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US-Kongress ohne SprecherMit Absicht kompromissunfähig

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Das US-Parlament hat immer noch keinen Speaker. Die Verantwortungslosigkeit der Republikaner hat innerparteiliche Gründe.

Washington, 20.10.: Jim Jordan nach der verlorenen Wahl zum Speaker Foto: Jonathan Ernst/reuters

D as unwürdige Schauspiel um die Spitzenposition im US-Repräsentantenhaus geht in die dritte Woche; ein Ende ist nicht abzusehen. Nachdem eine kleine Gruppe von Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen den vormaligen Speaker, Kevin McCarthy, abgesägt hatte, ernannte eine Mehrheit in der Fraktion erst Steve Scalise zum Kandidaten – der wiederum im ersten Wahlgang an einer Minderheit scheiterte und hinschmiss.

Daraufhin stimmte eine etwas andere Mehrheit für den von Trump unterstützten Jim Jordan – welcher nach drei erfolglosen Wahlgängen genug hatte. Jetzt versuchen neun weitere Kandidaten, die republikanische Fraktion hinter sich zu bekommen – man muss nicht allzu tief in der Materie stecken, um zu ahnen: Das wird dauern.

Wer da wirklich innerhalb der republikanischen Abgeordnetenriege warum gegen wen kämpft, ist für die Öffentlichkeit kaum noch zu verstehen. „Trump-Anhänger“, „Moderate“, „Ultrakonservative“ – die Zuschreibungen erklären überhaupt nichts. Denn Leute, auf die sie zutreffen, gibt es auf allen Seiten dieser desaströsen Partei. Was die immer neuen Minderheitskoalitionen von Nein­sa­ge­r*in­nen zusammenbringt, ist zum einen die persönliche Antipathie gegen den jeweiligen Kandidaten. Zum anderen die nicht grundlose Vermutung, dass Kompromiss­unfähigkeit bis zur vollkommenen Verantwortungslosigkeit dem eigenen Standing und somit bei der Wiederwahl hilft.

Die Idee, dass der US-Kongress ein Gesetzgebungsorgan ist, das nicht zuletzt den Haushalt zu verabschieden hat, scheint diesen Leuten sehr fern. Es bleibt nicht einmal mehr ein Monat, bevor die USA vor der nächsten Haushaltssperre stehen – viel zu wenig Zeit, um ein Haushaltsgesetz verabschiedungsreif vorzubereiten, selbst wenn es noch diese Woche einen neuen Speaker gäbe.

Und so werden sich die USA Mitte November entweder in das nächste Provisorium retten – dessen Verabschiedung mit demokratischer Unterstützung Kevin McCarthy das Amt gekostet hatte – oder in den Shutdown gehen. Ukraine, Nahost, China? Oh my!

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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11 Kommentare

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  • Puh, da fehlt schon das kleine Demokratie 1-mal1. Das kommt davon wenn man einen wirren Extremistengauner als Präsidentschaftskandidaten duldet, der die Partei zum persönlichen Fanclub umgebaut hat. Komisch dass die überhaupt noch jemand wählt.

  • Bei mir verfestigt sich der Eindruck, dass dieser Ablauf alles andere als zufällig ist. Mir scheint, da hat jemand -oder ein Team- das politische System der USA, die Wahlregeln in den Bundesstaaten für Senatoren, Kongreß, Richter, Gouverneure und den Präsidenten, die Abläufe in den Institutionen und in den Parteien genau analysiert und auf Schwachstellen hin untersucht - was muß wann und in welcher Reihenfolge angegriffen werden, damit diese Schwachstellen die Maschine zu Stillstand bringen.



    Das war sicher eine aufwendige Recherche, denn sie muss mehrere mögliche Verläufe berücksichtigen. Aber für Zufall halte ich diese große Zahl an angeblich "Verrückten" nicht mehr.

  • Bis jetzt gab es immer eine Einigung, weil allen klar war, dass es eine geben muß. Das ist nun anscheinend anders... Politische Akteure, die ungeschriebene Gesetze nicht akzeptieren wollen, werden sie nicht akzeptieren, egal welcher Preis dafür gezahlt werden wird...



    Und genau das ist der Fehler, der gemacht wird, zu glauben auch eine Meloni, eine affde , die Republikaner müssten sich letztlich den Sachzwängen beugen, nein müssen sie nicht, sie können alles kaputt machen, weil sie es in Kauf nehmen...



    Diese Menschen muß man von der Macht fern halten, solange es noch geht, in den USA ist es zu spät, bei uns bald auch....

  • Auf den ersten Blick ist die Unfähigkeit der Republikaner ersichtlich.



    Auf den zweiten Blick ist der Präsident blockiert



    auf den dritten Blick nähert sich der "Retter" , ein entfernter Verwandter der Familie Duck...

    • @Philippo1000:

      "auf den dritten Blick nähert sich der "Retter" , ein entfernter Verwandter der Familie Duck..."



      So schön. Und so real.



      Würde mir doch auch mal so Etwas einfallen ;-)

  • Tja. Konservative sind für Demokratie eben unbrauchbar. Sie können eine Zeitlang so tun, als würden sie demokratische Normen akzeptieren, aber irgendwann kommt der reaktionäre rechtsbrechende Kleptokrat mit hemmungslosem Machtwahn zum Vorschein.

    Wie oft muss es die Menschheit noch demonstriert bekommen, ehe sie die notwendigen Schlüsse zieht?

    • @Ajuga:

      Geh, Konservative wollen bewahren, dagegen ist nix einzuwenden. Wenn sie schädlichen Mist bewahren wollen, sollte man sie überstimmen.



      Was wir in den USA bewundern dürfen, ist die Religiosierung der Politik. Da kann es keine Kompromisse geben, man stelle sich vor, Moslems oder Christen begännen zu diskutieren, wo sich Allah oder Jesus geirrt hat.



      Deshalb kann sich auch Trump nicht irren, und wenn er behauptet, er habe die Präsidentenwahl gegen Obama gewonnen, dann irren halt die Geschichtsbücher, nicht Trump.



      In den USA gewinnt immer derjenige, der die "das ist un-amerikanisch"-Karte als erster zieht. Deshalb sind öffentliche Verkehrsmittel unamerikanisch, denn amerikanisch sind nur Autos. Vor knapp 100 Jahren erklärte man selbst das Zufussgehen für wahnsinnig und plakatierte zur Abschreckung Zombiefiguren, die die Strasse überqueren wollen. "Jaywalking" hiess das unamerikanische Treiben dieser kommunistischen Autofeinde.



      Das hat alles nichts mit Konservativismus zu tun, das ist auf die Spitze getriebenes Ich-gut/du-böse. Eine Absage an die Demokratie, da es Kompromisse und Minderheitenschutz ausschliesst.

    • @Ajuga:

      "Konservative sind für Demokratie eben unbrauchbar."



      Ein sehr großer Rundumschlag. Sind Konservative für Sie jetzt alles Nazis, oder was?

    • @Ajuga:

      die da wären?

      • @nutzer:

        na ziemlich simpel: wählt was anderes....

        • @Perkele:

          na viel Erfolg!