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Trumps WirtschaftsstrategieWillkommen in der Zöllehölle

Das Weiße Haus rühmt die wirtschaftliche Strategie Donald Trumps. Der Rest der Welt verzweifelt. Über die Eskalation des Welthandelsdramas.

US-amerikanisches Symbol: Die Levi's Jeans wird wohl teurer – dank Trump Foto: imago

Berlin taz | Kein anderer Präsident hätte getan, was ich getan habe. Und es musste getan werden“, sagte Donald Trump. Sein Stab lobte die „größte wirtschaftliche Meisterstrategie eines amerikanischen Präsidenten in der Geschichte“. Der Rest der Welt war sich einig, dass Trump einen Knall hat und den Planeten mit seinem Zölle-Hü-und-Hott in den Ruin treiben wird.

PolitikerInnen und ÖkonomInnen weltweit sind entsetzt darüber, dass der US-Präsident binnen einer Woche Importabgaben für 180 Staaten ankündigt, um sie dann für die meisten erst mal drei Monate auszusetzen – für neue Deals und Zockereien. Das Problem: Welthandel funktioniert so nicht. Stattdessen gilt: Unsicherheit = Gift fürs Geschäft.

Was gehen mich Trumps Zölle an?

Viel. Levi’s, die US-Jeansmarke mit fränkischen Wurzeln und heute 130 Fabriken weltweit, meint, Trumps Zollpolitik ohne Blessuren ausgleichen zu können. Nämlich mit Preiserhöhungen. „Angesichts ihrer guten Verfassung“ verfüge Levi’s über „Preissetzungsmacht“, sagen die Manager. Das mag sein. Andere Firmen haben diese gute Verfassung aber nicht. Europas Autobauer jammern, weil sie weiter von 25 Prozent Zollaufschlag betroffen sind – und denken über mehr Produktion in den USA nach.

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Und wenn europäische Maschinen oder pharmazeutische Güter wegen der Zölle in den USA ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren (Aufschlag derzeit: 10 Prozent), dürfte das Jobs kosten. ExpertInnen rechnen mit bis zu 300.000 Arbeitsplätzen allein hierzulande, die je nach Eskalation des Zollkrachs in Gefahr sind. Seit Mitte 2022 stieg die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland bereits um ein Fünftel auf mehr als 400.000 Per­sonen. Die deutsche Wirtschaft schwächelt: Rezession seit zwei Jahren. Ob es 2025 besser wird, hängt stark vom Handelskrach ab. Die USA sind der wichtigste Geschäftspartner, vor China. Mehr als jeder fünfte Job in Deutschland hängt direkt vom Export ab.

Was kann Europa tun?

Die EU zittert. Die Abkehr des transatlantischen Freunds ist schon bei der Sicherheitspolitik schmerzlich. Nun also die Zöllehölle. Für Trump sind die Europäer „Schmarotzer“, die US-Produkte durch hohe Umweltauflagen oder die Mehrwertsteuer draußen halten wollen. Stahl- und Aluminiumprodukte sind wie Autos bereits mit 25 Prozent Zöllen belegt. Europa konterte mit Gegenzöllen auf Motorräder, Obst, Kleidung oder Zahnseide. Bourbon ist nicht mehr dabei, weil sich die EU mal wieder nicht einigen konnte. Da Franzosen und Italiener Angst vor von den USA angedrohten Zöllen in Höhe von 200 Prozent auf Wein und Spirituosen hatten, bleibt der Import von Jack Daniel’s aus Lynchburg, Tennessee, vorerst verschont.

Längst hat die EU-Kommission zugesagt, mehr Panzer, Agrargüter und Flüssiggas (LNG) in den USA zu kaufen, um Trump zu besänftigen. Die Hälfte des LNG für die EU kommt bereits aus den Vereinigten Staaten. Aber: Erstens kaufen private Firmen und nicht Regierungen – und zwar bei wem sie wollen. Zweitens ist US-Frackinggas viel teurer als etwa norwegisches. Drittens droht eine neue Energieabhängigkeit von einem Land. Viertens würde Europa damit weiter auf fossile Energien setzen.

Was ist mit China?

Da naht die nächste „ökonomische Atombombe“ (laut Financial Times).Das Regime in Peking will nämlich „bis zum Ende“ gegen Trumps Zölle kämpfen. Das ist nicht nur schlecht für die USA und China, sondern auch für den Rest des Globus, weil die beiden größten Volkswirtschaften und der Welthandel eng verflochten sind.

Auf Waren vom Systemrivalen China erhob Trump jetzt einen Monsterzoll von 145 Prozent. Das heißt: Produkte aus der Volksrepublik werden beim Import in die Staaten anderthalb mal so teuer. Medien berichteten bereits von „Zollgebühren“ auf Kleidung in Läden in Philadelphia, der Spielekonsolenhersteller Nintendo cancelte Vorbestellungen für die Switch 2, Apple eröffnet eine I-Phone-Fabrik in Indien.

Das Problem für Europa: Wo sollen die Waren hin, wenn sie nicht in den USA verkauft werden? ExpertInnen fürchten, dass der Kontinent bald mit supergünstiger Elek­tro­nik, E-Autos, Wärmepumpen und Wind­rädern aus der Volksrepublik geflutet wird. Das wäre gut für die VerbraucherInnen, aber desaströs für hiesige Anbieter. In der Solarbranche haben Überkapazitäten in Fernost hiesige Anbieter bereits vom Markt gefegt. Zudem ist der Konflikt noch längst nicht am Ende: Peking hat am Freitag 125 Prozent Vergeltungszölle für US-Güter angekündigt. Das wird nicht das letzte Wort gewesen sein.

Wem soll das alles nutzen?

Quasi niemand außerhalb des Weißen Hauses versteht Trump. Deshalb boomen die Verschwörungstheorien. Eine lautet: Trump will die Börsenkurse weltweit in den Keller bringen, damit sich seine milliardenschweren Investoren-Amigos günstig mit Aktien eindecken können. Seit Amtsantritt sind die Kurse tatsächlich weltweit abgeschmiert. Nach Trumps Zoll-Kehrtwende legte aber der Wert der im wichtigen US-Index S&P 500 vertretenen Konzerne um etwa 4 Billionen US-Dollar zu. „Man sagt, es war der größte Tag in der Finanzgeschichte“, betonte Trump.

Zum Beispiel für Elon Musk: Die Aktienkurse von Tesla zogen um fast 23 Prozent an, Musks Vermögen vermehrte sich um 20 Milliarden US-Dollar. Reicht das, um den Unmut von Trumps Beratern zu besänftigen? Musk hat sich ja als Freund des Freihandels geoutet.

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6 Kommentare

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  • Das Alles zeigt doch sehr schön wie überholt dieses unsere Schneeballsystem "kapitalistische Marktwirtschaft" wirklich ist.



    Was darin wirklich funktioniert ist immer wieder die Umverteilung: Wenige zocken die Mehrheit ab.



    Seit 20 Jahren geht es dank Internet und neuen Technologien noch schneller und effizienter, ist aber seit 300 Jahren im Prinzip so.

  • China ist langfristig ein sicherer Partner. Die chinesische Politik sieht keine Harakiri-Aktionen vor. Chinesische Umweltstandards sind inzwischen besser als amerikanische, die Qualität chinesischer Produkte verbessert sich ständig. Aber Europa will lieber Frackinggas und Whisky.

  • " Kein anderer Präsident hätte getan, was ich getan habe" Damit hat er völlig recht. Kein anderer Präsident war so strohdumm und so extrem rücksichtslos wie dieser.

    • @Perkele:

      "Kein anderer Präsident war so strohdumm und so extrem rücksichtslos wie dieser."



      Diese Mär vom dummen Trump glaub ich nach der vergangenen Woche nicht mehr.



      Ich würde mal vorschlagen, genau so zu handeln und argumentieren wie die jetzige US-Administration: Wir kümmern uns einen Scheiß was ihr sagt. Wir machen nur das, was wir für richtig halten.



      China z.B.: was, ihr Amis wollt unsere Elektronik und wertvollen Rohstoffe nicht mehr. Dann verschenken wir sie nach Russland, oder in den Iran ...

  • Die Zocker ruinieren ganze Volkswirtschaften. "In god we trust"



    ( Dollar-Schein ) Diese gott-ähnlichen Wesen, spielen in einer ganz eigenen Liga.

  • "Musks Vermögen vermehrte sich um 20 Milliarden US-Dollar. " - in zwei, drei Tagen. Da frag ich mich: nur 20 Milliarden?



    Wir unterhielten uns über ein Beispiel: wenn jemand jeden Tag 10000 Dollar verdient und nichts ausgibt, braucht er immer noch ca. 5450 Jahre um auf 20 Milliarden zu kommen.



    Absolut absurd, unannehmbar und obszön.