US-Republikaner nach den Midterms: Vorsicht mit dem Wunschdenken!

Nach dem unerwartet schwachen Abschneiden der Republikaner bei den Midterms reden viele das Ende der Ära Trump herbei. Doch das ist verfrüht.

Gouverneur DeSantis jubelt im Konfettiregen.

Irgendwo am rechten Rand: Floridas Gouverneur DeSantis mit Sohn auf der Wahlparty am 9. November Foto: Rebecca Blackwell/ap/dpa

Die mit fast 17 Milliarden Dollar Wahlkampfkosten teuersten Halbzeitwahlen in den USA sind vorbei. Die De­mo­kra­t*in­nen haben besser abgeschnitten als erwartet, und wer die politische Debatte in den USA dieser Tage verfolgt, kann den Eindruck gewinnen, diese Midterms seien nicht wie sonst ein Referendum über den amtierenden Präsidenten gewesen – sondern über dessen Vorgänger.

Donald Trump hatte sich in die Vorwahlen auf republikanischer Seite eingemischt wie kaum jemand zuvor, und so ist es nur logisch, dass viele verkaterte Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen jetzt der Meinung sind, der Narzisst in Mar-a-Lago schade ihrer Partei, weil unfähige Trump-Kandidat*innen gewinnbare Mandate verloren. Immer lauter werden die Stimmen, die den eindeutigen Wahlsieger, Floridas wiedergewählten republikanischen Gouverneur Ron DeSantis, bei der Präsidentschaftswahl 2024 als ihren Kandidaten sehen wollen. Die Partei müsse das Kapitel Trump jetzt abschließen und nach vorn blicken, heißt es in unzähligen Foren und Kommentarspalten.

Das klingt vordergründig gut, und etliche Kom­men­ta­to­r*in­nen gerade im Ausland schreiben schon in einer Weise, als seien diese Wahlen der Wendepunkt, der die USA wieder auf einen Kurs der zivilisierten politischen Auseinandersetzung jenseits von Gewaltaufrufen, Lügen, Hass und wildesten Verschwörungserzählungen bringe.

Doch das ist Wunschdenken. Mag sein, dass sich die republikanische Partei tatsächlich aus Trumps Fängen lösen kann und De­San­tis der neue starke Mann wird. De­San­tis ist jünger und nicht so selbstbezogen wie Trump – aber mit seinen Po­si­tio­nen wäre er, auf Deutschland übertragen, irgendwo am äußersten rechten Rand der AfD anzusiedeln. In der Ära vor Trump hätte er als „zu extrem“ gegolten, um als Kandidat auf nationaler Ebene erfolgreich sein zu können. Das ist heute anders.

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Denn die politischen Verschiebungen innerhalb des US-Konservativismus, die Trump erst möglich gemacht haben, sind in den vergangenen sechs Jahren nur verfestigt worden. Trumps Maga-Bewegung, ein durchgeknallter Personenkult mit nationalrevolutionären Zügen, mag ihren dominierenden Einfluss verlieren. Aber sie ist groß genug, um gebraucht zu werden, und passt ins heutige republikanische Spektrum.

Der ideologische Kern der Partei besteht nicht mehr nur in der Skepsis gegenüber einem Staat, der zu viele Steuern verlangt. Die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen heute sind eine Partei des Antiliberalismus Orban’schen Zuschnitts. Und diese Leute kontrollieren künftig das Repräsentantenhaus, womöglich auch den Senat. Das sind denn doch keine guten Nachrichten, die von diesen Halbzeitwahlen ausgehen.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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