Türkische Zentralbank hat neuen Chef: Personalkarussell dreht sich weiter
Die türkische Zentralbank hat schon wieder eine neue Spitze. Die bisherige Chefin Erkan musste gehen, weil sie Ärger mit Präsident Erdoğan hat.
Hafize Gaye Erkan war die erste Frau an der Spitze der türkischen Zentralbank. Sie hatte zuvor als Bankerin in den USA gearbeitet und vertrat wie die Mehrheit der westlichen Zentralbanken die Meinung, dass eine hohe Inflation durch hohe Leitzinsen bekämpft werden müsse. Präsident Recep Tayyip hatte seine ständig wechselnden Zentralbankchefs zuvor immer angehalten, die Zinsen möglichst niedrig zu halten, das würde auch die Inflation senken. Doch das Gegenteil war der Fall. Die Türkei hat eine der höchsten Inflationsraten weltweit, die türkische Lira verliert seit Jahren dramatisch an Wert. Ein gigantischer Kaufkraftverlust für die Bevölkerung ist die Folge, der viele in Armut gestürzt hat.
Gaye Erkan begann deshalb zügig, die Leitzinsen der Zentralbank zu erhöhen. Von nur 8,5 Prozent bei ihrem Antritt verließ sie die Bank bei einem Leitzins von 45 Prozent. Trotzdem verharrt die Inflationsrate nach wie vor auf offiziell 65 Prozent, unabhängige Experten sehen sie bei über 100 Prozent. Gaye Erkan hatte angekündigt, dass es wahrscheinlich bis Ende 2025 dauern werde, bis die Inflation spürbar sinken werde. Dennoch sehen die internationalen Kapitalmärkte die Türkei auf dem Weg der Erholung.
Dass Erkan gehen musste, soll an einem gestörten Verhältnis zu Erdoğan und Şimşek gelegen haben. In den türkischen Medien gab es eine Kampagne gegen sie, weil sie ihren Eltern, die sich um ihr einjähriges Kind kümmern, eine kleine Wohnung in den Räumen der Zentralbank hatte einrichten lassen. Ihr Nachfolger, Fatih Karahan, ist mit 42 Jahren der jüngste Zentralbankchef, den die Türkei bislang hatte. Er kommt ebenfalls aus den USA, hat zunächst zehn Jahre bei der US-Zentralbank FED in New York gearbeitet und war zuletzt bei Amazon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett