US-Bürger in Russland verurteilt: 16 Jahre Haft für Paul Whelan
Ein Ex-US-Marine, der 2018 in Moskau verhaftet wurde, ist wegen Spionage zu 16 Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Er beteuert seine Unschuld.
Whelan hielt vor der Urteilsverkündung im Moskauer Stadtgericht ein Blatt Papier mit der Aufschrift „Scheinprozess!“ in die Luft. Das Gerichtsverfahren sei „schmutzige russische Politik“, sagte er. Er bat US-Präsident Donald Trump sowie die Regierungen Kanadas, Irlands und Großbritanniens, sich für ihn einzusetzen. Whelan besitzt neben der US-Staatsbürgerschaft auch die kanadische, irische und britische Nationalität.
Er soll mutmaßlich Staatsgeheimnisse überreicht bekommen haben. Nach Angaben seines Anwalts wurde Whelan Opfer eines Hinterhalts: Er habe damals, als er sich als Hochzeitsgast von Freunden in Moskau befand, von einem Bekannten einen USB-Stick erhalten und geglaubt, es befänden sich Urlaubsfotos auf dem Speichermedium. Der ehemalige US-Soldat, der aus der Marine unehrenhaft entlassen worden war, leitete zu dem Zeitpunkt die Sicherheitsabteilung eines US-Autozulieferers.
Botschafter Sullivan sagte vor Reportern im Gericht, er sei „enttäuscht“ und „wütend“. Whelan sei verurteilt worden, „ohne Beweise vorzulegen“. Nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens sei er jedoch über das Urteil „nicht überrascht“. Die USA fordern die Freilassung des 50-Jährigen.
Vorbereitung eines Gefangenenaustauschs?
Der Fall wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor einem Moskauer Gericht verhandelt. Die US-Botschaft bezeichnete den Geheim-Prozess als eine „Verspottung der Gerechtigkeit“. Die Staatsanwaltschaft hatte 18 Jahre Haft gefordert.
Whelans Familie hatte bereits vor der Urteilsverkündung gesagt, dass sie von einem Schuldspruch ausgehe. Der Bruder des Verurteilten sagte nach dem Urteil, die Familie wolle weiter für dessen Freilassung kämpfen und verurteile das „politisch motivierte“ Urteil.
Der Fall hat Spekulationen befeuert, beide Länder könnten sich auf einen Gefangenenaustausch vorbereiten. In den USA wird der russische Pilot Konstantin Jaroschenko wegen mutmaßlichen Drogenschmuggels festgehalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!