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Türkischer Einmarsch in SyrienUSA verhängen Sanktionen

Mehrere türkische Minister landen auf einer schwarzen Liste. Zudem werden Strafzölle auf türkische Stahlimporte auf 50 Prozent erhöht.

Pressekonferenz von US-Vize-Präsident Mike Pence (M.) in Washington Foto: Jacquelyn Martin/ap

Washington afp/dpa | Die USA haben wegen der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien Sanktionen gegen die Regierung in Ankara verhängt. Das US-Finanzministerium setzte am Montag den türkischen Verteidigungsminister Hulusi Akar, den Energieminister Fatih Dönmez, ihre beiden Ministerien als Ganzes sowie den Innenminister Süleyman Soylu auf eine schwarze Liste.

Damit wird mögliches US-Vermögen der Minister eingefroren, außerdem werden Finanztransaktionen mit ihnen untersagt. „Die Vereinigten Staaten ziehen die türkische Regierung für eskalierende Gewalt durch türkische Einheiten, die Gefährdung unschuldiger Zivilisten und die Destabilisierung der Region zur Verantwortung“, erklärte Mnuchin.

Neben den Sanktionen kündigte Trump in einer Erklärung die Anhebung von Strafzöllen auf Stahlimporte aus der Türkei auf 50 Prozent an. Zudem werde die US-Regierung „umgehend“ Verhandlungen über ein Handelsabkommen abbrechen. Trump drohte erneut, er sei bereit, „die Wirtschaft der Türkei umgehend zu zerstören, wenn die türkische Führung ihren gefährlichen und zerstörerischen Weg fortsetzt“.

Der US-Präsident hatte Ankara wiederholt mit harten Reaktionen wegen der Offensive in Nordsyrien gedroht. Allerdings hatte er selbst mit dem Abzug von US-Soldaten aus der Region den Weg für das militärische Vorgehen gegen die Kurdenmiliz YPG frei gemacht.

„Unberechenbare Politik“

Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, kritisierte die Sanktionen als nicht ausreichend, um die „humanitäre Katastrophe“ zu stoppen, die Trump mit seiner „unberechenbaren“ Politik hervorgerufen habe.

Der US-Präsident ist wegen seiner Syrien-Politik scharf kritisiert worden. Auch Politiker seiner republikanischen Partei werfen dem Präsidenten vor, die Kurden im Stich zu lassen, die an der Seite der USA gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gekämpft hatten.

Trump verteidigte seine Linie aber in einem sarkastischen Tweet: Jeder könne Syrien dabei helfen, die Kurden zu schützen – „Russland, China oder Napoleon Bonaparte“. Er wünsche ihnen gutes Gelingen. „Wir sind 7000 Meilen weit weg!“

US-Vizepräsident Mike Pence kündigte derweil an, rasch in die Türkei reisen zu wollen, um sich für einen Waffenstillstand einzusetzen. Trump habe mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan telefoniert und diesen aufgefordert, die „Invasion“ in Nordsyrien zu beenden, sagte Pence weiter.

US-Verteidigungsminister Mark Esper rief die Nato zu „Maßnahmen“ gegen die Türkei auf. Der „inakzeptable Einfall“ der Türkei habe die internationale Mission im Kampf gegen den IS „untergraben“ und zur Freilassung „vieler“ gefangener Dschihadisten geführt, erklärte der Pentagon-Chef. Er werde nächste Woche ins Nato-Hauptquartier nach Brüssel reisen und dort die Verbündeten um „diplomatische und wirtschaftliche Maßnahmen“ gegen das Nato-Mitglied Türkei bitten.

Die Türkei hatte am Mittwoch vergangener Woche ihre lange angekündigte Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG begonnen. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bereits mehr als 130 Kämpfer der kurdisch angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte sowie 69 Zivilisten getötet. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind 160.000 Menschen auf der Flucht.

Zuletzt rückten syrische Regierungstruppen auf Bitten der kurdischen Autonomieverwaltung auf die türkische Grenze vor. Die Einheiten von Machthaber Baschar al-Assad drangen syrischen Staatsmedien zufolge bis in die strategisch wichtige Stadt Manbidsch 30 Kilometer vor der Grenze vor.

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5 Kommentare

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  • Die Minister haben keine Zeit für Auslandsgeschäfte, sie müssen einen Krieg führen. Und den Stahl braucht die Türkei selber, für Panzer.



    Nebenbei, nur ein Bruchteil der inhaftierten sind, wie es heißt IS Kämpfer. Der größte Teil sind Angehörige und Kinder. Hierfür muss offenbar auch noch eine Lösung gefunden werden,. Peinlich dass die Staatengemeinschaft das Thema so lange vor sich hergeschoben hat.

  • Läuft doch alles. Die sunnitische Expansion, die ethnische Bereinigung, die Vernichtung von allem, was nicht rechts, authoritär und religiös ist.



    Ich würde dem Trottel im Weißen Haus mangels Geisteskraft keine Absicht unterstellen, aber ich glaube doch, dass viele einflussreiche Leute sehr zufrieden sein werden wenn der Pulverdampf verzogen, die Kurden als linke politische Kraft vernichtet, die Bevölkerung unter der Scharia, die letzte Bastion des arabischen Nationalismus geschleift, der Iran keinen Zugang zum Mittelmeer hat und Israel keine Rücksicht auf Irgendwen nehmen muss.

     

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  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Jede Sanktion von Waffen würde die Türkei stärker machen,""erklärte der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu.

    Damit hat er nicht ganz Unrecht - wenn die Türkei keine Waffen mehr aus der Bundesrepublik oder keine Kampfjets mehr aus den USA bekommt - dann ist die Russische Förderation im Geschäft - Putin freut sich über jeden Kampfgefährten gegen den Westen - und der Türkei fällt es einfacher, den westlichen Orbit noch konsequenter zu verlassen.

    Wer allerdings Trumps ""irrlichtern" folgt - sprich Trumps Brachialsanktionen - erklärt sich selbst zum Kandidat für das Irrenhaus.

    Intelligente Sanktionen sind gefragt - nach Aussagen des Handelsblatts hat VW den Bau eines Werkes in der Türkei vorerst aufs Eis gelegt. Das bedeuetet: 4.000 Arbeitsplätze in der Türkei stehen auf dem Spiel.

    Eine Mischung aus Hinweisen von künftigen Einschränkungen und Sanktionen die momentan wehtun sind gefragt. Europa hat da weit besseren Möglichkeiten als die USA - weil die EU27 inklusive der Bundesrepublik sehr viel mehr Handel mit der Türkei treibt als die USA.

    Das bedeutet aber auch Erdogan im Spiel mit europäischen Organisationen - wie zum Beispiel mit der Europäischen Zollunion -- zu halten. Brutalo Sanktionen helfen nicht - im Gegenteil - Ausgleich türkischer Interessen durch die EU ist ein viel stärkerer Hebel Europas um in der Türkei berechtigte Interessen wahr zu nehmen.

  • Dann hat Trump es ja doch richtig gemacht. Abzug aus dem Gebiet, um nicht in Kampfhandlungen hineingezogen zu werden (Türken haben Einheiten der US dennoch angegriffen) und dennoch empfindliche Konsequenzen platziert.

  • Man könnte Trump loben für seine erste vernünftige Entscheidung seit Amtsantritt, wenn man nicht gewärtig sein müsste, dass er mit einer nächsten oder übernächsten Entscheidung alles wieder zunichte macht.