Twitch-Format „Pop & Pasta“: Essen, Witz und Tiefgang
Hier kommt Inklusion nicht gezwungen daher: „Pop & Pasta“ mixt persönliche Einblicke mit kreativen Rezepten. Ideale Begleitung beim Kochen!
Zwei Metalltische stehen in einem sonst leeren Raum mit roten Wänden. Auf ihnen eine Kochplatte, Pfanne und Kochtopf. Die beiden auf Stühlen daran sitzenden Frauen wirken fast etwas verloren in der auffällig unauffälligen Kulisse.
Die Liveshow „Pop & Pasta“, die auf Twitch übertragen wird, ist ein Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischen Erkrankungen und ihren Angehörigen. In den Folgen spricht die Moderatorin Saioa Alvarez, sonst Schauspielerin und Performerin, mit ihren Gästen über Themen, die sie bewegen. Bekannte Menschen mit Behinderung, chronischen Erkrankungen oder Neurodivergenz sind eingeladen: Insgesamt erscheinen im Zeitraum vom 14. Oktober bis zum 16. Dezember zehn Folgen, nachschauen kann man sie auf Youtube.
Das Besondere am Format ist, dass es nicht primär um Behinderung geht, auch wenn Saioa Alvarez „überdurchschnittlich klein“ und so selbst eine Frau mit Behinderung ist. Die Inklusion ist präsent, subtil und selbstverständlich. Es gibt eine eingeblendete Gebärdensprachübersetzung und visuelle Beschreibungen der Personen für nicht-sehende Zuschauer:innen: „Ich trage ein rosanes Oberteil von Armani, das ist wichtig, dass es von Armani ist“, betont Miriam Davoudvandi mit einem Augenzwinkern. Die deutsche Musikjournalistin ist die Gästin der aktuellen Folge. Ein wichtiges Themenfeld ihrer Arbeit: mentale Gesundheit. Für den WDR ist sie Host des Podcasts „Danke, gut“, in dem sie sich zusammen mit ihren Gästen mit genau diesem Thema beschäftigt.
Im locker wirkenden Gespräch zwischen den beiden geht es um Sims, denen Saioa und Miriam als Jugendliche mit Cheatcodes die Klamotten weggezaubert haben, um Witze über Körperausscheidungen und um den Kindersender SuperRTL. Dann wird es ernst: Beide Frauen wuchsen als Kinder migrantischer Eltern in eher armen Verhältnissen auf. „Ich war anders als meine Klassenkamerad:innen mit Häusern und Benchpullis“, erzählt Davoudvandi.
Oft würde ihr Leben fälschlicherweise als migrantische Erfolgsgeschichte dargestellt. Den Schmerz und die Anstrengung romantisieren, die es gekostet habe, schon als Kind viele bürokratische Aufgaben zu übernehmen und neben der Schule zu arbeiten, das will sie nicht: „Ich hätte mir einfach reiche Eltern gewünscht“, gibt sie zu. Als Zuschauende bekommt man durch den ungeschnittenen Stream das Gefühl, einfach mit dabei zu sein.
Ein gemütliches Küchentisch-Gefühl kommt trotzdem nicht auf. Vielleicht liegt es daran, dass die roten Wände in der Unendlichkeit zu verschwinden scheinen, sodass der Raum schwer greifbar wirkt. Hinzu kommt das helle Studiolicht und der kühle Edelstahl der Möbel.
Wer das ganze Gespräch verfolgen will, muss Zeit mitbringen, denn eine Folge dauert gute zwei Stunden. Am besten macht man es wie die beiden und kocht nebenher Pasta. Eine Lasagne oder selbsteingekochte Bolognese zum Beispiel, die man dann, wenn die Pasta fertiggekocht ist, zeitgleich mit den beiden verspeisen kann.
In das Rezept eingebunden werden in jeder Folge zwei Zutaten, die von Gästin und Host mitgebracht werden. Mit dabei ist auch der Twitch-Chat, der über eine Abstimmung Nudelform und Soße bestimmen darf.
„Pop & Pasta“ beweist, dass Inklusion nicht gezwungen daherkommen muss, sondern ein Bestandteil von Unterhaltung sein kann. Wer dabei ist, erlebt eine Show, die das Thema subtil einbindet – und dabei die ein oder andere Inspiration für das nächste Pasta-Rezept liefert.
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