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Türkische Wahl in DeutschlandErdogan im Olympiastadion

Im größten Stadion Berlins können heute rund 100.000 Türken ihren Präsidenten wählen. Mit Protesten gegen Erdogan rechnet die Polizei nicht.

Im Olympiastadion gehen deutsch-türkische Berliner wählen. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Olympiastadion wird vom heutigen Donnerstag an bis Sonntag der Ort, an dem viele in Berlin und benachbarten Bundesländern lebende Türkinnen und Türken – teils zum ersten Mal – an einer politischen Wahl teilnehmen können. Dabei geht es um eine Entscheidung, die das Herkunftsland der EinwanderInnen betrifft. Denn zur Wahl steht in Berlin-Charlottenburg der künftige Staatspräsident der Republik Türkei.

Eine Änderung des türkischen Wahlrechts aus dem Jahr 2012 macht die Wahlteilnahme der Auslandstürkinnen und -türken möglich; bisher mussten sie mindestens zur türkischen Grenze reisen, wollten sie ihre Stimme abgeben. In Berlin verfügt knapp die Hälfte der rund 200.000 Türkeistämmigen über die türkische Staatsbürgerschaft – teils neben der deutschen, was bis zur Änderung des Staatsbürgerschaftrechts im Jahr 2000 möglich war. Gut 92.000 davon sind wahlberechtigte Erwachsene. Wählen sollen im Olympiastadion aber auch TürkInnen aus den Bundesländern Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg – was die Zahl der TeilnehmerInnen allerdings kaum erhöhen dürfte. In Brandenburg etwa wohnen weniger als 2.000 türkische StaatsbürgerInnen. In Sachsen leben etwa 4.000, in Mecklenburg-Vorpommern nur etwa 1.000 TürkInnen. Deutschlandweit sind es knapp 1,5 Millionen.

Wie hoch die Wahlbeteiligung der in Berlin zur Wahl aufgerufenen TürkInnen und Türken allerdings ausfallen wird, ist kaum vorhersehbar. Selbst die türkische Botschaft, die über die Generalkonsulate an sechs weiteren Orten in Deutschland die Durchführung der Wahl organisiert, geht von einer „eher geringen“ Wahlbeteiligung aus, „da der Wahlzeitraum in die Sommerferien fällt und viele türkische Staatsbürger im Urlaub sind“, heißt es auf taz-Anfrage. Wer den in der Türkei verbringt, kann allerdings auch da wählen.

Zur Wahl steht der amtierende türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, auf dessen regierende AK-Partei auch die Einführung des Wahlrechts für die Auslandstürken sowie die diesmalig erste Direktwahl des Präsidenten durch das Volk zurückgeht. Bisher wählte das türkische Parlament den Staatspräsidenten. Erdogans Gegenkandidaten – der Exchef der Organisation für islamische Zusammenarbeit, Ekmeleddin Ihsanoglu, und der Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker, Selahattin Demirtas – werden kaum Chancen eingeräumt. Wahlkampf in Deutschland war den Kandidaten nicht erlaubt.

Polizei rechnet mit „unproblematischem Verlauf“

Dass es im Umfeld der Wahl im Olympiastadion zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern verschiedener Lager kommen könne, schließt die Polizei aus: Kundgebungen oder Demonstrationen seien bislang nicht angemeldet. Man sei vor allem „zur Sicherung des Verkehrs“ vor Ort, heißt es aus der Pressestelle. Um Sicherheitsmaßnahmen innerhalb des Stadions kümmere sich ein privates Wachschutzunternehmen. Man rechne mit einem „störungsfreien und unproblematischen Verlauf“, so die Polizei. Im vergangenen Sommer hatten die gegen Erdogan gerichteten Proteste gegen die Bebauung des Istanbuler Geziparks in der Türkei auch unter den in Berlin lebenden Türkeistämmigen zu Solidaritätsdemos geführt.

Kritik an der Wahlmöglichkeit für die hiesigen TürkInnen weisen Migrantenorganisationen zurück. Es sei „normal, dass Staaten die Wahlbeteiligung ihrer im Ausland lebenden BürgerInnen ermöglichten“, sagt etwa Hilmi Kaya Turan, ehemaliger Sprecher des Türkischen Bundes Berlin (TBB). Dass teils seit Jahrzehnten in Deutschland lebende EinwanderInnen aus der Türkei immer noch die türkische Staatsbürgerschaft besäßen, sei auch Folge von „Schikanen“, sagt Safter Cinar, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Deutschland. Er meint damit etwa die erschwerte Einbürgerung durch das 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung geänderte Staatsbürgerschaftsrecht, das auch den Doppelpass in vielen Fällen abschaffte.

Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) sieht die Wahl pragmatisch: Es sei eben das Recht jedes Staatsbürgers, bei Wahlen in seinem Land seine Stimme abzugeben. Die türkeistämmige Sozialdemokratin wird aber nicht selbst an der Wahl teilnehmen: Sie sei deutsche Staatsbürgerin, so Kolat: „Ich gehe ins Olympiastadion, wenn Hertha wieder spielt.“

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7 Kommentare

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  • Dass ein großer Teil der Deutschtürken Aalarmglocken klingeln lassen. Erdogan, dessen skandalöse Auftritte Integration entgegenwirken und der die vollständige Islamisierung der Türkei vorantreibt.

  • Auf den Fotos sind überwiegend Männer zu sehen. Dürfen die Männer, Ehemänner, für ihre Frauen mitwählen?

     

    Wenn ich bedenke, daß erst gestern die Nachricht kam, daß der Vizepräsident entschieden hat, daß Frauen in der Türkei nicht mehr in der Öffentlichkeit laut lachen dürfen und daß die Frauen nicht mehr stundenlang Telefonate per Handy führen dürfen, um Kochrezepte, Familienangelegenheiten und Tratsch und Klatsch stundenlang zu besprechen und Informationen auszutauschen, dann würde mich das nicht wundern, wenn jetzt die Frauen ruhig zu Hause bleiben dürfen, weil ihre Ehemänner für die mitwählen.

     

    Für diese Neuregelungen soll der Koran Auskunft geben. Gemäß dem Koran sei das angeblich nicht erlaubt??? Stimmt das?

     

    Meine Meinung als echte Berlinerin West und echte Europäerin West (bin nicht stolz, eine Deutsche zu sein) dazu ist klipp und klar schnoddrig gesprochen, pardon!, geschrieben und kommentiert: Hirnrissig!!!

  • Weitere Fragen:

     

    Warum dürfen auch andere türkischstämmige Bürger*innen aus den Nachbarländern hier in Berlin wählen? Hamburg ist nicht weit. Hannover auch nicht. Gibt es in diesen Städten keine türkischen Konsulate, in denen die Wähler*innen ihre Stimme abgeben können? Oder dorthin ihren Wahlzettel per Post hinschicken?

     

    Ist das ganze Procedere ein Abkommen zwischen dem türkischen Staat und der Bundesrepublik Deutschland? Konnten türkischstämmige Deutsche oder so von der Türkei aus an den Europawahlen 2014 teilnehmen, wenn sie dort auf Urlaub oder auf einer wichtigen Geschäftsreise waren?

     

    Gibt es in der Türkei auch Landeswahlbüros und Wahllokale, die die Stimmzettel amtlich doppelt und dreifach auszählen, um dann das Ergebnis amtlich zu veröffentlichen? Wird es in der Türkei eine Hochrechnung der Wahlergebnisse geben? Ist diese Wahl vergleichbar mit der Bundestagswahl?

    Was machen denn die Kurden und Aleviten, die auch die türkische Staatsbürgerschaft haben, aber hier in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben? Können auch die Kurden aus dem Nordirak an der Wahl teilnehmen, falls sie die türkische Staatsbürgerschaft haben?

     

    Ich habe da irgendwie ein sehr komisches Bauchgefühl bzw. eine These, die ich aber erst einmal nicht äußere und abwarte, wie meine zahlreichen Fragen beantwortet werden. Von wem und wann? Nach der Wahl eventuell am Montag?

  • Au weia! Was soll denn das?

     

    Bezahlt die AKP das Wach- und Sicherheitspersonal im Olympiastadtion? Wieso überhaupt das gesamte Olympiastation? Hat der türkische Staat das Olympastadtion gemietet? Wer finanziert eigentlich den Einsatz der Berliner Polizei? Ist das eine Anmeldung nach Art und Weise einer "Wahl-Demonstration" für die AKP, die keine deutsche und auch keine europäische Partei ist, sowie eine Anmeldung nach Art und Weise einer "Wahl-Versammlungsfreiheit" für die AKP? Warum darf Erdogan in Deutschland und jetzt in Berlin eindeutig und zweifellos wieder einmal Wahlkampf - wie einst 2008 in Köln? - betreiben und seine Gegenkandidaten aber nicht? Jetzt sogar sich direkt im Berliner Olympastadtion wählen lassen? Warum können die Berliner türkischstämmigen Wähler*innen nicht in der Botschaft oder im Konsulat wählen gehen - wie es bekanntlich Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der ZEIT, bei den Europawahlen 2014 getan hat, indem er zum italienischen Konsulat gegangen ist und dort gewählt hat? Etliche mit Doppelpaß sicherlich auch bei ihren jeweiligen Konsulaten oder per Briefwahl? Ach ja, warum können die türkischstämmigen Berliner*innen nicht per Briefwahl wählen? Das machen doch Amis, Franzosen, Briten etc. doch auch, wenn sie einen Doppelpaß haben oder nicht oder lediglich von Deutschland aus ihr jeweiliges Wahlrecht wahrnehmen wollen?

     

    Wenn die anderen kandidierenden türkischen Parteien hier nicht für ihre Wahl werben können, ist doch klar, daß sie keine oder nur wenige Chancen auf die Stimmen der türkischstämmigen Berliner*innen haben. Wieso erhalten Erdogan und seine AKP eine Art Sonderrechte?

     

    Hat die taz so einen Wahlstimmzettel aus der Türkei zur Verfügung und kann ihn mal für alle zur Information abdrucken?

  • Da werden die rückständigen/traditionellen Türken aus Deutschland dazu beitragen das es den Türken in der Türkei zunehmend schwer gemacht wird ein selbsbestimmtes leben zu führen. Die Klammern des islam mit seiner Totalüberwachung schließen sich.

  • Mein Tipp:

     

    Erdogan bekommt rund 80%

     

    Schließlich ist die Türken-Community in Sachen "Israel-Kritik" im Einklang mit Erdogan

  • Interessant ist nicht, dass in Deutschland lebende Türken bei den türkischen Wahlen wählen dürfen, sondern viel mehr, wie das Ergebnis ausgeht. Wenn, was nach bisherigen Umfragen zu erwarten ist, hunderttausende hier lebende Türken für einen ausgesprochenen Antisemiten stimmen werden, kann sich hinterher niemand mehr einfach darauf berufen, man habe diese Menschen ausreichend integriert, indem man den Bundespräsidenten lediglich sagen lässt: „Der Islam gehört zu Deutschland!“