US-Fußballnationalteam der Frauen: Vermächtnis in Gefahr
Die queerfeindlichen Postings von US-Fußballerin Korbin Albert sorgen bei den US-amerikanischen Soccer-Fans für Kritik, und bei einigen Spielerinnen.
B eim letzten Spiel des US-Fußball-Nationalteams der Frauen (USWNT) vor den Olympischen Spielen kommt dieses gegen Costa Rica nur zu einem mageren 0:0. Immer wieder hallen laute Buhrufe durchs Stadion in Washington, mit der sportlichen Leistung haben sie allerdings nichts zu tun.
Denn bei allem, was sich über die sportliche Entwicklung und die neue US-Trainerin Emma Hayes an der Seitenlinie sagen ließe, steht seit Monaten ein ganz anderes Thema im Fokus der Fans. Sie sprechen von einem gefährdeten Safe Space und schreiben offene Briefe an Emma Hayes. Der Grund dafür ist der Umgang von Verbänden und Trainerin Hayes mit dem Verhalten der Spielerin Korbin Albert.
Albert, 20 Jahre alt und Mittelfeldspielerin aus Illinois, verdient ihr Geld seit rund anderthalb Jahren in Frankreich bei PSG. Im März dieses Jahres fiel einigen Fans auf, dass Albert bei Tiktok queerfeindliche Inhalte geteilt hatte, unter anderem ein Video einer homo- und transfeindlichen Kirchenpredigt. In einem inzwischen gelöschten Video von Albert selbst sind sie und ihre Familie zu sehen, wie sie „unsere Pronomen sind U.S.A.“ rufen. Auf Instagram gefiel ihr ein Posting, in dem es übersetzt hieß: „Gott nimmt sich eine Auszeit, um Wunder zu vollbringen, damit sich Megan Rapinoe in ihrem allerletzten Spiel den Knöchel verstaucht.“
Rapinoe ist neben ihren sportlichen Verdiensten dafür bekannt, sehr offensiv für die Rechte von LGBTQIA*-Menschen einzustehen und wurde zur Galionsfigur für eine Generation von Nationalspielerinnen, die sich progressiv zu politischen Themen positionieren. Auch gegen den Widerstand der eigenen ehemaligen Trainerin Jill Ellis als es darum ging, die Proteste zu Black Lives Matter von Quarterback Colin Kaepernick zu unterstützen, oder gegen Donald Trump höchstpersönlich.
Eine knappe Entschuldigung
Je stärker die Menschenrechte von trans Personen angegriffen wurden, desto lauter wurde Rapinoe in ihrer öffentlichen Unterstützung. Dementsprechend deutlich äußerte sie sich nun zu Albert, ohne deren Namen zu nennen. Diese hatte im US-Team auch noch ausgerechnet Rapinoes Rückennummer 15 übernommen. Albert entschuldigte sich schließlich öffentlich, allerdings in einer Instagram-Story, die nach 24 Stunden wieder verschwand. Die Queerfeindlichkeit ihrer Postings benannte sie nicht.
Bei der darauffolgenden Abstellungsperiode äußerten sich Kapitänin Lindsey Horan und Alex Morgan, man arbeite sehr hart daran, die Integrität dieses Nationalteams über alle Generationen hinweg aufrechtzuerhalten. Es sei traurig, dass dieser Standard nicht aufrechterhalten wurde. Man scheue nicht vor harten Gesprächen, wolle die Situation aber intern behandeln. Trainerin Hayes sagte, es habe viele Gespräche gegeben, Albert sei ein wunderbarer junger Mensch und arbeite hart an sich: „Ich möchte, dass die Fans Korbin wirklich annehmen.“ Das kommt in Augen vieler einer Verschiebung der Verantwortung gleich.
Mehrere ältere und ehemalige Spielerinnen äußerten sich kritisch darüber, dass Alberts „Arbeit an sich selbst“ nicht transparent sei. Laut der 36-jährigen Stürmerin Christen Press habe gar es keinerlei Konsequenzen für Albert gegeben: „Man hätte als Institution U.S. Soccer die Möglichkeit gehabt zu zeigen, wie eine Kultur geschaffen werden kann, die Pride nicht nur monetarisiert, sondern auch wirklich die Gefühle, die psychologische und physische Sicherheit der Menschen schützt.“
Stattdessen sehen Fans das Vermächtnis des USWNT in Gefahr, das sich aus ihrer Sicht mehr erarbeitet hatte als ein bloßes Image: Eine Gemeinschaft, die an das rankommt, was im Fußball so oft nur luftleer beschworen wird. Einen Safe Space, zu dem sich nun aber plötzlich Leute eingeladen fühlen, die hart erkämpfte Werte in Frage stellen und bisher im Sinne des rechten Kulturkampfes in den USA nichts als Verachtung übrig hatten für Fußballerinnen, die sich für Menschenrechte einsetzen. Annika Becker
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten