Türkei verweigert Einreise: Abgeordnete dürfen nicht nach Incirlik
Eine Delegation des deutschen Verteidigungsausschusses wollte in die Türkei fliegen. Nach der Absage wird nun ein Abzug der Soldaten wahrscheinlich.
Vom südtürkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik aus fliegt die Bundeswehr Aufklärungseinsätze gegen den IS in Syrien und dem Irak. Die Delegation des Verteidigungsausschusses wollte nun in die Türkei reisen, um die dort stationierten deutschen Soldaten zu besuchen.
Schon im vergangenen Jahr gab es monatelangen Streit um eine solche Reise: Im Frühsommer wollte damals eine Delegation des Verteidigungsausschusses in die Türkei fliegen, als Reaktion auf die umstrittene Bundestagsresolution zum türkischen Genozid an den Armeniern verweigerte Ankara aber die Genehmigung. Es folgten langwierige Verhandlungen – erst im Oktober durfte die Delegation dann nach Incirlik reisen.
Sieben weitere Abgeordnete von CDU/CSU und Linkspartei, die den Luftwaffenstützpunkt im vergangenen Jahr alleine besuchen wollten, erhielten noch nicht mal eine Absage aus Ankara. Auf ihre Reiseanträge reagierte die türkische Regierung überhaupt nicht.
Jordanien, Kuwait und Zypern
Wegen der langen Diskussionen hatten Abgeordnete der Regierungsfraktionen zum Jahresende der Verlängerung des Einsatzes nur unter der Bedingung zugestimmt, dass das Verteidigungsministerium mögliche Alternativen zu Incirlik auskundschaftet. Das ist mittlerweile erfolgt: Der Bundesregierung zufolge könnte die Bundeswehr theoretisch auf Stützpunkte in Jordanien, Kuwait und Zypern ausweichen.
Bislang lehnte die Regierung einen Umzug ab. Nach dem Einreiseverbot aus Ankara kommt nun aber Bewegung in die Debatte. Nach taz-Informationen hat die Bundesregierung den Abgeordneten gegenüber angedeutet, jetzt konkrete Gespräche über eine Verlegung aufzunehmen. Sollte die Türkei an ihrer Linie festhalten, soll der Abzug in den kommenden Wochen beschlossen werden.
Ein Sprecher des Außenministeriums bestätigte am Vormittag, dass die Regierung über Alternativen nachdenkt. Wenn die Türkei bei ihrer Haltung bleibe, sei man „in einer Situation, in der wir uns Gedanken darüber machen müssen, andere Lösungen zu finden.“ Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums kündigte konkrete Planungen für einen Umzug nach Jordanien an. Eine Verlegung von Soldaten und Material sei aber nicht von heute auf morgen zu machen, sondern würde mehrere Monate dauern.
Der Druck aus dem Bundestag nimmt allerdings schon jetzt zu. Der Linken-Verteidigungspolitiker Alexander Neu forderte am Montag erneut, die Bundeswehr aus der Türkei abzuziehen. „Das würdelose Agieren der Bundesregierung ist der Preis für die geopolitisch geprägte deutsche Machtpolitik“, sagte er der taz. „Hinzu kommt der schändliche EU-Türkei-Deal, mit dem Flüchtlinge vom Erreichen der EU abgehalten werden sollen.“ Die Bundesregierung mache sich dadurch erpressbar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Proteste gegen LNG-Gipfel in Berlin
Partycrasher am Luxushotel
Abschiebungen syrischer Geflüchteter
Autokorsos und Abschiebefantasien