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Tschernobyl-JahrestagOstermärsche gegen Atomkraft

Kundgebungen im Schatten von Krümmel und Brunsbüttel, die AKWs Grohnde und Esenshamm werden umzingelt: An den Standorten der Atomindustrie im Norden demonstriert die Protestbewegung am Ostermontag für den Ausstieg.

Ostermontag mahnen sie in der Region ums AKW Brunsbüttel: Atommüllfässer aus der Asse werden im Elmshorn aufbereitet. Bild: IG Metall Unterelbe

Mit einer PR-Aktion hat die Umweltorganisation Robin Wood die letzte Phase des Countdowns eingeleitet: Um für die Demos zum 25. Tschernobyl-Gedenktag am Ostermontag zu werben, seilten sich Gründonnerstag drei Aktivisten vom Dach des Vattenfall-Kundenzentrums in der Hamburger Innenstadt ab. An der Fassade brachten sie ein Transparent an: "GAU-Roulette: Tschernobyl - Fukushima - Krümmel?" Mobilisiert aber wird auch andernorts im Norden. Ein Überblick:

Der Vattenfall-Meiler Krümmel in der Elbmarsch bei Geesthacht - wegen technischer Defekte zurzeit stillgelegt - ist einer von fünf Standorten, an denen am Montag demonstriert wird für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie: Dort beginnt der Protest um "5 vor 12" vor dem AKW. Sprechen werden auf der Kundgebung unter anderem Sebastian Pflugbeil von der Gesellschaft für Strahlenschutz, Juri Wazkel, der als ukrainischer "Liquidator" in Tschernobyl tätig war und Helga Schwitzer vom Bundesvorstand der IG Metall.

Danach zieht ein Mahnumzug die Elbuferstraße entlang zum Menzer-Werft-Platz: Die TeilnehmerInnen sind aufgerufen, schwarze Armbinden oder schwarze Kleidung zu tragen und damit der Opfer von Tschernobyl und Fukushima sowie aller anderen Opfer der Atomindustrie zu gedenken.

Im Braunschweiger Land treffen sich AtomkraftgegnerInnen an mehreren Haltestellen, um zu einer zentralen Kundgebung vor dem Atommülllager Schacht Konrad bei Salzgitter zu ziehen. Dort findet ab 14 Uhr eine Familienkundgebung und Kulturprogramm statt.

Vor dem AKW Grohnde wird um 13 Uhr eine Kundgebung unter dem Motto "Abschalten - jetzt und für immer" abgehalten. Eine Stunde später dann soll der Meiler "umzingelt" werden, im Anschluss gibt es Konzert und Kulturprogramm. In Grohnde hatte AKW-Betreiber Eon eigentlich in diesem Frühjahr mit dem Einsatz plutoniumhaltiger Mischoxid-Brennelemente beginnen wollen - eben jener Technik, die in Fukushima beträchtliche Probleme bereitet.

Das AKW in Esenshamm in der Wesermarsch soll am Tschernobyl-Gedenktag ebenfalls umzingelt werden. Dafür versammeln sich AtomkraftgegnerInnen um 13.45 Uhr auf dem Markplatz in Rodenkirchen.

Auch rund um den Meiler Brunsbüttel beginnen um "5 vor 12" dezentrale Aktionen. Auftaktkundgebungen gibt es in Burg, St. Michaelisdonn, Wacken, am Störsperrwerk bei Glückstadt sowie in Wilster: Die Orte in der Niederelbe-Region wären im Falle eines GAUs faktisch Evakuierungsgebiet. Von den Treffs aus geht es anschließend in Buskonvois zum AKW Brunsbüttel, wo um 14 Uhr eine Kundgebung abgehalten wird. Da die Region Wilster Marsch für den Individualverkehr gesperrt sein wird, ist das AKW Brunsbüttel mit Privatfahrzeugen ausschließlich über Büttel zu erreichen - sofern die Region um das AKW Brokdorf weiträumig umfahren wird.

Von Wilster und vom Störsperrwerk aus starten zwei Fahrraddemonstrationen, die auf idyllischen Nebenstrecken nach Brunsbüttel fahren. In Vaale sammeln sich MotorradfahrerInnen, um nach der dortigen "5 vor 12"-Kundgebung als Korso gen Brunsbüttel aufzubrechen. Den Wasserweg wählen jene Atomkraft-GegnerInnen, die, je nach Windverhältnissen, gegen 11 Uhr von Glückstadt aus zum AKW Brunsbüttel segeln.

Auf der Abschlusskundgebung vor dem Brunsbütteler AKW-Tor sprechen der amtierende Bischof von Hamburg, Jürgen Bollmann, Angelika Claußen, Vorsitzende der IPPNW - Ärzte gegen Atom, und der stellvertretende Bundesvorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel. Musik kommt von der Band Ton Steine Scherben Family.

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1 Kommentar

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  • HK
    Herr Karl

    Durch 25 Jahre Tschernobyl und Fukushima ist das Thema gerade sehr präsent in der Öffentlichkeit und den Medien. Es ist fraglich, ob bei den Verantwortlichen wirklich ein tiefgehenden Umdenken stattfindet, nachdem wieder andere Themen aktuell werden.

     

    Selbst Leute die es eigentlich besser wissen sollten halten nach wie vor an der Atomkraft fest. So auch einer der ranghohen Koordinatoren der Liquidatoren von Tschernobyl, der die schädlich Wirkung der Strahlung am eigenem Leib erfahren durfte, als er mit einem vierköpfigen Himmelsfahrtkommando zu Messungen in den Sarkophag ging. Einer seiner Kollegen starb noch im Inneren, zwei kurze Zeit später. Nur er überlebte.

     

    Der Mann ist noch heute überzeugter Verfechter der Atomkraft. Sein eindrucksvoller Bericht vom Einsatz im Sarkophag ist jetzt in Buchform erschienen.

     

    Anatoly N. Tkachuk: Ich war im Sarkophag von Tschernobyl. Wien 2011.