UN-Sicherheitsrat zur Krise in Syrien: China und Russland gegen Verurteilung

Eine Verurteilung Syriens durch den UN-Sicherheitsrat ist gescheitert. Oppositionelle befürchten ein Massaker in ihrer Hochburg Daraa. Die Baath-Partei verliert über 200 Mitglieder.

Das Regime schlägt zurück: Panzer auf den Straßen der Oppositionshochburg Daraa. Bild: dpa

NEW YORK/DAMASKUS dpa | Die Europäer sind mit ihrem Vorstoß für eine Verurteilung Syriens wegen der Gewalt gegen friedliche Demonstranten im UN-Sicherheitsrat gescheitert. Ein von Deutschen, Briten, Franzosen und Portugiesen eingebrachter Entwurf für eine offizielle Erklärung fand nicht die Zustimmung des 15-Länder-Gremiums.

Die USA und Europäer sprachen sich für Sanktionen aus, Frankreichs Außenminister Alain Juppé hatte schon zuvor in Paris die Möglichkeit von EU-Sanktionen gegen Syrien erwogen. Dagegen weigerten sich die UN-Botschafter von Russland und China, die Ereignisse in Syrien als Bedrohung des internationalen Friedens anzuerkennen und Strafmaßnahmen in Betracht zu ziehen. Moskau und Peking appellierten an Damaskus, die Krise so bald wie möglich durch Gespräche beizulegen.

Syriens UN-Botschafter Bashir Jaafari triumphierte. Der Vorstoß der Europäer sei nichts als "Propaganda". Ohne die Übereinkunft aller Mitglieder des UN-Sicherheitsrats klagten einzelne Länder das Assad-Regime an. Der höchste UN-Diplomat für Politik, Lynn Pascoe, unterrichtete die Ratsmitglieder über die Entwicklung in dem Nahostland. Demnach dürften syrische Behörden Demonstranten in Gewahrsam genommen, gefoltert und sexuell belästigt haben. Journalisten seien verhaftet oder gefoltert worden.

Die Bundesregierung forderte die syrische Führung auf, umgehend die Gewalt gegen friedliche Demonstranten zu stoppen. Sonst seien Sanktionen unvermeidbar, sagte Außenminister Guido Westerwelle in Berlin. "Wir werden unseren Beitrag leisten, dass auch der UN-Sicherheitsrat klare Positionen einnimmt."

Türkei geht auf Distanz

Die türkische Regierung geht wegen der brutalen Einsätze gegen Regimegegner in Syrien auf Distanz zu Präsident Baschar al-Assad. Ankara bekräftige zudem die Forderung nach schnellen demokratischen Reformen im Nachbarland und werde eine Delegation mit konkreten Vorschlägen nach Damaskus schicken, berichteten türkische Medien am Donnerstag weiter. Al-Assad müsse den Konflikt ohne Gewalt lösen und Forderungen des Volkes erfüllen.

Syriens Opposition fürchtet ein Massaker in ihrer Hochburg Daraa. Sicherheitskräfte von Präsident Baschar al-Assad sind dort mit Panzern und Scharfschützen im Einsatz. Auf den Websites der Assad-Gegner wurden am Mittwoch Aufnahmen veröffentlicht, auf denen Dutzende Sattelschlepper mit Panzern zu sehen sind, die auf einer Schnellstraße fahren.

Die Oppositionellen erklärten, es handele sich um Verstärkung für die Truppen, die am Osterwochenende in die Stadt Daraa eingedrungen waren. Oppositionelle berichteten, Verletzte mit Schusswunden würden inzwischen unter primitiven Bedingungen in Häusern versorgt, da ihnen der Zugang zum Krankenhaus verwehrt werde.

Armee dementiert Meuterei

Die syrische Armee hat Berichte über eine angebliche Meuterei in der Armee dementiert. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete am Mittwochabend unter Berufung auf einen Armeesprecher, diese Falschmeldungen seien ein Versuch, das Ansehen der Sicherheitskräfte zu beschädigen.

Die Regimegegner hatten zuvor berichtet, etliche Offiziere hätten sich geweigert, auf Demonstranten zu schießen. Einige von ihnen seien daraufhin von Angehörigen der regimetreuen Republikanischen Garden wegen Befehlsverweigerung erschossen worden. In einem am Donnerstag veröffentlichten Video, das Aktivisten aus der belagerten Stadt Daraa schmuggeln konnten, sind junge Demonstranten zu sehen, die rufen: "Wir haben keine Angst, die Armee steht auf unserer Seite."

Ein weiteres Video zeigt einen syrischen Christen, der auf einem Platz vor einer Menge von Menschen spricht und sagt, die Christen unterstützten den Aufstand gegen das Regime von Baschar al-Assad. Die Menge rief daraufhin: "Nationale Einheit, Einheit, Islam und Christentum, wir alle wollen Freiheit."

Die syrische Exil-Opposition meldete außerdem, bislang seien 203 Mitglieder aus der Baath-Partei ausgetreten. Sie protestierten damit gegen die Gewalt der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten. Die Regimegegner, die demokratische Reformen und Respekt für die Menschenrechte fordern, haben für diesen Freitag erneut zu Massendemonstrationen aufgerufen.

Unterdessen nimmt die Zahl der Ausländer zu, die wegen der Lage in Syrien das Land verlassen. Augenzeugen in Damaskus sagten am Mittwoch, unter den Ausreisenden seien auch Angehörige von Botschaftsmitarbeitern sowie Vertreter verschiedener Institutionen. Das Goethe-Institut in Damaskus wird von diesem Freitag an auf unbestimmte Zeit geschlossen. Das Auswärtige Amt hatte am Dienstag allen in Syrien lebenden Deutschen geraten, auszureisen.

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