Tusk zurück in Polen: Polens PiS kriegt Gegenwind
Die Christdemokraten müssen unter Donald Tusk den Neoliberalismus über Bord werfen, wenn sie wieder einen Fuß auf den Boden bekommen wollen.
D er „weiße Ritter“ ist tatsächlich nach Polen zurückgekommen. Donald Tusk, der frühere EU-Ratspräsident und Ex-Premier Polens, steht ab sofort wieder an der Spitze der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO). Für die einen verkörpert Tusk den dynamischen Retter ist der Not, der Polen wieder in einem demokratischen Rechtsstaat verwandeln kann – mit Pressefreiheit, Unabhängigkeit der Gerichte und Minderheitenschutz, insbesondere für die LGBT-Gemeinschaft.
Für die anderen symbolisiert er das schlechthin Böse: den Nazi-Kollaborateur, der mit Angela Merkel deutsch und mit Wladimir Putin russisch spricht und dessen neoliberale Regierung kein Geld für die kleinen Leute übrig hatte. „Es wird Krieg geben“ verkünden Anhänger:innen der nationalpopulistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und bringen schon mal schweres Propaganda-Geschütz in Stellung. Oppositionelle fürchten, an der Dauerhetze kaputtzugehen. Die Angst ist nicht unbegründet.
Hat sich doch die PO bis heute nicht von der „Kellneraffäre“ vor den Wahlen 2015 erholt. Rechte Medien hatten alle paar Wochen illegal aufgenommene Gespräche publiziert, die PO-Politiker:innen als vulgär und bürgerfern entlarvten. Gelähmt von Angst und Scham verlor die PO die Wahl von 2015 und alle folgenden danach. Die junge PO-Generation sah sich nicht in der Lage, das Steuer herumzureißen und einen Neustart hinzulegen. Und so dümpelt die Partei bei heute gerade mal 16 Prozent Zustimmung dahin.
Der TVP-Intendant, der sich gerne als „Bullterrier des PiS-Chefs Kaczynski“ bezeichnet, lässt die illegalen Mittschnitte aus den Restaurants immer wieder in den Hauptnachrichten laufen, ebenso eine Sekundensequenz, in der Tusk auf deutsch sagt „für Deutschland“ oder Szenen, die Tusk mit Merkel oder Putin in herzlicher Unterhaltung zeigen.
Doch der ehemalige EU-Ratspräsident und heutige Chef der Europäischen Volkspartei (EVP) hat ein Pfund, mit dem er wuchern kann: seine persönliche Integrität, seine internationale Erfahrung und sein europaweites Netzwerk an Kontakten. Voraussetzung für einen Wahlerfolg in rund zwei Jahren ist ein zukunftsfähiges Programm der PO. Dazu muss Tusk den Neoliberalismus endgültig über Bord werfen und sich erneut das Ziel der alten Solidarnosc-Gewerkschaft zum Ziel setzen: „Freiheit und Wohlstand für alle.“.
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