Türkischer Religionsvertreter in Köln: Anwalt des Propheten
Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion wirkt eher im Hintergrund. Nun freut sich ihr Vorsitzender über den Rückzug eines Karnevalswagens.
BERLIN taz | Üblicherweise machen die Vorsitzenden des größten Islam-Verbands in Deutschland nicht viel Aufhebens von sich. Aus Ankara entsandt, ziehen sie bei der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), der deutschen Außenstelle des türkischen Religionsministeriums, im Hintergrund die Strippen. Doch der Vorsitzende Nevzat Yasar Asikoglu sorgt, knapp vier Monate im Amt, für Aufsehen.
Vor Journalisten kritisierte er jüngst ein Gymnasium in Köln-Deutz, das in einer Glasvitrine das Cover des Satiremagazins Charlie Hebdo ausgelegt hatte. Das Titelblatt fördere Ressentiments, wenn es nicht inhaltlich eingeordnet werde, und „sollte in einer Schule nicht ausgelegt werden“, befand Asikoglu. Es sei „nicht förderlich für Menschen, die eine gewisse geistige Reife noch nicht erreicht haben“, kritisierte der Professor für Religionspädagogik und Vater dreier erwachsener Kinder.
Schulleiter Rolf Scheid zeigt sich von der Kritik schockiert. Eine neunte Klasse des Gymnasiums habe anlässlich des Anschlags eine kleine, rein schulinterne Ausstellung zum Thema „Pegida & Co“ organisiert. „Niemals wäre es unser Ziel, einen Teil der Schülerschaft in seinen Gefühlen zu verletzen“, schrieb er in einer Stellungnahme. Aber zu einer offenen Gesellschaft gehöre, „den freien Ausdruck einer anderen Meinung zu ertragen, auch wenn sie wehtun sollte“.
Auch dass Asikoglu – im Unterschied zu anderen Islam-Verbänden – den Rückzug eines Kölner Karnevalswagen zum Charlie-Hebdo-Massaker als „sehr positiv“ begrüßt hatte, ohne das genaue Motiv zu kennen, war auf Unverständnis gestoßen. Sein Verband spricht nun von einem „Missverständnis“ und erklärt, es sei „generell nicht unsere Aufgabe, einen Karnevalswagen zu kommentieren“.
Dabei hatte Ditib den Terror-Anschlag auf das Satiremagazin auf das Schärfste kritisiert und als Zeichen der Solidarität vor deutschen Medienhäusern sogar Mahnwachen organisiert. Als Freibrief zur Beleidigung des Propheten sollte man diese Geste aber nicht missverstehen, stellt Asikoglu nun klar. Offenbar will er sich als Anwalt der gekränkten Muslime profilieren. Dafür muss er sich künftig aber wohl bessere Anlässe suchen.
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