US-Diplomatin über Ukraine-Krise: „Fuck the EU“
Eine US-Diplomatin hat in einem vertraulichen Telefonat klar gesagt, was sie von der EU hält. Das Gespräch wurde mitgeschnitten. Washington beschuldigt Moskau.
WASHINGTON dpa | Eine verbale Entgleisung einer amerikanischen Top-Diplomatin droht die Beziehungen zwischen den USA und der EU weiter zu belasten. In einem Tonbandmitschnitt, den Unbekannte auf YouTube veröffentlichten, sagte die Abteilungsleiterin für Europafragen, Victoria Nuland, abfällig über die Europäische Union: „Fuck the EU.“
Die Äußerung fiel in einem vertraulichen Telefongespräch Nulands mit dem US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, in dem es über Lösungsansätze zur Beilegung der Krise in Kiew ging.
Das US-Außenministerium zweifelte am Donnerstag nicht an der Echtheit des Mitschnitts. „Ich sage nicht, dass dies nicht authentisch ist. Ich meine, dabei sollten wir es belassen“, sagte US-Außenamtssprecherin Jen Psaki auf Fragen von Journalisten. Nuland habe ihre EU-Partner kontaktiert und sich für die Äußerungen entschuldigt.
Zugleich beschuldigten das State Department und das Weiße Haus Russland, hinter der Veröffentlichung des bereits vor Tagen geführten Gesprächs zu stehen. „Dies ist ein neuer Tiefstand der russischen Spionagetaktik“, meinte Psaki.
In dem Gespräch begrüßte es Nuland, dass sich auch die Vereinten Nationen in die Ukraine-Krise einschalten. „Das wäre großartig.“ Sie „könnten helfen, diese Sache zu Ende zu bringen“. Dann fielen die abfälligen Worte in Richtung Europa.
Zugleich kritisierte Nuland die Rolle des ukrainischen Oppositionspolitikers und Ex-Boxweltmeisters Vitali Klitschko. „Ich glaube nicht, das Klitschko in die Regierung soll. Ich glaube, das ist nicht notwendig. Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.“
Nuland hielt sich am Donnerstag in Kiew auf, wo sie mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch sprach. Dieser deutete neue Zugeständnisse an. Der Staatschef sei ein „Anhänger“ einer baldigen Verfassungsänderung, betonte die Präsidialkanzlei nach dem Treffen Janukowitschs mit Nuland.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit deutlicher Kritik auf die verbale Entgleisung der US-Spitzendiplomatin reagiert. Merkel halte die Äußerung für „absolut unakzeptabel“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Freitag in Berlin. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton mache hervorragende Arbeit, und die EU werde sich weiter bemühen, die Lage in der Ukraine zu beruhigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“