Türkei und Griechenland streiten um Gas: Logik der Nationalisten
Es hat schon banalere Gründe für einen Krieg gegeben: Der Konflikt um Gasvorkommen im Mittelmeer vor Zypern droht sich auf ewig zu verlängern.

Ein türkisches Bohrschiff vor Zypern im August 2019 Foto: reuters
Wenn das eine Dorf einen Stromanschluss erhält, der Nachbarort aber nicht, dann ist das ungerecht. Aber daraus erwächst kein Drama. Wenn aber der eine Dorfvorsteher ein Grieche und der andere ein Türke ist, wenn Nationalisten die Stromfrage zur prinzipiellen Angelegenheit erklären und daraus Ansprüche für ein ganzes Land ableiten, wird es gefährlich.
Wenn sie dann bewaffnete Milizen gründen und die Einwohner der nächsten Stadt, ja des ganzen Landes mobilisieren und sich schließlich fremde Staaten in den Konflikt einmischen – dann, ja dann erwächst daraus ein Krieg. So begann vor mehr als 60 Jahren der Zypernkonflikt.
Heute geht es nicht mehr um die Straßenbeleuchtung von Dörfern, sondern um Gasvorkommen im Mittelmeer und Milliardengeschäfte. Aber das Prinzip ist das gleiche geblieben. Griechische und türkische Zyprioten streiten sich auf ihrer längst geteilten Insel um wirtschaftliche Ressourcen. Die „Mutterländer“ Griechenland und die Türkei nehmen für jeweils ihre Volksgruppe Partei und drohen einander. Es hat schon banalere Gründe für einen Krieg gegeben.
Völkerrechtlich betrachtet spricht vieles dafür, der griechischen Position recht zu geben, nach der nur Zypern das Gas rund um die Insel fördern darf. Die türkische Auffassung, man könne die Naturschätze vor der Küste ohne Rücksicht auf den Inselstaat ausbeuten, steht auf tönernen Füßen. Nordzypern, das Land, in dem heute die türkischen Zyprioten leben, ist international nicht anerkannt und kann daher keine Rechtstitel erwirken.
Im Sinne der Verständigung zwischen griechischen und türkischen Zyprioten – von Athen und Ankara gar nicht zu sprechen – ist das freilich nicht. Sie geböte eine Beteiligung der Nachbarn im Norden der Insel. Doch solange kein verantwortlicher Politiker dazu bereit ist, die eigene, national geprägte Logik zu überwinden, wird der Konflikt bis in alle Ewigkeiten verlängert werden – zum Leid aller Menschen, gleich ob Türken oder Griechen.
Türkei und Griechenland streiten um Gas: Logik der Nationalisten
Es hat schon banalere Gründe für einen Krieg gegeben: Der Konflikt um Gasvorkommen im Mittelmeer vor Zypern droht sich auf ewig zu verlängern.
Ein türkisches Bohrschiff vor Zypern im August 2019 Foto: reuters
Wenn das eine Dorf einen Stromanschluss erhält, der Nachbarort aber nicht, dann ist das ungerecht. Aber daraus erwächst kein Drama. Wenn aber der eine Dorfvorsteher ein Grieche und der andere ein Türke ist, wenn Nationalisten die Stromfrage zur prinzipiellen Angelegenheit erklären und daraus Ansprüche für ein ganzes Land ableiten, wird es gefährlich.
Wenn sie dann bewaffnete Milizen gründen und die Einwohner der nächsten Stadt, ja des ganzen Landes mobilisieren und sich schließlich fremde Staaten in den Konflikt einmischen – dann, ja dann erwächst daraus ein Krieg. So begann vor mehr als 60 Jahren der Zypernkonflikt.
Heute geht es nicht mehr um die Straßenbeleuchtung von Dörfern, sondern um Gasvorkommen im Mittelmeer und Milliardengeschäfte. Aber das Prinzip ist das gleiche geblieben. Griechische und türkische Zyprioten streiten sich auf ihrer längst geteilten Insel um wirtschaftliche Ressourcen. Die „Mutterländer“ Griechenland und die Türkei nehmen für jeweils ihre Volksgruppe Partei und drohen einander. Es hat schon banalere Gründe für einen Krieg gegeben.
Völkerrechtlich betrachtet spricht vieles dafür, der griechischen Position recht zu geben, nach der nur Zypern das Gas rund um die Insel fördern darf. Die türkische Auffassung, man könne die Naturschätze vor der Küste ohne Rücksicht auf den Inselstaat ausbeuten, steht auf tönernen Füßen. Nordzypern, das Land, in dem heute die türkischen Zyprioten leben, ist international nicht anerkannt und kann daher keine Rechtstitel erwirken.
Im Sinne der Verständigung zwischen griechischen und türkischen Zyprioten – von Athen und Ankara gar nicht zu sprechen – ist das freilich nicht. Sie geböte eine Beteiligung der Nachbarn im Norden der Insel. Doch solange kein verantwortlicher Politiker dazu bereit ist, die eigene, national geprägte Logik zu überwinden, wird der Konflikt bis in alle Ewigkeiten verlängert werden – zum Leid aller Menschen, gleich ob Türken oder Griechen.
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Kommentar von
Klaus Hillenbrand
Leiter taz.eins
Jahrgang 1957, ist Leiter von taz.eins, dem Ressort, das die Seite eins und die Schwerpunktseiten plant und produziert. Er ist seit den 1980er Jahren bei der taz und war u.a. Chef vom Dienst und Ressortleiter im Inland. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte. Zuletzt erschien von ihm herausgegeben: "Das Amulett und das Mädchen", Hentrich & Hentrich 2019
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