US-Militärmanöver in der Nähe Taiwans: Uncle Sam ist wieder zurück
Die Philippinen suchen stärker militärischen Beistand ihrer früheren Kolonialmacht USA. Der chinafreundliche Kurs Dutertes hat sich nicht ausgezahlt.
Manila/Berlin taz | Mit einer Rekordzahl von 17.000 Soldaten findet noch bis zum 28. April in den Philippinen das Manöver „Balikatan“ („Schulter an Schulter“) statt, bei dem einheimische Truppen zusammen mit US-Einheiten und einem kleinen Kontingent aus Australien trainieren.
18 Tage lang werden See- und Küstenverteidigung geübt – und noch nie war die Stoßrichtung gegen China so deutlich. Das Manöver begann nur einen Tag, nachdem Chinas Streitkräfte ihre bedrohlichen Übungen um Taiwan beendet hatten. Dessen Präsidentin hatte trotz chinesischer Proteste die USA besucht und damit gegen Pekings Ein-China-Politik verstoßen.
Mit Plakaten wie „US-Truppen raus!“ waren zum Beginn von „Balikatan“ nur 50 Demonstrierende linker Gruppen zur US-Botschaft in Manila gekommen. Sie fürchten eine Zunahme sexueller Gewalt und Prostitution, Manöverschäden für die Landwirtschaft und vor allem eine erhöhte „Wahrscheinlichkeit, dass die Philippinen zum Schauplatz eines imperialistischen Krieges zwischen den USA und China werden“.
Die kleine Marine der Philippinen ist Chinas moderner Flotte in keiner Weise gewachsen
Manila geht es vor allem um den Schutz seiner Ansprüche im umstrittenen Südchinesischen Meer. Das rohstoff- und fischreiche Gebiet, durch das strategisch wichtige Schifffahrtsrouten verlaufen, beansprucht China zu 90 Prozent für sich. Peking brachte dort in den letzten Jahren immer mehr Riffe und Atolle unter seine Kontrolle und baute sie militärisch aus.
Manila erlaubt mehr US-Basen
Die aus alten Schiffen bestehende kleine Marine der Philippinen ist Chinas moderner Flotte in keiner Weise gewachsen. Die philippinische Armee ist auf die Bekämpfung von Rebellen im Inland ausgerichtet und kann das Land nach außen kaum verteidigen. Deshalb wird in den Philippinen trotz Vorbehalten gegenüber Washingtons hegemonialer Politik die Anwesenheit von Soldaten der früheren Kolonialmacht wieder stärker befürwortet.
1992 hatten die USA ihre philippinischen Militärbasen, darunter mit Subic Bay ihren größten Marinestützpunkt außerhalb der USA, auf Druck nationalistischer Senatoren in Manila schließen müssen. Doch schon wenige Jahre später luden die Philippinen das US-Militär wieder ein – zunächst zur Terrorbekämpfung und bis heute nicht mehr auf eigenen US-Basen, sondern zunächst nur zu Besuchen und dann zwischen philippinischen Stützpunkten rotierend.
2016 wies der Internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag Pekings Ansprüche auf das umstrittene Scarborough Riff im Südchinesischen Meer zurück und gab Manila Recht. Das wurde von China „weder akzeptiert noch anerkannt“. Doch auch der damalige US-kritische philippinische Präsident Rodrigo Duterte ignorierte das noch von seinem Vorgänger angestrengte Urteil und umwarb lieber China, von dem er sich Milliardeninvestitionen für die Philippinen erhoffte.
„Duterte glaubte zunächst nicht an die Dringlichkeit der maritimen Sicherheitsprobleme der Philippinen“, sagt Edcel Ibarra, Politikdozent der Universität der Philippinen in Manila. Erst als zum Ende von Dutertes Amtszeit immer klarer wurde, dass Peking seine Hoffnungen nicht erfüllte und zugleich immer stärker im Südchinesischen Meer auftrumpfte, ging auch der Populist Duterte auf Distanz.
Im Wahlkampf 2022 schien sein Nachfolger Ferdinand Marcos Jr. außenpolitisch auf Äquidistanz zu China und den USA bedacht. Doch in diesem Frühjahr suchte er die politische und militärische Nähe zu Washington, dessen enger Verbündeter einst das diktatorische Regime seines Vaters war.
Peking warnte vor einer Einmischung in Taiwan-Konflikt
Im Februar erhöhte die Marcos-Regierung die Zahl der von den USA benutzbaren Stützpunkte von fünf auf neun (siehe Karte). Damit gibt es an der Nordspitze von Luzon, also nahe Taiwan, drei neue Stützpunkte. Der vierte vor der Südspitze der Insel Palawan liegt am umstrittenen Südchinesischen Meer. Peking warnte umgehend vor einer Einmischung der militärischen Kooperation zwischen den USA und den Philippinen in den Konflikt.
Auch der Gouverneur der Provinz Cagayan an Luzons Nordspitze, Manuel Mamba, lehnte US-Truppen in seiner Provinz zunächst ab. Dies könne chinesische Investitionen gefährden und die Region in einen Konflikt um Taiwan hineinziehen. Sogar die Senatorin Imee Marcos, ältere Schwester des Präsidenten, mahnte zur Vorsicht.
Womöglich müsse die Zahl der US-Soldaten im Land begrenzt werden. Doch laut Präsident Marcos dienten die Manöver und der Zugriff der US-Truppen auf philippinische Basen allein der Verteidigung der Philippinen. Selbst die Demonstrierenden vor der US-Botschaft kritisierten in ihrer Erklärung „Chinas Aggression im westphilippinischen Meer“.
Diesen geografischen Begriff hatte die Regierung in Manila 2012 verordnet. So grenzt sich das Land international vom üblichen Ausdruck „Südchinesisches Meer“ ab und betont die eigenen Ansprüche.
Leser*innenkommentare
Thomas Rausch
Zurück ins 19te Jahrhundert ?
Erschreckend wie Führung in vielen Staaten offensichtlich keinen Zugang zu einer modernen Welt findet.
Manche sind gerade mal in den 50igern des letzten Jahrhundert angekommen, andere verharren im 19ten Jahrhundert.
Wir im Westen sollten da eher selbstkritisch auf die verschiedene Staaten in den USA blicken, die selbst die Hürde zum 21ten Jahrhundert nicht schaffen und der Französische Präsident stellt sich gleich über die Mehrheit der eigenen Bevölkerung in einer Weise, wie man es bei Ludwig dem XIV eigentlich nur gewohnt war.
Der Westen kann nicht den gewaltsamen Zwang zur Einverleibung anderer Länder respektive Menschen unbeantwortet lassen. Gegen eine friedliche Vereinigung Taiwans mit China wird wohl niemand etwas einzuwenden haben, aber weder die Bevölkerung der Ukraine noch die Taiwans wünscht in Regimen zu leben
die ihnen die Freiheit des Wortes gegen die Pseudowahrheit eines Einparteienstaates oder eines Diktators anbietet.
Eigentlich geht es um das Überleben der Menschheit in einem Kosmos, der die Menschheit und seinen blauen Planeten auf eine geringere Größe als der eines Staubkorns reduziert. In der Vorstellung dieser Dimensionen,
der Umweltprobleme und den anderen großen Herausforderungen fragt man sich, über welchen Reifegrad eine Führung verfügt, die Menschen und Gebiete unter ihre Herrschaft zwingen will, die denen, und deswegen wird sie nicht gewollt, nichts aber auch gar nichts an Attraktivität für die Zukunft anzubieten hat?
Auch China wird scheitern, oder sich demokratisieren, denn nur Konsum, den der Einparteienstaat bietet, wird sich bald erschöpft haben und die Menschen werden sich weiterentwickeln. Die Frage ist: wird sich auch die Führung im Sinne Gorbatschow weiterentwickeln?
Die USA werden sicherlich nicht warten bis ein Regime technologisch gleichzieht und die Nachkriegsordnung nachhaltig ins Chaos stürzt.
Wir werden wohl heftige Auseinandersetzungen erleben.