US-Band Neurosis: Rechte Esoterik
Die kalifornische Band Neurosis sieht sich Faschismus-Vorwürfen ausgesetzt – sie gleich mit der neuen Rechten zu assozieren, führt jedoch zu weit.
Wer die kalifornische Band Neurosis aus ihrer Anfangszeit kennt, mag es für einen schlechten Scherz halten, dass sie in Verbindung zu rechtslastigen Subkulturen stünde. Neurosis sind untrennbar mit Hardcore-Punk assoziiert, waren mit Jello Biafra (Dead Kennedys) befreundet und werden bis heute von Steve Albini produziert.
Allerdings haben Neurosis mittlerweile fragwürdige Verbindungen, wie wir auf Hinweis eines Lesers feststellten. Etwa zum rechten Esoteriker Markus Wolff, der germanisch-nordische Traditionen wertschätzt und häufiger Cover für sie gezeichnet hat.
Neurosis gleich mit der neuen Rechten zu assoziieren, führt dennoch zu weit. „Neurosis unterstützt oder billigt keine wie auch immer gearteten nazistischen, faschistischen, homophoben oder sexistischen Überzeugungen“, ließen sie die taz wissen. Davon ist auch Steve Albini überzeugt: „Ich hatte nie den Eindruck, sie würden derartige Ansichten vertreten. Im Gegenteil, sie wirken open-minded und großherzig.“
Symbolik aus dem altertümlichen Europa
Man sollte ihre Verbindung zu Wolff dennoch im Auge behalten. Er kollaboriert mit dem Nazi-Mystiker Michael Moynihan. Neurosis-Sänger Steve von Till wiederum hat Musik zu dem traditionalistischen, neotribalistischen TYR Journal beigesteuert, das von Moynihan mit herausgegeben wird.
Wolff hat für Neurosis bereits 2000 ein Plattencover mit einem frühmittelalterlichen, altsächsischen Symbol gestaltet, das auch im Nationalsozialismus adaptiert wurde. Die Band hat sich zur Verwendung von Symbolik aus dem altertümlichen Europa und aus vielen anderen Kulturen in dem im Unrast-Verlag erschienenen Buch „Out of Step“ geäußert und erklärt, ihre Symbolik solle nicht faschistisch verstanden werden.
Im Fall Neurosis gilt es, zwischen rechten Esoterikern und Nazis zu unterscheiden. Und was die Werkexegese betrifft, kann man wohl sagen: Neurosis’ Kunst ist mit Sicherheit nietzscheanisch und von Weltekel durchzogen – rechtslastig aber eher nicht. Im Gespräch wirkte von Till eher spiritualistisch, aber keineswegs der Rechten zugeneigt. Na ja, spinnert aber scheinen von Till und vielleicht auch Neurosis im Alter schon zu werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus