US-Sicherheitsberater Bolton in Ankara: „Bolton macht einen schweren Fehler“
Erdoğan lässt ein Treffen mit dem US-Sicherheitsberater platzen. Zuvor hatten die USA der Türkei Bedingungen für ihren Abzug aus Syrien gestellt.
Während dieser lediglich von Erdoğans Sprecher İbrahim Kalın empfangen wurde, sagte Erdoğan im Parlament: „John Bolton macht einen schweren Fehler. Es ist unmöglich, Boltons Botschaft aus Israel zu schlucken oder zu akzeptieren“. Vor seiner AKP-Fraktion sagte Erdoğan weiter: „Wir werden sehr bald zur Tat schreiten, um die Terrorgruppen (gemeint ist die YPG) in Syrien zu neutralisieren. Unsere militärischen Vorbereitungen sind nahezu abgeschlossen. Die, die am Terrorkorridor (entlang der türkischen Grenze) beteiligt sind, werden die notwendige Strafe erhalten.“
Dieser öffentliche Affront gegenüber Trumps wichtigstem Mann zeigt den Zorn in Ankara über die Entwicklung in der Syrien-Politik Washingtons. Nachdem Trump persönlich Erdoğan kurz vor Weihnachten in einem Telefonat zugesagt hatte, die US-Soldaten aus Syrien kurzfristig abzuziehen und der türkischen Armee dann gegenüber der YPG freie Hand zu lassen, wird diese Ankündigung nun Schritt für Schritt zurückgenommen.
Recep Tayyip Erdoğan
Nachdem Trump für seine einsame Entscheidung zum Rückzug auch von Senatoren aus seiner eigenen Partei scharf kritisiert worden war, ließ er zunächst durchblicken, der Rückzug könne auch länger dauern, womöglich ein Jahr statt einen Monat, wie zunächst angekündigt. Dann präzisierten sein Außenminister Mike Pompeo und sein Sicherheitsberater John Bolton, dass ein Abzug nur infrage komme, wenn die Türkei die YPG nicht angreiffe.
Laut New York Times soll Bolton in Israel hinter verschlossenen Türen sogar angedeutet haben, dass ein US-Kontingent auch dauerhaft in Syrien stationiert bleiben könnte. Das ist nun das genaue Gegenteil von dem, worauf die Türkei gegenüber den USA nun schon seit Jahren drängt. Für die Türkei sind die Kämpfer der YPG als syrischer Ableger der türkisch-kurdischen „Terrororganisation“ PKK nichts anderes als „Terroristen“. Aus türkischer Sicht, das gilt nicht nur für die Regierung, ist es ein Unding, dass ihr Nato-Verbündeter USA sich ausgerechnet mit der YPG zusammengetan hat, um den IS zu bekämpfen.
Pompeo tourt derweil durch arabische Länder
Erdogan gibt sich deshalb fest entschlossen, zur Not auch im Alleingang zum dritten Mal in Syrien einzumarschieren. „Wir bekämpfen nicht die Kurden“, sagte Kalın zu Bolton, „sondern die Terrororganisation YPG“. Mit den Kurden habe die Türkei kein Problem. Ähnlich hatte Erdoğan bereits in einem Artikel für die New York Times am Wochenende argumentiert.
Gleichzeitig mit Boltons Besuch in Israel und der Türkei reist US-Außenminister Pompeo durch acht arabische Länder, um dort dem Eindruck entgegenzuwirken, die USA würden sich aus dem Nahen Osten insgesamt verabschieden. In Saudi-Arabien ging es dabei auch um den aus US-Sicht schädlichen Konflikt, den die Saudis mit Katar angezettelt haben. Katar bildet nun eine Achse mit der Türkei und Iran, was die Iran-Politik der USA schwächt.
Eine ähnliche Botschaft wollte Pompeo auch in Ägypten loswerden. Geplant war für Donnerstag eine große Rede Pompeos an der Universität von Kairo, wo genau vor 10 Jahren schon Präsident Barack Obama wenige Monate nach seinem Amtsantritt seine Nahostpolitik verkündet hatte. Thema: „Amerika als Macht des Guten“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW