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US-Präsident TrumpSie können die Naturgesetze nicht außer Kraft setzen

Manfred Kriener
Kommentar von Manfred Kriener

Der kommende US-Präsident Trump setzt auf fossile Energie. Aber in seinem Milieu stecken Widersprüche: Die Ölindustrie braucht hohe, seine Wähler wollen niedrige Preise.

Trumps neuer Energieminister, der Ölmanager Chris Wright, weiß, wie man an der Börse feiert Foto: Lucas Jackson/reuters

D as Gruselkabinett von Donald Trump ist mit einer weiteren Personalie von besonderer Brisanz erweitert worden. Neuer Energieminister wird der Ölmanager Chris Wright, Chef der Fracking-Firma Liberty Oilfield. Wright ist nicht nur ein Mann der Öl- und Gasindustrie, er geriert sich auch als Leugner der Klimakrise. „Es gibt keine Klimakrise, und wir befinden uns bei der Energie auch nicht in einem Umbruch“, gab Wright zu Protokoll.

Also erneut ein Bock als Gärtner? Eine Schlüsselstellung für einen Mann, der die Energiepolitik zurück in die fossile Steinzeit katapultieren will? Fast reflexhaft stellen sich entsprechende Ängste ein: dass die letzten Bremsen der Vernunft gelöst werden; dass in Naturschutzgebieten und in den Weiten Alaskas bald überall nach Öl gebohrt wird; dass der Boom der erneuerbaren Energien gestoppt und stattdessen wieder mehr Kohle verstromt wird.

Trump, Wright und andere Mitglieder der neuen Regierung werden energie- und klimapolitisch einiges Unheil anrichten, das ist in der Tat zu befürchten. Aber sie können Naturgesetze nicht außer Kraft setzen und auch nicht die wirtschaftlichen Realitäten. So ist der Umbruch der Energieversorgung, den Wright wortreich bestreitet, weltweit längst mit einem immer höheren Tempo im Gang. US-Präsident Joe Biden hat recht, wenn er vor dem G20-Gipfel in Brasilien sagte: „Die grüne Energierevolution ist auf dem Weg, und niemand kann sie umkehren, wirklich niemand!“

Viele US-Bundesstaaten und Städte haben längst in Eigenregie Klima- und Umweltprogramme aufgelegt

Bis 2030, so die Hochrechnung der Internationalen Energieagentur (IEA) der OECD-Staaten, werde sich weltweit die Kapazität der Anlagen für erneuerbare Energien gegenüber 2023 nahezu verdreifachen. Auch die USA werden sich von dieser Entwicklung, bei Strafe schwerer ökonomischer Verluste, nicht abkoppeln können, zumal der einflussreiche „Schattenpräsident“ Elon Musk gerade in diesem Sektor viel Geld verdient.

Trumps Radau setzt die Realitäten nicht außer Kraft

An geeigneten Standorten ist die Stromerzeugung durch Solaranlagen schon heute die mit Abstand wirtschaftlichste Alternative. Eine neue Blütezeit der Kohleverstromung würden sich manche Fossil-Fans zwar wünschen, aber sie ist auf Dauer einfach unwirtschaftlich. It’s the economy, stupid. Ökonomisch haben die erneuerbaren Energien die fossilen längst abgehängt. Die Kohleförderung der USA ist seit Jahren aus geologischen und wirtschaftlichen Gründen rückläufig, diesen Trend wird Kohlefan Donald Trump auch mit hohen Subventionen nur schwer ändern können.

„Drill, Baby, drill!“ Trumps pubertärer Schlachtruf für einen neuen glorreichen Aufbruch in der Ölförderung fand mit der Ernennung des Energieministers Wright seine folgerichtige Pointe. Aber auch in der Ölförderung gilt: Trumps Radau kann die Realitäten nicht außer Kraft setzen. Die konventionelle Ölförderung in den USA befindet sich seit mehreren Jahrzehnten im Rückwärtsgang, das konnten auch verschiedene republikanische Präsidentschaften nicht verhindern.

Die unkonventionelle Ölförderung durch Fracking ist nach dem steilen Anstieg vergangener Jahre jetzt auf einem Plateau angekommen, aktuell notierten die Statistiker sogar einen leichten Rücksetzer. Fracking-Experten wie der Münchner Buchautor Werner Zittel erwarten im für die Ölindustrie günstigsten Fall eine Verlängerung des Förderplateaus um einige Jahre, wahrscheinlicher sei aber ein baldiger Rückgang der Förderung, vielleicht sogar während der Zeit der Regierung Trumps. Die Gründe: Die besten Claims sind längst ausgebeutet, mehr Bohrungen bringen auf Dauer nicht zwangsläufig auch mehr Öl. Bei einem sinkenden Ölpreis durch ein höheres Ölangebot würde das Fracking zudem schnell die rote Linie erreichen und zumindest in geologisch ungünstigeren Regionen unwirtschaftlich werden.

Ölförderung wird teurer

Angebot und Nachfrage bilden im Ölsektor ohnehin eine heikle Beziehung. Der (stereo)typische männliche Trump-Wähler besteht als unveräußerliches Grundrecht nicht nur auf riesigen Steaks, die über den Tellerrand ragen, sondern auch auf billigem Benzin für seinen Pick-up. Die Ölindustrie, die Donald Trump jetzt pampern und zu neuen Höhenflügen ermuntern will, braucht aber möglichst hohe Ölpreise, damit sich die zunehmend aufwändigeren Investitionen in die Suche und Erschließung neuer Ölfelder auch rechnen – ein Widerspruch, der schwer aufzulösen ist. Billiges Öl als Belohnung für Trump-Wähler wäre für den neuen Energieminister ein Albtraum, weil ein niedriger Ölpreis die Gewinnmargen der Branche abschmelzen lässt.

Besonders aufwändig und teuer ist die Erschließung neuer Ölfelder in den arktischen Regionen Alaskas. Präsident Biden hat dort etliche Gebiete unter Schutz gestellt und von Ölbohrungen ausgenommen. Er hat aber gleichzeitig, entgegen seinem Wahlversprechen und trotz heftiger Kritik von Umweltaktivisten, dem Energiekonzern ConocoPhillips grünes Licht für Ölbohrungen an drei Standorten gegeben. Auch die demokratischen Präsidenten hielten stets ihre schützende Hand über die Interessen der Ölbranche. Voller Stolz hatte Barack Obama verkündet, dass die USA während seiner Amtszeit zum größten Ölproduzenten der Welt aufgestiegen seien.

Joe Bidens energie- und klimapolitischer Befreiungsschlag war der Inflation Reduction Act (IRA), ein 370 Milliarden Dollar schweres Investitionsprogramm. Mehr als Dreiviertel des Geldes soll bisher in ländliche, eher republikanisch dominierte Bundesstaaten geflossen sein. Ein Abwürgen des IRA würde mehr als 300.000 Arbeitsplätze im grünen Energie- und Umwelttechnologiesektor gefährden. Trumps eigene Parteileute werden sich dagegen zu wehren wissen. Zudem: Viele US-Bundesstaaten und Städte haben längst in Eigenregie Klima- und Umweltprogramme aufgelegt, die Trump schwerlich alle stoppen kann. Kalifornien zum Beispiel hat zuletzt viel unternommen, um seine Umweltgesetze „trumpsicher“ zu machen.

Es gibt also auch in düsteren Zeiten noch Hoffnung auf die Restvernunft.

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Manfred Kriener
Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.
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2 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Was die Energiepolitik angeht, mache ich mir tatsächlich, was Trump angeht, am wenigsten Sorgen, da, wie im Artikel gut ausgearbeitet, es ausreichend Leute um ihn herum gibt, die dann doch genug ökonomischen Sachverstand haben und entsprechend auf ihn einwirken können.



    Spannend wird eher, wie in seiner Regierung das Ganze funktionieren soll, dass sich z.B. Energie- und Wirtschaftsminister in die Haare bekommen. Zudem steht ja auch noch im Raum, dass Trump seine Saudifreunde unterstützt und den Ölmarkt mit Öl schwemmen, um Putin sein Ölgeschäft zu vermiesen.

    Was mir am meisten Sorgen macht, ist allerdings tatsächlich zum einen die Lage mit der Ukraine, aber auch die Lage nach innen. Dass die Trump-Regierung es wirklich schafft, die USA nach innen durch Gesetze so zu gängeln, dass zumindest auf Bundesebene die Demokraten ohne einen Erdrutschsieg nie wieder eine Chance bekommen.

  • Mag sein, dass die Schäden, die Trump im Kontext Natur- und Klimaschutz anrichten wird, reversibel sind. Die implizite Annahme hinter der These ist aber, dass Nachfolge-Regierungen in den USA eine entsprechende Politik verfolgen. Und genau das ist NICHT sichergestellt. Die Nachfolger Trumps stehen schon bereit.