen sammeln, insbesondere im äußersten Osten des Landes, nahe der früheren Grenze zur Sowjetunion.
Nach 1989 und der Umsetzung einer schmerzhaften Serie wirtschaftlicher Reformen startete Polen A ökonomisch durch. Die Hauptstadt Warschau war 2010 einer der Orte Europas mit den höchsten Lebenshaltungskosten geworden und verwies selbst Brüssel und Berlin auf die Plätze. Neue Unternehmer und Firmenchefs packten eine Reihe ökonomischer Gelegenheiten beim Schopf, besonders nach dem polnischen EU-Beitritt im Jahr 2004.
Auf dem flachen Land dagegen fiel Polen B immer weiter zurück. Fabriken schlossen und viele landwirtschaftliche Betriebe konnten nicht mehr weitermachen, Arbeitsplätze verschwanden. Mehrere Millionen Polen suchten im Ausland eine bessere ökonomische Zukunft. Während also alles rund lief in Polen A alles, lag Polen B siech darnieder.
Bis zu den Wahlen von 2015 dominierten Polens Liberale das politische, ökonomische und kulturelle Leben. Auch wenn sie nicht unbedingt „liberal“ im amerikanischen, sozialstaatlich orientierten Verständnis sind, sind sie doch ganz allgemein weniger religiös, dafür toleranter und weltoffener als ihre konservativen Gegenüber. Sie rieben sich an den Bewohnern von Polen B in Fragen wie der Rolle der katholischen Kirche im öffentlichen Leben, der Zahl der im Land willkommenen Migranten oder in der Debatte, wie nahe Polen der Europäischen Union sein solle.
Kopien von Polen A und Polen B finden sich auch anderswo in Osteuropa. Das Bruttoinlandsprodukt der Hauptstädte der Region, wie Prag, Bratislava, Budapest, liegt deutlich über dem europäischen Durchschnitt, während die ländlichen Regionen leiden. Die B-Bevölkerung jedoch hat ihren zunehmend zweitklassigen Status nicht schweigend hingenommen. In der ganzen Region haben sie sich erhoben, um für populistische, häufig fanatisch rechtsradikale Parteien zu stimmen, die ihrer Enttäuschung eine Stimme geben und versprechen, ihre Länder wieder groß zu machen – so Fidesz und Jobbik in Ungarn oder Gerb und Ataka in Bulgarien. Diese Parteien sind durchgehend im europäischen Sinne anti-liberal. Sie stellen sich sowohl gegen deregulierte Märkte, als auch gegen tolerante und offene Gesellschaften.
leitet das Projekt „Foreign Policy In Focus“ am Institut für Politikwissenschaften in Washington, D.C. Sein dystopischer Roman „Splinterlands“ erscheint im Herbst 2016.
Selbst im westeuropäischen Kernland lässt sich Europa B dabei beobachten, wie es sich um nationalistische und migranten-feindliche Parteien sammelt, wie den Front National in Frankreich, Ukip in Großbritannien, die Schwedendemokraten oder die FPÖ in Österreich. Während Europa A versucht, die EU-Show am Laufen zu halten, ist Europa B bereits auf dem Weg zu den Ausgängen – Stichwort: Brexit.
Auch die USA sind gegenüber diesem Trend nicht immun. Mit dem Aufstieg einer aggressiven Version des amerikanischen Rechtspopulismus, wird sich das Land einer täglich schärfer werdenden Trennungslinie gewahr. Donald Trump macht zwar Schlagzeilen mit seinem Gerede von einer Mauer zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko, seine Kampagne wirft jedoch ein Schlaglicht auf eine viel wichtigere Spaltung – die zwischen Amerika A und Amerika B.
Der unwiderstehlichen Anziehungskraft der Promikultur, bei gleichzeitigem Ausschluss von fast allem anderen, folgend, haben sich die US-Medien auf die Person Donald Trump fokussiert. Viel wichtiger als er aber sind die Menschen, die ihn unterstützen.
Amerika B
In Barack Obamas programmatischer Rede auf dem Wahlparteitag der Demokraten 2004, jener Rede, die ihn berühmt machen sollte, widersprach Obama „jenen Experten die unser Land zerstückeln und teilen wollen“ – in das schwarze und das weiße Amerika, das liberale und das konservative Amerika, und nicht zuletzt in je nach Parteipräferenz so genannte „rote“ und „blaue“ Staaten. Obama präsentierte statt dessen die Vorstellung eines purpurnen Amerika: „Wir alle geloben Loyalität zu unserer Flagge, wir alle verteidigen die Vereinigten Staaten von Amerika“.
Seine mitreißende Rede machte Obama zu einem Namen auf der Landkarte des politischen Amerika – aber die Karte sollte ihre Rache nehmen. Kaum hatte Obama vier Jahre später das Weiße Haus erreicht, bekämpften die Vertreter der republikanischen -roten- Staaten jede Initiative des Präsidenten, sei es die allgemeine Krankenversicherung oder der Atomdeal mit dem Iran. In seiner Amtszeit wurde die politische Spaltung der Vereinigten Staaten somit nicht geringer, sondern tiefer.
In gewisser Weise aber hatte der Obama von 2004 durchaus recht. Die entscheidende Grenze in den Vereinigten Staaten hatte wenig zu tun mit Republikanern gegen Demokraten, reich gegen arm oder liberal gegen konservativ. Um diese klassischen Gegensätze wirklich explosiv werden zu lassen brauchte es einen milliardenschweren republikanischen Populisten, der einst ein klarer Demokrat gewesen war und jetzt eine politische Plattform anbot, die liberale und konservative Programmatik miteinander verschmolz, Verschwörungstheorien und rassistische Stimmungen damit verband und vor allem das Signal an Amerika B gab, aufzustehen und sich das Land zurückzuholen. Tatsächlich hat der Erfolg Trumps bei den republikanischen Vorwahlen die Experten ratlos in ihren Think Tanks zurückgelassen. Was um Gottes Willen passiert mit den amerikanischen Wählern?
Die Experten sahen Trump als Ausnahmefall, als besondere Mutation des politischen Systems, hervorgerufen von der unheiligen Verbindung des Reality TVs und der Tea-Party-Bewegung. Aber Trump ist durchaus keine Laune der Natur. Er ist der Spiegel eines weltweiten Trends. Er ist auf viele Arten der Lautsprecher jenes Amerika B.
Die Schwierigkeiten Trumps Wählerbasis zu beschreiben, sind legion. Es ist viel leichter die Menschen zu benennen, die niemals für ihn stimmen würden: von seinen rassistischen Ausfällen gegen mexikanische Immigranten und einen Bundesrichter verärgerte Latinos, über seine sexuellen Anspielungen und der Frauenfeindlichkeit empörte Frauen und praktisch jede Person mit höherer Bildung. Diese Wählerschichten verloren zu geben – insbesondere Frauen, die 2012 53 Prozent der Wahlberechtigten stellten – sollte Trumps Ambitionen auf das Amt des Präsidenten zum Scheitern verurteilen.
Und doch: Trump scheint vielen Wählern ein klammheimliche Freude zu sein, grade so, als würden sie alle Folgen eine Fernsehserie über einen Serienmörder an einem Nachmittag schauen oder ein Kilo gesundheitsgefährdender Eiscreme auf einmal essen. Der Drang, ihn zu wählen, wird nicht außerhalb der Privatheit einer Wahlkabine ausgelebt. Der Mann ist ein Weg, politisch Dampf abzulassen.
Trumps Wähler sind mit großer Mehrheit weiße Männer mittleren Alters, mit niedrigem Einkommen, deren Ausbildung nicht über einen High-School-Abschluss hinausgekommen ist. Dabei sind sie aber nicht dumm, oder stimmen gar gegen ihre ökonomischen Interessen ab, wie Thomas Frank über republikanische Mittelklassewähler in seinem scharfsinnigen Buch „What's the Matter with Kansas?“ urteilt. Trump mag ja ein Milliardär sein, aber er hat ein ökonomisches Programm vorgestellt, das von der nackten Kapitalherrschaft der Partei Mitt Romneys durchaus abweicht.
Er lehnte Handelsabkommen ab, die amerikanische Arbeitsplätze outsourcen würden, er unterstützte höhere Steuern für Hedge-Fund-Manager, und erklärte seine Absicht, Sozialhilfe und Krankenversicherung zu schützen. Selbstverständlich hat Trump auch Dinge gesagt, die diesen Positionen direkt widersprechen, aber: Der Milliardär hat ein Bild von sich konstruiert, das gut ankommt in Amerika B: das Bild eines triumphierenden Max Mustermann (mit Milliarden an Wechselgeld in der Tasche). Er hat, ob nun bewusst oder nicht, nach dem Europa-B-Lehrbuch eine dem unregulierten Markt gegenüber skeptische Haltung mit einem Haufen nationalistischem Getöse verknüpft. Das ganze ist in seiner Erscheinung dem Faschismus zwar verwandt, in der amerikanischen Variante jedoch fest in einer Zelebrierung des privaten Unternehmertums verankert.
Was Trump ebenfalls herausstellt, ist seine Absicht, „Amerika wieder groß zu machen“. Seine Gegner haben versucht zu erwidern, dass Amerika ja längst groß sei, schon lange groß war und immer groß sein würde. Die Wahrheit aber ist, dass die vergangenen zwei Jahrzehnte für viele Amerikaner nicht sonderlich großartig waren.
Mehr als Trumps maßlose Ausbrüche und spontanen Schmähungen ist dieses Diktum – „Amerika wieder groß machen“ – das, was Amerika A von Amerika B trennt. Während die Wirtschaft des Landes ein respektables Wachstum erfährt und die Arbeitslosenquote erstmals seit 2008 weniger als fünf Prozent beträgt, hat Amerika B nichts von diesem Wohlstand abbekommen. Von der großen Transformation, die das Land seit 1989 durchläuft hat Amerika B nicht profitiert, es leidet darunter und war besonders schwer von dem wirtschaftlichen Beinahezusammenbruch in der Krise 2007/08 getroffen.
Der Umbruch ist überall
In den 1990ern veränderten die Vereinigten Staaten ihre politische Ökonomie. Die Verschiebung war nicht derart dramatisch wie die Systemwechsel im eurasischen Raum, hatten aber dennoch tiefgehende Folgen in der Neuausrichtung des Wahlverhaltensin Amerika.
In jenem Jahrzehnt beschleunigte die US-Wirtschaft die Verschiebung von der unmittelbaren Produktion, hin zur immer dominanteren Dienstleistungswirtschaft. Für den Beschäftigungsstand bedeutete das ein Absinken der Zahl von Arbeitsplätzen in der Produktion von 18 Millionen im Jahr 1990 auf 12 Millionen 2014, bei gleichzeitigem Absturz der Löhne für diese Tätigkeiten. Im selben Zeitraum wuchs allein der Bereich der Gesundheits- und Sozialfürsorge von 9.1 Millionen auf 18 Millionen Arbeitsplätze. Auf der einen Seite dieser Dienstleistungsgesellschaft verdiente das „eine Prozent“ mit Finanzdienstleistungen astronomische Summen. Auf der anderen Seite fanden sich Menschen, die zusätzlich zu ihren Vollzeitjobs Schichten bei McDonalds oder Walmart schieben oder ihre Freizeit als Uber-Fahrer ökonomisieren mussten, um gerade so viel Geld zu verdienen, wie sie oder ihre Eltern früher mit der Arbeit in der heimischen Fabrik bekamen.
Amerika sah sich dieser Verschiebung nicht alleine gegenüber. Dank technischer Innovationen wie Computern und Robotern, leichterem Zugang zu billigen Arbeitskräften an Orten wie Mexiko und China, dem Aufstieg des Internets und der Deregulierung der Finanzwelt wurde die globale Wirtschaft in der gleichen Weise transformiert. Der klassische Arbeiter spielt in einer fortgeschrittenen Wirtschaft keine zentrale Rolle mehr. Die Muskeln aus Amerika B werden für die Entfaltung des Potentials von Amerika A einfach nicht mehr benötigt.
Es gab eine Zeit, da Regierungsprogramme mit Steuern und Sozialhilfe den Abstand zwischen wirtschaftlichen Gewinnern und Verlierern zu verringern suchten. In den 1980ern aber brach über die Vereinigten Staaten die wahnhafte Idee der „geschrumpften Verwaltung“ (small government) herein; eine Programmatik, die übrigens wenig mit dem tatsächlichen Umfang des Verwaltungsapparates zu tun hatte, zuerst durch Ronald Reagans Republikaner, später auch durch Fraktionen innerhalb der Demokratischen Partei. Während der 1990er dann kooperierten beide Parteien bei der drastischen Reduzierung der Unterstützung für Menschen mit geringem Einkommen.
Genau wegen dieser Neuausrichtung konnte nun ein Teil der amerikanischen Bevölkerung weder auf die Unterstützung durch die Republikaner, noch die der Demokraten zählen. Während der wirtschaftlichen Expansion der Clinton-Jahre verloren sie ihre guten Jobs und von den Steuersenkungen der Bush-Ära konnten sie auch kaum profitieren. Statt dessen fanden sie sich in den Obama-Jahren wieder: länger arbeitend und dabei weniger Geld verdienend. Gleichzeitig entwickelte sich ein neuer liberal-konservativer Konsens. Sowohl die gutgestellten Liberalen, als auch die „1-Prozent-Konservativen“, sonst über Kreuz in so vielen politischen und kulturellen Fragen, kamen überein, Amerika B sich selbst zu überlassen.
Ökonomisch zurückgeblieben und mit dem Gefühl, von den Politikern beider Seiten betrogen worden zu sein, hätte Amerika B mit einer starken sozialistischen Tradition sicher auch nach links rücken können. Während der Vorwahlen 2016 haben denn auch viele der ökonomisch Schwächeren Bernie Sanders unterstützt – nicht zuletzt der jüngere Nachwuchs von Amerika A, getragen von der Angst, nach Amerika B abgeschoben zu werden. Anders als Europa B jedoch war Amerika B viel mehr von robustem Individualismus geprägt, denn vom Klassenstandpunkt. Seine Bewohner würden eher einen Lottoschein ausfüllen und auf den großen Gewinn hoffen, als von Almosen aus Washington abzuhängen, von grundlegender Krankenversicherung und Sozialhilfe einmal abgesehen. In gewisser Weise ist Donald Trump ihr Lotterielos.
Unterlegt ist das alles mit der Wut der Einwohner von Amerika B. Sie sind angewidert von der immer gleichen Politik in Washington und der heuchlerisch-scheinheiligen politischen Elite die sie hervorbringt. Sie sind wütend darüber, dass die Reichen sich mit ihren bewachten Wohnanlagen und Offshore-Konten von der amerikanischen Gesellschaft praktisch losgesagt haben. Fokussiert haben sie ihre Verbitterung derweil auf jene, von denen sie meinen, sie hätten ihnen die Arbeitsplätze genommen: Immigranten, Nicht-Weiße, Frauen. Ihr Verlangen nach jemandem, der einmal „sagt, wie es ist“, ist so drängend, dass sie über Donald Trumps unentwirrbare Verbindung mit genau jener Elite, die so viel für die Vertiefung des Grabens zwischen den beiden Amerika getan hat, hinwegsehen.
Zurückgelassen
Die Vorwahlen lassen eine geschwächte Demokratische Partei zurück, die sowohl versucht, ihre Einigkeit herauszustellen, als auch die Bedeutung der kommenden Wahl zu betonen. Tatsächlich sehen die Experten in 2016 „die vielleicht wichtigste Präsidentschaftswahl unseres Lebens“ (Bill O'Reilly) und „einen Schlüsselmoment unserer Zeit“ (Sean Wilentz).
Wenn wir jedoch Polen als Schablone nehmen, wird die Präsidentschaftswahl in diesem Jahr gar nicht die entscheidende sein. Auch wenn Donald Trump für Amerika B sprechen mag, ist er doch ein schwacher Kandidat. Die Quote der Ablehnung seiner Person ist hoch, sein politischer Lebenslauf ist keine Empfehlung und sein Hang zu Schnellschüssen wird ihm unzählige selbst verursachte Wunden zufügen. Selbst wenn er es schaffen sollte, im November zu gewinnen, würde er einer gespaltenen Republikanischen Partei gegenüberstehen, genauso wie einer nachdrücklich feindseligen Demokratischen Partei und einer urbanen politisch-ökonomischen Elite, die seine unpraktikablen und widerwärtigen Ideen zurückdrängen wird.
Das entspräche der Situation mit der sich die PiS 2005 in Polen konfrontiert sah, als sie das erste Mal nur knapp an die Macht kam. Das polnische Parlament war gespalten und somit nicht in der Lage, die populistische Agenda der PiS umzusetzen. Die liberale Opposition kehrte zwei Jahre darauf an die Macht zurück, wo sie für weitere acht Jahre verblieb.
Als aber die PiS im vergangenen Jahr erneut gewann, hatten sich die Bedingungen geändert. Ihre endlich erreichte komfortable Parlamentsmehrheit erlaubte es ihr, eine der Tea Party ähnliche Programmatik zur Transformation Polens durchzudrücken. Dazu surften sie auf einer Welle der Europa- und Migrantenfeindlichkeit, die den Kontinent praktisch überschwemmt hatte.
Die wirklich wichtigste Wahl
Amerika B spürt eine Zuneigung zu Donald Trump und seiner fast kindlichen Dreistigkeit. Derzeit sind seine Unterstützer mehr an die Person, als an ein Programm oder eine Partei gebunden. Vielen seiner Anhänger ist es sogar egal, ob er wirklich meint, was er sagt. Verliert er, wird er verblassen und, im politischen Sinne, nichts zurücklassen.
Die wirkliche Veränderung wird dann kommen, wenn ein raffinierterer Politiker, mit einer echten politischen Maschine im Rücken, anfängt, Amerika B zu umwerben. Vielleicht entscheidet sich ja die Demokratische Partei, wieder zu ihren populistischen Wurzeln aus der Mitte des 20. Jahrhunderts zurückzukehren. Vielleicht beenden die Republikaner ihren Hang zu Geschenken an das eine, reiche, Prozent.
Wahrscheinlicher aber ist, dass aus den Schatten eine viel bedrohlichere politische Kraft ans Licht tritt. Wenn diese neue, neofaschistische Partei ihren charismatischen Präsidentschaftskandidaten aufstellt – das wird die wichtigste Wahl in unserer Lebenszeit sein.
Solange Amerika B hängengelassen wird von dem was wir Moderne nennen, wird es unvermeidlich versuchen, das gesamte Land zurück in ein halluziniertes Goldenes Zeitalters zu ziehen, eine Zeit bevor all diese „anderen“ unsere Träume entführten. Donald Trump hat seine Kampagne an dieses Amerika B angekoppelt. Der wirkliche Albtraum jedoch wird wahrscheinlich 2020 oder noch später Realität werden, wenn ein viel fähigerer Politiker mit den selben rückwärtsgewandten Positionen Amerika B nach Washington führt.
Es wird egal sein, wie sehr Liberale und Konservative gegen „dumme“ oder „verrückte“ Wähler wettern. Auch Donald Trump wird nicht mehr als Zielscheibe zur Verfügung stehen. Am Ende werden sie niemand anderem mehr Vorwürfe machen können – nur noch sich selbst.
Dieser Text erschien zuerst auf TomDispatch.com. Die Republikation dieser leicht gekürzten Version erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Webseite. Übersetzung aus dem Englischen: Daniél Kretschmar.
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