piwik no script img

UNO nach Dschenin

Israel stellt erneut Bedingungen für Kooperation mit UN-Kommission. Palästinenser bemühen sich um Ende der Belagerung der Geburtskirche

JERUSALEM taz ■ In die Verhandlungen um die seit über drei Wochen belagerte Geburtskirche in Bethlehem ist erneut Bewegung gekommen. Der palästinensische Vermittler Salah al-Taamari erhielt nach palästinensischen Angaben gestern von Israel die Erlaubnis, Palästinenserpräsident Jassir Arafat heute in Ramallah zu treffen und mit ihm Vorschläge direkt abzustimmen. Vier weitere Palästinenser konnten gestern die Geburtskirche verlassen. Nach Armeeangaben ergaben sie sich israelischen Soldaten. Erneut wurden zwei Palästinenser in der Kirche bei Schießereien verletzt.

Die israelische Armee hatte zuvor acht von neun palästinensischen Jugendlichen wieder freigelassen, die am Donnerstag die Geburtskirche in Bethlehem verlassen hatten und festgenommen worden waren. Ein 19-Jähriger sei dagegen dem israelischen Geheimdienst Schin Beth zum Verhör übergeben worden, sagte Salah al-Taamari am Freitag.

Am heutigen Samstag soll ein 30-köpfiges UN-Team unter Leitung des früheren Präsidenten Finnlands, Martti Ahtisaari, in Israel eintreffen, um die Vorgänge im Lager Dschenin in der ersten Aprilhälfte zu untersuchen. Doch war bis gestern nicht garantiert, dass Israel mit der Kommission kooperieren wird, der neben US-General William Nashauch der Expräsident des Internationalen Roten Kreuzes, Cornelio Sommaruga, und die ehemalige UN-Flüchtlingskommissarin Sadako Ogata angehören. Regierungschef Ariel Scharon kritisierte, das Gremium habe einen zu humanitären Charakter und es fehlten darin Anti-Terror-Experten.

Israel möchte die Untersuchung auf Dschenin beschränkt sehen und die dortige Terror-Infrastruktur zu einem der wichtigsten Gesprächsgegenstände machen. In den letzten zwei Wochen hat der militärische Geheimdienst palästinensische Dokumente analysiert, die Verwicklungen der Palästinenserverwaltung in Terrorplanungen beweisen sollen.

Kofi Annan kam Israels Forderungen entgegen, indem er der Gruppe zwei weitere Militärexperten beigab. Nun wünscht Israel, das UN-Team mit Palästinensern zusammenzubringen, die sich im Lager Dschenin ergaben und Auskunft über die dortige Terror-Infrastruktur vor Beginn der „Operation Schutzwall“ geben sollen. Israelische Terroropfer sollen angehört werden. Armeevertreter sollen die Kommissionsmitglieder ins Lager begleiten und ihnen Israels Kampfweise erläutern. Daran wird die Bedingung geknüpft, dass ihnen Immunität vor Strafverfolgung garantiert wird, dass ihre Identität geheim bleibt und dass Enthüllungen an die Medien unterbleiben. Israel will Einsicht in den Untersuchungsbericht nehmen und Einwände erheben können, bevor der UNO-Generalsekretär eine endgültige Fassung erhält. ANNE PONGER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen