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US-PräsidentschaftswahlenHarris' Dilemma beim Klimaschutz

Für Kamala Harris ist Klimaschutz wichtig. Umweltverbände gehen davon aus, dass sie mit ihr eine starke Unterstützerin haben werden.

Mit Kamala Harris als US-Präsidentin könnten Kli­ma­schutz­ak­ti­vis­t*in­nen mehr Unterstützung erhalten Foto: David Becker/AP

Washington taz | „Sie wird jeden Tag dafür kämpfen, dass alle Amerikaner Zugang zu sauberer Luft, sauberem Wasser und einer gesunden Umwelt haben“, bestätigte die ehemalige Klimaberaterin des Weißen Hauses, Gina McCarthy, in einer Stellungnahme. Gleichzeitig bedarf es aber sowohl im Wahlkampf als auch als mögliche erste Präsidentin der USA eines gewissen Fingerspitzengefühls, da noch immer Tausende von Arbeitsplätzen vom Erfolg der amerikanischen Öl- und Gasindustrie abhängig sind. Es ist eine Situation, mit der auch Präsident Joe Biden während der vergangenen Jahre konfrontiert wurde.

Als Vizepräsidentin hat Kamala Harris am größten Klimagesetzespaket in der Geschichte der USA mitgearbeitet. Der Inflation Reduction Act, der vor fast zwei Jahren von Biden unterzeichnet wurde, hat zu Milliardeninvestitionen und Hunderttausenden neuen Arbeitsplätzen in Sektoren wie erneuerbare Energien oder Batteriefertigung geführt. Und trotzdem haben die USA im vergangenen Jahr so viel Öl- und Erdgas gefördert wie noch nie zuvor.

Es ist ein Paradox, mit dem sich einige Demokraten, vor allem aus dem progressiven linken Flügel der Partei, nicht so recht anfreunden können. Während des UN-Klimagipfels in Dubai im vergangenen Dezember erklärte Kamala Harris, dass es transformierende Veränderung brauche, um gegen den Klimawandel vorzugehen. Die Zeit der kleinen Schritte sei vorbei. „Überall auf der Welt werden Gemeinden von Dürren erdrückt, von Überschwemmungen weggeschwemmt und von Hurrikans verwüstet. Der Rauch von Waldbränden verdunkelt unseren Himmel und der steigende Meeresspiegel bedroht das Leben und die Existenzgrundlage von Millionen von Menschen. Die Dringlichkeit dieses Augenblicks ist klar“, sagte sie damals und warnte: „Die Uhr tickt nicht mehr nur, sie hämmert. Und wir müssen die verlorene Zeit aufholen.“

Für Harris sind solche Aussagen keineswegs nur Floskeln. Ihre Arbeit im Bereich Umwelt- und Klimaschutz reicht bis an den Start ihrer Karriere im öffentlichen Dienst zurück. Als Bezirksstaatsanwältin in San Francisco gründete sie 2005 eine der ersten Einheiten im Land, die sich speziell auf Umweltverbrechen konzentrierte. Als Generalstaatsanwälten des Bundesstaates Kalifornien erwirkte sie Vergleiche in Milliardenhöhe.

Klagte sogar schon gegen die Obama-Regierung

Dazu gehört unter anderem der Vergleich mit Volkswagen, nachdem die Wolfsburger der Manipulation von Dieselfahrzeugen unter Beihilfe einer Abgas-Betrugssoftware überführt wurden. Der deutsche Autobauer verpflichtete sich 2016, insgesamt 14,7 Milliarden Dollar in die Hand zu nehmen, um den verursachten Schaden in den USA zu beheben. Sie erwirkte außerdem Vergleiche mit den Ölfirmen Phillips 66 und ConocoPhillips wegen Umweltverstößen.

Sie schreckte auch nicht davor zurück, Ex-Präsident Barack Obama und dessen Regierung zu verklagen, nachdem diese entschlossen hatte, Genehmigungen für die kontroverse Fracking-Methode zur Öl- und Erdgasgewinnung vor der kalifornischen Küste zu erteilen. „Wir sind zuversichtlich, dass sie bereit ist, das historische Erbe von Präsident Biden fortzuführen und die Messlatte für den Klimaschutz in Amerika noch höher zu legen“, sagte Evergreen Geschäftsführerin Lena Moffitt.

Harris könnte grüner als Biden werden

Evergreen ist eine von mehreren namhaften Umweltgruppen, darunter auch der Sierra Club, der League of Conservation Voters Action Fund und der NRDC Action Fund, die Harris ihre Unterstützung im Wahlkampf ausgesprochen haben. Da sie in der Vergangenheit nicht davor zurückgeschreckt hat, gegen die amerikanischen Ölkonzerne vorzugehen, gibt es Stimmen, die behaupten, dass Harris als mögliche US-Präsidentin vielleicht sogar noch mehr für den Klimaschutz tun würde, als Joe Biden bereits getan hat. Zwar hat Biden mit seinem Klimagesetz eine Transformation im Land eingeleitet und die wirtschaftlichen Bedingungen von grünen Technologien drastisch verbessert. Doch um dies zu erreichen, musste er auch jede Menge Zugeständnisse an die Öl- und Erdgasindustrie machen.

Dies ist der politischen Realität im Land geschuldet. Dass sich dies auch mit Harris an der Spitze nicht dramatisch ändern wird – davon ist auszugehen. Sollte Harris, wie zu erwarten, die Nominierung der demokratischen Partei als neue Präsidentschaftskandidatin erhalten, dann ist ihre Bilanz in Klima- und Umweltangelegenheiten nicht nur eine ihrer größten Stärken, sondern auch eine bedeutende Schwäche.

Kontrast zu Trump

Ihr Kontrahent im Wahlkampf, Ex-Präsident Donald Trump, bezeichnet den menschengemachten Klimawandel als „Schwindel“ und „Scheinproblem“. Auf seinen Wahlkampfkundgebungen fordern er und seine Anhänger immer wieder „Drill, baby, drill“ (Bohre, Baby, bohre), eine Anspielung darauf, die Förderung von fossilen Brennstoffen in den kommenden Jahren weiter auszubauen. Es ist eine Position, die vor allem unter republikanischen Wählern weiterhin äußerst weit verbreitet ist.

Hinzu kommen aber auch wirtschaftliche Umstände. Der Absatz von Elektrofahrzeugen ist in den USA noch immer verschwindend gering. Nur 8 Prozent aller Autoverkäufe im vergangenen Jahr waren E-Autos. Auch sind Alternativen zum Kerosin im Flugverkehr oder zum Schweröl im Schiffsverkehr noch Jahre entfernt.

Als Präsidentschaftskandidatin während der demokratischen Vorwahlen im Jahr 2019 sprach sich Harris für eine CO2-Steuer, ein Verbot von Fracking auf öffentlichen Ländereien und eine Investition von 10 Billionen Dollar zum Kampf gegen die globale Erderwärmung aus. Als sie Bidens Wahlkampf schließlich als Vizekandidatin beitrat, schwächte sie ihre Positionen ab. „Wahlkampf ist eine Sache, regieren eine andere“, sagte Kevin Book, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens ClearView Energy Partners, gegenüber Semafor.

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6 Kommentare

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  • "Und trotzdem haben die USA im vergangenen Jahr so viel Öl- und Erdgas gefördert wie noch nie zuvor."

    Das sehe ich nicht als Paradox an. Ein Teil des amerikanischen Erdgases ist z.B. bei uns gelandet in Form von antiökologischem LNG. Die USA füllen teilweise die Lücke, die der Ukrainekrieg geschlagen hat. Moment, haben sie dann evtl. ein Interesse an der Fortführung des Krieges? Egal. Jemand eigentlich eine Ahnung, was ein Panzer, ein Jagdflugzeug, oder ein Kriegsschiff so verbraucht? Und deren Verbrauch landet regelmäßig übrigens auch nicht in den CO2 Bilanzen. Zur Sicherheit

    Und bei uns werden fossile Energieen ja auch immer noch subventioniert. Die Autos werden immer fetter und es reicht den Menschen ja auch schon nicht mehr, zweimal im Jahr im Urlaub zu sein. Warum nicht zwischendurch noch mal eine Woche chillen am Strand von Thailand?

  • Es wäre schon viel geholfen, wenn man in den USA die alten Bohrlöcher, aus denen oftmals jede Menge Methan entweicht, endlich fachmännisch verschließt.



    AUCH DAS SCHAFFT ARBEITSPLÄTZE!

    • @Horst Schlichter:

      Und wenn man die Ölkonzerne dazu verdonnern würde, die Kosten dafür zu übernehmen, dann wären es nicht mal Steuergelder.

      Wir sind ja auch gut bei sowas: Atomenergie subventionieren, die Konzerne greifen die Gewinne ab, und die Müllentsorgung ist dann natürlich wieder unsere Sache.

  • Bei aller Euphorie. Harris muss die Swing States gewinnen. Und die ticken wohl weder links noch für Umweltschutz. Da kann sie in den landesweiten Umfragen aufholen wie sie will.

  • Auch eine noch so fortschrittliche US-Präsidentin sieht sich den aggressiven Interessen und Nichtinteressen der Konzerne und des Militärapparates gegenüber. Um diese Kräfte zu bekämpfen, bräuchte sie Verbündete, die ebenfalls über eine Verankerung in diesen Bereichen verfügen und entschlossen sind, sie zu unterstützen. Dabei hätte eine solche Präsidentin mit Sicherheit die Mehrheit der US-Bevölkerung hinter sich, auch im Hinblick auf weitere zivile und progressive Projekte.

    Leider ist der US-Kongress mit eher rechten bis sehr rechten Abgeordneten (beider Parteien) besetzt, die einer progressiven Präsidentin nicht folgen würden.

    Deshalb wird Kamala Harris auch mit bestem Willen höchstens Stückwerk schaffen aber nichts Nachhaltiges.

  • Ich finde das gerade sehr spannend. Den Hauptgrund sie zu wählen, hat sie mit Biden gemein: Sie ist nicht Trump. Darüber hinaus gibt es vielleicht für etliche Leute aber noch ein paar mehr Gründe, sie zu wählen. Es wird sicher auch Leute, für die es Gründe gibt, sie nicht zu wählen (sie ist z.B. weder weiß noch ein Mann), aber wie das letztlich ausgehen wird, weiß jetzt noch niemand.

    Anders als mit Biden wird das aber jedenfalls nicht nur eine Abstimmung über "Trump oder nicht Trump". Das ist schonmal gut.