US-Streamer Hasan Piker: Einreise nur nach Gesinnungstest
Ein linker Streamer wurde bei der Einreise in die USA festgehalten – trotz US-Pass. Geht es um die gezielter Einschüchterung regimekritischer Stimmen?

Der US-Bürger und linke Streamer Hasan Piker ist bei der Einreise in die USA festgehalten worden. Nach seiner Schilderung hielten ihn Inspektoren der Zoll- und Grenzschutzbehörde der Vereinigten Staaten (Customs and Border Protection, CBP) am O’Hare International Airport in Chicago, Illinois, auf und befragten ihn über seine politische Haltung und Kontakte zur Hamas und den Huthi-Rebellen. „Der Grund ist meiner Meinung nach die Erzeugung einer Atmosphäre der Angst. Um Menschen wie mich, oder wenigstens die, die nicht über dasselbe Maß von Sicherheit verfügen, dazu zu bringen, den Mund zu halten“, kommentierte er später in einem Stream.
Piker gab an, von Paris zu einem Vortrag an der University of Chicago unterwegs gewesen zu sein. Nach der Landung wartete er demnach in der Global-Entry-Schlange, die eine schnellere Einreise ermöglicht. Von dort wurde er für eine Befragung weggeführt. Er habe sofort seine Familie und sein Management informiert und eine Nachricht an seinen Anwalt abgesetzt.
In einem Gefangenenbereich auf dem Flughafen habe Piker zusammen mit verängstigt aussehenden Familien und sogar einer alten Frau im Rollstuhl gewartet, er sei der einzige US-Bürger dort gewesen. In einem separaten Raum innerhalb der Detention Area befragte ihn dann ein Zollinspektor.
Obwohl er die Aussage hätte verweigern können, wollte er herausfinden, wohin sich die Situation entwickelt, gab Piker an. Der Mann sei freundlich gewesen, habe aber den Eindruck erweckt, genau zu wissen, wer Piker sei und wo er politisch stehe. „Sie wollten etwas von mir erfahren, das sie nutzen können, um mich permanent festhalten zu können“, sagte Piker. Er sei nach seiner Meinung über Trump gefragt worden sowie seiner Verbindung zur Hamas und den Huthis. Ob er einen Huthi interviewt habe. Fragen wie „Halten Sie die Hamas für eine Widerstandsbewegung oder eine terroristische Organisation?“ habe er mit seiner pazifistischen Haltung beantwortet: Kriege seien zu beenden.
Hasan Piker, Streamer, über die US-Regierung
Wegen einer Meinung über die Hamas dürfe ein US-Bürger gegenwärtig nicht festgehalten werden, stellt Piker später klar. „Das Gesetz wird sich möglicherweise ändern, aber noch habe ich nichts gesagt, das illegal ist.“ Ihm diese Fragen überhaupt zu stellen hingegen, sei illegal und sollte ihn wohl verängstigen, meint Piker. „Sie sind faschistisch“, fasst er seine Erfahrung später in einem Stream zusammen.
Seit die Trump-Regierung an der Macht ist, haben schon andere Trump-kritische Influencer von Befragungen bei der Einreise berichtet, die an Gesinnungsprüfungen erinnern. Pikers Befragung ging zum Beispiel die einer jungen Frau voraus, die auf dem Tiktok Account „eyesofsav“ von der Durchsuchung ihrer technischen Geräte und Social-Media-Accounts berichtete.
Daycare gegen Manosphere
Hasan Piker alias Hasan Abi, der „große Bruder“ aus dem Internet, ist der erfolgreichste linke Streamer der englischsprachigen Welt. Auf der Plattform Twitch folgen ihm mehr als 2,8 Millionen Accounts. Hier brüllt er täglich rund acht Stunden sein Publikum an. „Daycare“ nennen Hasanabi-Heads das, quasi eine Betreuung für Erwachsene. Man sieht zusammen Nachrichten, Dokumentationen, aber auch mal trashige Unterhaltungsformate, lacht über den Tod der Queen oder amerikanische Polizisten.
Die Herauslösung junger Männer aus der Manosphere, also des im Internet dominierenden rechten Echoraums für Männer, ist eines seiner noblen Anliegen. Wegen seiner explizit propalästinensischen und antizionistischen Haltung, die er sauber von Antisemitismus zu trennen können glaubt, zieht er aber auch reichlich Kritik auf sich.
Tricia McLaughlin, eine Sprecherin von Homeland Security, die der CBP vorsteht, postete dazu, Piker lüge, er sei nicht wegen seiner politischen Überzeugungen festgehalten worden. Solche Befragungen könnten jeder reisenden Person passieren. Piker kommentiert, die Administration verneine lediglich, dass er aus politischen Gründen festgehalten worden sei.
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